Die Umstellung von Kohle auf Grünstrom bedeutet einen wesentlichen Schritt auf dem Weg zur klimaneutralen Stahlproduktion. Mit dem Hybrid-Konzept konzentrieren wir uns als voestalpine auf einen Maßnahmenkomplex, der bis 2030 unsere CO2-Emissionen um rund 30 % senken kann.

Im Rahmen unseres Hybrid-Konzepts werden wir an den Standorten Linz und Donawitz Elektroöfen nutzen - im Parallelbetrieb zur Hochofen-Konverter-Route. Ihr Einsatz auf der Energiebasis nachhaltig erzeugten Stroms trägt wesentlich dazu bei, zum Ende des Jahrzehnts bei der Stahlherstellung 30 Prozent weniger Kohlendioxid zu emittieren.

Die zwei Routen.

Aktuell entsteht Stahl bei voestalpine im Wesentlichen in der Hochofen-Konverter-Route: Im Hochofen wird aus Eisenerz Roheisen hergestellt, wobei Koks die chemischen Prozesse ermöglicht und die benötigte Energie bereitstellt; die Bildung von Kohlendioxid ist dabei technologisch unvermeidbar. Anschließend wird das Roheisen im LD-Konverter gefrischt, das heißt unter Auf- bzw. Einblasen von Sauerstoff werden die meisten unerwünschten Bestandteile aus ihm entfernt - man erhält Rohstahl.

Die künftig eingesetzte zweite Route baut auf das Einschmelzen von Schrott unter Einsatz von elektrischer Energie im Lichtbogenofen (Electro Arc Furnace/EAF). Die Materialbasis kann durch Roheisen und verstärkt durch Eisenschwamm ergänzt werden. Eisenschwamm ist ein Ausgangsstoff für die Stahlherstellung, der aus direkt reduziertem Eisenerz mit einem geringen Bestandteil an Begleitstoffen besteht. Er wird unter Einsatz von reformiertem Erdgas erzeugt.

Wenn wir unsere Rohstahlproduktion auf der Hochofen-Konverter-Route durch Elektroöfen ergänzen, bringen wir neben Schrott auch Eisenschwamm zum Einsatz. In der Summe muss so weniger Roheisen im Hochofen erzeugt werden; das verringert den Koksverbrauch und damit die CO2-Emission in Linz und Donawitz. Das Hybrid-Konzept erlaubt, jährlich 3 bis 4 Millionen Tonnen dieses Treibhausgases einzusparen - ein bedeutender Meilenstein auf dem Weg zur emissionsfreien Stahlerzeugung.

Eisenschwamm - Vorteil mit H.

Neben Schrott schmelzen die hocheffizienten Elektrolichtbogenöfen (Electro Arc Furnace/EAF) Eisenschwamm zu Rohstahl ein. Hinsichtlich der Emissionssenkung bietet das einen bedeutenden Vorteil. Denn bei der Eisenschwammproduktion reduziert ein Reduktionsgas aus Wasserstoff und Kohlenmonoxid, aus Erdgas reformiert, das eingesetzte Erz zu Eisen, dem sogenannten Direct Reduced Iron/DRI. Da der Wasserstoff unter Bildung von Wasser dabei Sauerstoff aus dem Erz bindet, setzt die Direktreduktion weniger CO2 frei als der Hochofenprozess, bei dem Kohlenstoff aus Koks und anderen, eingeblasenen Kohlenstoffträgern (pulverisierte Kohle, Kunststoffabfälle) diese Funktion übernimmt.

Mit unserer Direktreduktionsanlage im texanischen Corpus Christi, USA, verfügt voestalpine über eine großtechnische Basis zur Erzeugung von direktreduziertem Eisen. Es wird in seiner brikettierten Form, als Hot Briquetted Iron/HBI, anschließend in den Elektroöfen in Linz und Donawitz eingeschmolzen. Ein Plus in der Klima-Gesamtrechnung.

Den Strombedarf decken.

Das Schmelzen von Schrott und HBI im Lichtbogenofen ist ein energieintensiver Vorgang. Wenn daher der EAF in Linz seine Schlüsselposition im Hybrid-Konzept einnehmen soll, benötigt er Anschluss an ein ausreichend dimensioniertes Stromnetz. Die Grundlagen dafür müssen erst geschaffen werden:

"Wenn man energieintensive Sektoren wie die Stahlindustrie über Elektrifizierung dekarbonisiert, braucht es erneuerbare Energie mit entsprechendem Infrastrukturausbau und letztlich wirtschaftliche Preise. Wenn es bis 2026 keine 220 kV-Leitung gibt, werden wir unser Hybridprojekt in Linz und Donawitz bis 2030 nicht umsetzen können. Wir brauchen diese Versorgung. Und zwar verlässlich und stabil." Stefan Engleder, Hauptprozessleiter Strom der voestalpine Stahl GmbH

"Wenn man energieintensive Sektoren wie die Stahlindustrie über Elektrifizierung dekarbonisiert, braucht es erneuerbare Energie mit entsprechendem Infrastrukturausbau und letztlich wirtschaftliche Preise. Wenn es bis 2026 keine 220 kV-Leitung gibt, werden wir unser Hybridprojekt in Linz und Donawitz bis 2030 nicht umsetzen können. Wir brauchen diese Versorgung. Und zwar verlässlich und stabil."Stefan Engleder, Hauptprozessleiter Strom der voestalpine Stahl GmbH

Der Ausbau der Stromversorgung unserer Hochofenstandorte ist noch aus einem weiteren Grund von Bedeutung: Verhütten wir weniger Eisenerz im Hochofen, sinkt das Angebot an Gichtgasen, die wir für die unternehmenseigene Verstromung nutzen können. Und Strom wird ein wesentlicher Energielieferant für die Stahlindustrie; zum Betrieb von Elektroöfen ebenso wie für die Elektrolyse von Wasserstoff zur Erzeugung von DRI.

Herausforderung grüner Strom.

Bis 2050 die Voraussetzungen herzustellen, Stahl klimaneutral produzieren - das fordert also nicht nur die Stahlindustrie, sondern die gesamte Gesellschaft heraus. Denn die ganze Tragweite unseres Hybrid-Konzeptes wird sich erst mit dem Einsatz von regenerativ erzeugtem Strom erweisen. Grüner Stahl ist ohne grünen Strom nicht realisierbar. Der Energiebedarf der Elektroöfen wird noch weitaus übertroffen vom Strombedarf für zukünftige, wasserstoffbasierte Stahlerzeugungsrouten. Das macht das Beispiel Deutschlands, des siebtgrößten Stahlerzeugers weltweit, deutlich: Für die Umstellung seiner Stahlproduktion auf Wasserstoff würde die Erzeugerleistung von zusätzlichen 12.000 Windrädern benötigt. Ein Beispiel für eine Anforderung, die nur mithilfe eines tragfähigen politischen Gesamtkonzepts erfüllt werden kann.

Attachments

  • Original document
  • Permalink

Disclaimer

voestalpine AG published this content on 04 October 2021 and is solely responsible for the information contained therein. Distributed by Public, unedited and unaltered, on 04 October 2021 12:44:27 UTC.