"enabling green mobility."

Rede von Oliver Schuster, Vorstandsvorsitzender der Vossloh AG,

anlässlich der ordentlichen Hauptversammlung für das Geschäftsjahr 2023

Düsseldorf, den 15. Mai 2024

- Es gilt das gesprochene Wort -

Liebe Aktionärinnen und Aktionäre der Vossloh AG, sehr geehrte Aktionärsvertreterinnen und -vertreter, sehr geehrte Gäste,

gemeinsam mit meinen Vorstandskollegen Jan Furnivall und Dr. Thomas Triska möchte auch ich Sie sehr herzlich zu unserer heutigen Hauptversammlung hier in Düsseldorf willkommen heißen.

Ich freue mich sehr darüber, dass Sie sich die Zeit genommen haben, heute gemeinsam mit uns einen umfassenden Blick auf Vossloh zu werfen und sich persönlich davon zu überzeugen, dass es Ihrem Unternehmen gut geht. Und ich versichere Ihnen schon jetzt, dass dem ganz zweifelsfrei so ist. Wer sich heute mit Bahninfrastruktur beschäftigt - ganz egal, wo auf der Welt - der kommt an Vossloh nicht vorbei. Vossloh steht für höchste Qualität, Vossloh steht für Innovation und Vossloh ist ein Synonym für Zuverlässigkeit. Bahninfrastruktur ist nicht nur unser Geschäft, sondern Bahninfrastruktur ist unsere DNA und unsere Leidenschaft. Die Leidenschaft von rund 4.000 Kolleginnen und Kollegen, die tagtäglich mit Hingabe und Fleiß alles geben, um Wert zu schaffen für unsere Kunden. Und Wert zu schaffen für Sie, die Sie heute hierhergekommen sind in diesen ehemaligen Lokschuppen aus dem Jahr 1931. An diesen Ort, der Bahngeschichte förmlich atmet und der daher würdig ist, von hier aus einen Blick zurückzuwerfen auf die Anfänge Ihres Unternehmens. Und darauf, wie schon damals Fleiß und Leidenschaft den entscheidenden Unterschied gemacht haben.

Versetzen Sie sich für einen Moment zurück ins Jahr 1848. In Frankreich zwingen die Bürger von Paris den König - Louis Philippe - abzudanken. Am gleichen Tag wird die Republik ausgerufen. Fast zeitgleich erscheint das "Kommunistische Manifest", das Marx und Engels im belgischen Exil verfasst hatten. Cholera, Rinderpest, Überschwemmungen und Missernten sorgen für ein explosives Klima in weiten Teilen Europas. Wir stehen am Beginn des Industriezeitalters. Bauern fordern ihr eigenes Land besitzen zu dürfen, Bürger streben nach politischer Mitbestimmung und persönlicher Freiheit. Mitten hinein in diese Zeit des Umbruchs wird am 29. November 1848 im westfälischen Werdohl Eduard Vossloh geboren.

Einige Jahre zuvor, im September 1825 war in England mit der "Stockton and Darlington Railway", die erste öffentliche Eisenbahnlinie der Welt in Betrieb gegangen. Stephensons "Locomotion No. 1" zog problemlos 36 Wagen, davon sechs mit mutigen Passagieren, über die 26 Meilen lange Strecke. Nach diesem Erfolg war der Durchbruch der Dampfrösser nicht mehr aufzuhalten. Zehn Jahre später eröffnet der "Adler" auch in Deutschland das Eisenbahn- Zeitalter - mit einer Lokomotive aus der Fabrik von George Stephenson.

