Zürich/Frankfurt (Reuters) - Nach Medienberichten über eine drohende Schieflage von Greensill Capital kappen wichtige Partner ihre Geschäftsbeziehungen zu der Londoner Finanzgesellschaft.

Das Schweizer Fondshaus GAM kündigte am Dienstag an, den zusammen mit Greensill betriebenen GAM Greensill Supply Chain Finance Fonds abzuwickeln. Die Ereignisse bei der britisch-australischen Greensill-Gruppe rücken auch die in Bremen ansässige Greensill Bank in den Fokus, die mit vergleichsweise hohen Zinsen bei deutschen Privatkunden um Einlagen wirbt.

Greensill steuert derweil auf einen Notverkauf zu. Die Gesellschaft stehe in exklusiven Verhandlungen mit einem "globalen Finanzinstitut" mit dem Ziel, im Verlauf der Wochen zu einem Abschluss zu kommen, wie Greensill mitteilte. Die Transaktion dürfte große Teile des Geschäfts und der verwalteten Vermögen umfassen. Eine beträchtliche Anzahl von Arbeitsplätzen dürfte erhalten bleiben. Am Montag hatte die Zeitung "Wall Street Journal" berichtet, dass der Finanzinvestor Apollo Global Management in Verhandlungen mit Greensill stehe, um sein operatives Geschäft zu übernehmen.

Einem Bericht der "Financial Times" zufolge will der Mutterkonzern Greensill Capital in Australien Insolvenz anmelden. Die Zeitung berief sich auf mit der Angelegenheit vertraute Personen. Das Institut, das 2011 vom Citigroup-Banker Lex Greensill gegründet wurde, wollte sich nicht dazu äußern. Die Holding Greensill Capital Pty Limited hat ihren Sitz in Australien, das operative Geschäft ist in der britischen Greensill Capital UK gebündelt.

Die Bremer Greensill Bank, deren Verbindlichkeiten gegenüber Kunden sich laut Jahresabschluss Ende 2019 auf 3,3 Milliarden Euro beliefen, ist mit Greensill Capital eng verwoben. Das Institut ist eine Art Geld- und Garantiegeber für die Gruppe. "Die Greensill Bank AG konzentrierte sich weiterhin innerhalb des Geschäftsmodells der Greensill-Gruppe auf ihre strategiekonformen Kernfunktionen, die Refinanzierung und Übernahme des Bonitätsrisikos für einzelne Engagements der Greensill Capital (UK) Ltd", heißt es dazu im Geschäftsbericht der Bank. Die Ratingagentur Scope schrieb im vergangenen Oktober, die Greensill Bank sei komplett abhängig von Greensill Capital beim Betreiben von Geschäften und der Absicherung von Kreditrisiken.

Greensill Capital ist auf Lieferketten-Finanzierung spezialisiert. Die Gesellschaft verpackt die Forderungen in Wertpapiere und platziert diese bei Investoren. Diese Supply Chain Finance Fonds finanzieren die Forderungen von Lieferanten an Unternehmen.

Am Montag hatte bereits die Schweizer Großbank Credit Suisse den Handel mit Fonds im Gesamtvolumen von zehn Milliarden Dollar vorübergehend eingestellt, Zeichnung und Rücknahme von Anteilen der Supply Chain Finance Funds wurden ausgesetzt. Mit den Entscheidungen von Credit Suisse und GAM fallen Finanzierungsquellen für Greensill weg.

GAM machte für die Abwicklung des GAM Greensill Supply Chain Finance Fonds die jüngsten Marktentwicklungen und die daraus resultierende Medienberichterstattung verantwortlich. GAM stelle sicher, dass alle Kunden ihre gesamte Einlagen in geordneter Weise zurückerstattet erhielten, erklärten die Schweizer. Der Fonds verfüge derzeit über ein Gesamtvermögen von 842 Millionen Dollar. Es seien weniger als zehn Kunden investiert. Die Schließung des Supply Chain Finance Fonds markiere das Ende der Geschäftsbeziehung zwischen GAM und Greensill, die bis ins Jahr 2016 zurückreiche.

Die Greensill Bank entstand aus der früheren Nordfinanz Bank AG. 2014 wurde diese von Greensill Capital übernommen. Seit 2017 wächst das Institut massiv, die Bilanzsumme verzehnfachte sich bis Ende 2019 auf 3,8 Milliarden Euro. Die Greensill Bank ist Mitglied beim Einlagensicherungsfonds der privaten Banken in Deutschland. Zuletzt kam dieser beim Zusammenbruch der Maple Bank im Februar 2016 zum Tragen.