Von Carol Ryan

NEW YORK (Dow Jones)--Immobilienunternehmen sind in der Regel Leidtragende der Probleme von Banken. In Europa scheinen sie angesichts der hohen Verschuldung aber besonders verwundbar zu sein. Die im MSCI-Europe-Index enthaltenen Immobilienaktien sind in diesem Monat im Durchschnitt um 17 Prozent in die Knie gegangen, noch stärker als die Bankaktien des Kontinents. Und die Panik, die mit dem jüngsten Kollaps von US-Banken und der Notübernahme von Credit Suisse aufkam, hat die Sorge, dass sich die Finanzbedingungen bei steigenden Zinsen weiter verschärfen, noch verstärkt.

Gewerbliche Vermieter sind auf guten Zugang zu Fremdkapital angewiesen, um neue Immobilien kaufen und fällige Darlehen refinanzieren zu können. Laut Green Street, einem auf Immobilien spezialisierten Research-Unternehmen, haben börsennotierte Immobiliengesellschaften in Europa ihre Gebäude stärker mit Krediten belastet als ihre US-Konkurrenten. So beträgt der durchschnittliche Beleihungsauslauf - das Verhältnis von Darlehen zum Beleihungswert der Immobilien - 44 Prozent in Europa und 34 Prozent in den USA.

Die Refinanzierung alter Kredite war bereits zuletzt schwieriger geworden. Kreditnehmer zahlten im Februar bis zu 6 Prozent Zinsen für die besten Immobilientypen, wie es im "Bayes Business School European Commercial Real Estate Lending"-Bericht heißt. Angesichts der jüngsten Liquiditätsprobleme dürften jene Banken nun vorsichtiger agieren, auf die etwa die Hälfte aller gewerblichen Immobilienkredite entfällt. Alternative Kreditgeber, etwa Immobilienkreditfonds, könnten einspringen, verlangen aber höhere Zinsen.


 Nach dem EZB-Rückzug werden Anleiheemissionen schwieriger 

Auch der Anleihemarkt trocknet aus. Nach Angaben der European Public Real Estate Association haben die führenden europäischen Immobilienunternehmen in diesem Jahr bisher nur für 322 Millionen Euro Schuldverschreibungen ausgegeben. Zum Vergleich: 2022 waren für 10,7 Milliarden Euro Anleihen emittiert worden, 2021 sogar für 20,9 Milliarden Euro. Mit der Europäischen Zentralbank (EZB) hat ein wichtiger Käufer den Markt verlassen. Ihr Programm zum Ankauf von Unternehmensanleihen wurde 2022 eingestellt. Laut Bank of America machten Immobilien Ende Oktober vergangenen Jahres 8 Prozent des Anleihebestands der EZB aus.

Ausgehend von den heutigen Anleihekursen müssten deutsche Wohnimmobilienunternehmen, die sich verschulden wollten, wohl mindestens 6 Prozent hinblättern, schätzt Immobilienanalyst Charles Boissier von UBS. Das ist ein Problem, denn nachdem sie jahrelang hohe Preise für Immobilien gezahlt haben, werfen ihre Portfolien nurmehr rund 3 Prozent Rendite ab. Wenn also jetzt Schulden refinanziert werden müssen, könnten die hohen Zinskosten den Cashflow von einigen Vermietern aufzehren und deren Dividenden für die Aktionäre gleich mit.

Der Bochumer Wohnungsvermieter Vonovia und der Pariser Einkaufszentren-Investor Unibail-Rodamco-Westfield sind besonders gefährdet. Beide Unternehmen stehen mit billigen Schulden in der Kreide, haben damit aber teure Akquisitionen finanziert, und müssen nun ihre Bilanzen sanieren.

Im Idealfall würden sie einige Immobilien verkaufen und das Geld zum Schuldenabbau verwenden. Vonovia, dessen Aktienkurs kürzlich erstmals unter den Ausgabepreis des Börsengangs von 2013 gerutscht ist, möchte Immobilien im Wert von rund 13 Milliarden Euro losschlagen. Unibail hofft, seine Westfield-Einkaufszentren in den USA verkaufen zu können, um sich auf seine Heimatregion zu konzentrieren. Derzeit kommen jedoch nur wenige Immobiliengeschäfte überhaupt zustande, da es auch für die Käufer schwierig ist, Finanzierungen zu bekommen.

Vermieter, die sich in besseren Zeiten üppig verschuldet haben, werden wahrscheinlich nicht so bald eine Chance zum Durchschnaufen haben.

Kontakt zur Autorin: unternehmen.de@dowjones.com

DJG/DJN/axw/rio

(END) Dow Jones Newswires

March 29, 2023 05:24 ET (09:24 GMT)