Von Aaron Back

NEW YORK (Dow Jones)--Die Hersteller von Reinigungs- und Desinfektionsmitteln sehen keine Veränderung nach Corona. Sie wollen den Anlegern weismachen, dass die Menschen nach Überwindung der Pandemie gerne weiter so intensiv wischen wollen wie in der Ausnahmezeit. Der gesunde Menschenverstand sagt etwas anderes.

Clorox und der Lysol-Hersteller Reckitt Benckiser waren beide große Nutznießer der Krise. Ihre Aktien schossen von Ende Februar 2020 bis zu ihren Höchstständen im vergangenen Sommer um 50 bzw 40 Prozent nach oben. Jetzt haben sich Zweifel eingeschlichen. Im bisherigen Jahresverlauf ist Clorox um rund 13 Prozent und Reckitt um 3 Prozent gefallen. Im Vergleich dazu ist der S&P-500-Subindex für Basiskonsumgüter im gleichen Zeitraum um etwa 4 Prozent geklettert.


   US-Behörden machen Konzernen das Leben schwer 

Beide Unternehmen argumentieren, dass sich die Gewohnheiten der Verbraucher dauerhaft verändert haben, mit einer stärkeren Betonung der Hygiene, die wahrscheinlich weiter anhalten wird. Die neuesten verfügbaren Daten stützen dies aber nur bis zu einem gewissen Grad. Nach vorläufigen Schätzungen von Numerator für die vier Wochen bis Mitte Mai sanken die Umsätze mit Allzweckreinigern und Reinigungstüchern um 30 bzw 22 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Im Vergleich zum selben Zeitraum vor der Pandemie 2019 schnellten die Umsätze dieser beiden Produktkategorien jedoch immer noch um 24 bzw 45 Prozent empor.

Auch wenn die Umsätze mit Reinigungsmitteln noch eine Weile auf hohem Niveau bleiben könnten, ist eine gewisse Skepsis angebracht. Es ist nicht nur so, dass die Zahl der Impfungen zulegt und die Zahl der neuen Covid-19-Fälle in fortgeschrittenen Märkten wie den USA und Europa zurückgeht.

Die Gesundheitsbehörden haben in den vergangenen Monaten ihre Botschaften dahingehend angepasst, dass sie betonen, Covid-19 werde hauptsächlich über die Luft übertragen. Zugleich wird die Rolle der Übertragung über kontaminierte Oberflächen heruntergespielt. Für Produkte wie Handdesinfektionsmittel, die zu Beginn der Pandemie schwer zu finden waren, gibt es jetzt ein chronisches Überangebot.


   Wenige Menschen haben Spaß am Putzen 

Es haben wohl nur sehr wenige Menschen wirklich Spaß am Putzen, während Heimköche, die während der Pandemie neue Fertigkeiten oder Gerichte erlernt haben, diese auch weiterhin gerne ausprobieren dürften. Andere, die in ein neues Ergometer oder anderes Fitnessgerät investiert haben, ziehen es vielleicht dem Sportsstudio vor, aber nicht viele werden ihrer Pandemie-Sammlung von Wischtüchern wie jenen von Clorox nachtrauern.

In einer Stellungnahme verwies ein Sprecher von Clorox auf internationale Wachstumschancen durch die Ausbreitung der Marke für Reinigungstücher in 30 neue Länder sowie auf Partnerschaften, die das Unternehmen eingeht, "um das Vertrauen in die Sicherheit öffentlicher Räume zu stärken". Erst diesen Monat gab Clorox in den USA Partnerschaften mit der National Hockey League und der Chicagoer United Center Arena bekannt.

Aber wenn sich die US-Verbraucher weniger mit Hygiene beschäftigen, gibt es keinen Grund zu erwarten, dass die Konsumenten in anderen Ländern komplett anders reagieren oder dass die Unternehmen weiterhin für Markenpartnerschaften aufkommen, nur um das Hygienetheater weiter zu spielen.


   Brita-Wasserfilter gehören zu Clorox 

Indes - beide Unternehmen sind breiter aufgestellt als nur mit Reinigungsmitteln. Zu den Marken von Clorox gehören Hidden-Valley-Salatdressing und Brita-Wasserfilter. Reckitt hat Erkältungsmedikamente wie Mucinex und sogar einige eindeutige Nutznießer der Wiedereröffnung im Portfolio wie Durex-Kondome. Dennoch sind die Geschäftsbereiche, die Reinigungsprodukte beinhalten, die größten bei Clorox und Reckitt und machten in den vergangenen Quartalen 38 bzw sogar 47 Prozent des Umsatzes aus.

Trotz ihrer jüngst schwachen Kursentwicklung liegen sowohl Clorox als auch Reckitt immer noch rund 11 Prozent über ihrem Stand von Ende Februar 2020. In ihrer Bewertung sind sie weder billig noch teuer und werden laut Factset mit dem 23- und 20-fachen der zukünftigen Gewinne gehandelt - genau im Einklang mit ihren Fünfjahresdurchschnitten.

Angesichts der unsicheren Aussichten für ihre wichtigsten Produkte könnte ein Abschlag angebracht sein.

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DJG/DJN/axw/smh

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May 31, 2021 04:43 ET (08:43 GMT)