Eduard ist eines von vier Kindern, die Familie ist bitterarm, der Vater lässt die Familie im Stich, um in Amerika sein Glück zu finden. Einige Jahre später heiratet die Mutter dessen Bruder, der eine kleine Schmiede in Werdohl betreibt. Täglich vor und nach der Schule muss der kleine Eduard in der Schmiede des Stiefvaters hart arbeiten. Lesen, Schreiben und Rechnen bringt er sich Jahre später im Wesentlichen selbst bei. Der Stiefvater verstirbt bereits drei Jahre nach der Heirat, die Mutter ist wieder auf sich alleine gestellt. Am 19. Juli 1870 erklärt Frankreich Preußen den Krieg, Eduard wird eingezogen und im Kampf schwer verletzt. Von seinen umfangreichen Verletzungen wird er sich nie wieder ganz erholen. Nach dem Ende des Krieges reicht die schmale Kriegspension hinten und vorne nicht, um die Familie zu ernähren. Dieser Not folgend, steht der schwerkranke Eduard ab 1872 wieder in der Schmiede. Während der kommenden Jahre wird er von den Ärzten immer wieder totgesagt und arbeitet dennoch immer weiter. Getrieben auch von der Verantwortung für seine inzwischen 5 eigenen Kinder.

Im Jahr 1880 ist das Streckennetz der deutschen Eisenbahn auf beachtliche knapp 34.000 Kilometer gewachsen und Eduard erkennt genau hier seine einzigartige Chance. Obwohl er weder über die technischen noch über die finanziellen Voraussetzungen verfügt, macht er der Königlich Preußischen Eisenbahn 1883 das kühne Angebot Federringe herzustellen und zu liefern, die zur Sicherung von Schwellenschrauben erforderlich waren. Wie durch ein Wunder erhält er den Zuschlag, leiht sich Material und findet Arbeiter, die bereit sind, auf ihre Bezahlung bis zur Abwicklung des Auftrags zu warten. Letztendlich geht alles gut und neue Aufträge folgen, die Keimzelle des heutigen Vossloh Konzerns, das Geschäft mit Schienenbefestigungen, ist entstanden. Am 11. Juli 1888 wird die Firma Eduard Vossloh ins Firmenregister eingetragen.

Sehr geschätzte Aktionärinnen und Aktionäre, warum erzähle ich Ihnen all das hier und heute? Ich tue das aus der tiefen Überzeugung, dass Zukunft Herkunft braucht. Vossloh ist hervorgegangen aus dem Fleiß und der fast übermenschlichen Kraft und Disziplin eines einzigen Mannes. Eduard Vossloh hat ein Unternehmen aufgebaut, das Dutzenden von schweren Krisen getrotzt und das zwei Weltkriege überdauert hat - um schließlich zu einem Weltmarktführer im Bereich der Bahninfrastruktur zu werden. Und er hat seinen Kindern und uns allen etwas hinterlassen, das bis heute im Unternehmen nachwirkt. Nämlich den Willen und die Fähigkeit, an widrigen Rahmenbedingen nicht zu zerbrechen, sondern ganz im Gegenteil daran zu wachsen. Auch in schwierigen Zeiten das Ziel nicht aus den Augen zu verlieren und mit Bescheidenheit und Kraft das zu tun, was getan werden muss. Unter anderem genau diese Widerstandskraft ist es, die Vossloh bis heute auszeichnet. Und aus exakt diesem Grund war auch 2023 für uns ein weiteres überaus erfolgreiches Jahr.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, machen wir also an dieser Stelle einen Zeitsprung in die jüngere Vergangenheit und lassen gemeinsam das zurückliegende Geschäftsjahr noch einmal Revue passieren.

An widrigen Rahmenbedingungen hat es auch im Jahr 2023 ganz sicher nicht gefehlt. Man könnte den Eindruck gewinnen, die Welt sei in vielerlei Hinsicht aus den Fugen geraten. Kriege toben und hinterlassen tiefe Spuren - besonders präsent für uns die Brandherde in der Ukraine und im Nahen Osten. Vielerorts schwelen politische Auseinandersetzungen - in Syrien, Taiwan, Nordkorea und vielen Ländern Afrikas. Dazu Naturkatastrophen wie Erdbeben, Waldbrände oder Überflutungen, die im vergangenen Jahr scheinbar noch verheerender als früher wüteten und unvorstellbares Leid über die Bewohner der betroffenen Regionen brachten. Menschen flüchten vor Verfolgung, weil ihre Abstammung, ihre religiösen Überzeugungen oder ihre politischen Vorstellungen nicht mit denen der Regierung ihres Landes konform gehen. Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks zufolge, waren im Jahr 2023 etwa 110 Mio. Menschen auf der Flucht. Auf der Suche nach vermeintlich einfachen Antworten und Lösungen von komplexen Fragestellungen gewinnen in vielen Ländern Europas politische Parteien des extrem rechten Spektrums Wahlen und bedenklich an Zulauf. Sie werden zur Bedrohung unserer demokratischen Ordnung. Gleichzeitig lahmt die Konjunktur. Für 2024 prognostizierten die Analysten des Internationalen Währungsfonds (IWF) aktuell lediglich ein weltweites Wachstum der Wirtschaftsleistung von 3,2%. In den vergangenen Jahren lag der Durchschnittswert noch bei 3,8%. Für Deutschland haben die Konjunkturforscher des IWF ihre Wachstumsprognose für das Jahr 2024 gerade von bisher 0,5% auf jetzt nur noch 0,2% abgesenkt. Damit bildet die Bundesrepublik das Schlusslicht unter den führenden westlichen G7-Industriestaaten. Die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) schließlich sagt Deutschland die größte Wirtschaftskrise der letzten 20 Jahre voraus. Passenderweise hat die Gesellschaft für deutsche Sprache den Ausdruck "Krisenmodus" zum Wort des Jahres 2023 gekürt. Entscheidend für die Wahl zum Wort des Jahres ist nach eigenen Angaben der GfdS übrigens nicht die Häufigkeit, mit der ein bestimmter Begriff in der öffentlichen Diskussion verwendet wird, sondern seine Signifikanz und Popularität. Ein Schelm, der dabei an die Manifestation deutschen Negativismus' denken mag.

Als einerseits deutsches Unternehmen, das infolge seiner hochgradig internationalen Aufstellung aber gleichzeitig auch bei allem, was in der Welt so vor sich geht, mittendrin statt nur dabei ist, hätten wir also rein theoretisch sowohl die - im übertragenen Sinn - genetische

Veranlagung als auch reichlich Argumente, schlechte Zahlen gut zu erklären. Nur mangelt es uns seit geraumer Zeit an schlechten Zahlen.

Natürlich sind angesichts einer gefühlt stetig steigenden Komplexität und sich schnell verändernder Rahmenbedingungen Anpassungsfähigkeit und Flexibilität wichtige Erfolgsfaktoren. Noch viel entscheidender ist es allerdings, sein Geschäftsmodell so zu gestalten, dass es bereits per se so robust und krisenfest wie irgend möglich ist. In unserem Fall hat diese Resilienz eine ganze Reihe von Facetten, die ich nur ganz kurz anreißen möchte. Zum einen sind da die Megatrends, die unser Geschäft absehbar über Jahrzehnte hinweg tragen werden. Globalisierung, Urbanisierung, Digitalisierung und Nachhaltigkeit. Insbesondere das Thema Nachhaltigkeit und die damit verbundene, unverzichtbare Verlagerung von Verkehr auf die Schiene sind in ihrer Bedeutung für unser Geschäft nicht zu überschätzen. Sie alle wissen das. Zum anderen sorgt unsere Kundenstruktur mit einem hohen Anteil öffentlicher Kunden für eine gewisse Unabhängigkeit zumindest von kurzfristigen konjunkturellen Schwankungen. Gleichzeitig hat das Beispiel der Covid-19 Pandemie gezeigt, dass Regierungen Bahninfrastruktur in vielen Fällen als kritisch und damit besonders relevant einstufen. Gerade in Krisenzeiten zweifellos ein weiterer Stabilitätsfaktor. Und nicht zu vergessen, unsere weltweit diversifizierte Aufstellung in Produktion und Vertrieb, die zwar einerseits die Wahrscheinlichkeit, von regionalen Krisen betroffen zu sein, erhöht. Uns aber gleichzeitig - und das ist noch sehr viel wichtiger - Stabilität verschafft. Bedenken Sie darüber hinaus auch unser einzigartig breites Produkt- und Service-Angebot rund um den Fahrweg Schiene, das es uns erlaubt, das zentrale Kundenbedürfnis der Fahrwegverfügbarkeit ganzheitlich zu adressieren. Und last but not least verfügen wir über die Erfahrung und kritische Masse, um Innovationen im Allgemeinen und digital basierte Geschäftsmodelle im Besonderen aktiv voranzutreiben. Liebe Aktionärinnen und Aktionäre, Sie ahnen oder befürchten möglicherweise auch, dass sich diese Aufzählung noch lange fortsetzen ließe. Stattdessen möchte ich aber lieber den Beweis antreten, dass wir auch im gesamtwirtschaftlich herausfordernden Geschäftsjahr 2023 wieder hervorragende Ergebnisse erreicht haben. Ganz im Geiste des Firmengründers - mit viel Kraft und Leidenschaft.

Im abgelaufenen Geschäftsjahr konnten wir zum dritten Mal in Folge einen deutlichen Umsatzanstieg verzeichnen und das bisherige Rekordniveau aus dem Jahr 2022 um 16,1 % übertreffen. Die erreichten 1,21 Mrd. Euro markieren den höchsten Wert, den wir an Umsatzerlösen während unserer langen Unternehmenshistorie im Bahninfrastrukturgeschäft jemals erwirtschaftet haben. Über die letzten drei Geschäftsjahre ist Vossloh damit insgesamt um rund 40 % gewachsen. Zudem konnten wir unser EBIT, also das Ergebnis vor Zinsen und Steuern, im Vorjahresvergleich gar um 26,2 % auf beachtliche 98,5 Mio. Euro steigern.

Auch unser Auftragseingang lag 2023 erneut auf Rekordniveau und lag mit 1,22 Mrd. Euro knapp über den Umsatzerlösen. Der erfolgreiche Abschluss bedeutender, langfristiger Rahmenverträge, die erst im Zeitablauf ratierlich als Auftragseingang verbucht werden, unterstreicht zusätzlich unseren Vertriebserfolg und spiegelt das tiefe Vertrauen, das unsere Kunden in uns haben. So werden wir künftig beispielsweise die dänische Betreibergesellschaft Banedanmark exklusiv mit Komplettweichen und Weichenkomponenten beliefern.

Besonders hervorheben möchte ich zwei Aufträge von der Deutschen Bahn, von denen unsere Geschäftsbereiche Customized Modules und Lifecycle Solutions profitieren. Über einen Zeitraum von vier Jahren werden wir der Deutschen Bahn mindestens 600 Komplettweichen sowie ein großes Kontingent an Weichenkomponenten liefern. Zudem hat die DB Netz AG ihren bestehenden Vertrag über präventive Schieneninstandhaltung mithilfe unserer HSG-Technologie einschließlich digitaler Zustandserfassung verlängert und hinsichtlich des Umfangs sogar erweitert. Hierbei werden während der Überfahrt wichtige Daten zum Zustand der Schiene erhoben und ausgewertet. Unser Geschäft in Deutschland hat sich im Jahr 2023 äußerst erfolgreich entwickelt und verzeichnete ein signifikantes Umsatzwachstum von 40 %. Die beiden genannten Aufträge werden uns dabei helfen, an diesen großartigen Erfolg in Deutschland auch in den kommenden Jahren anzuknüpfen.

Als Letztes möchte ich Ihre geschätzte Aufmerksamkeit gerne auf unseren Free Cashflow lenken. Hier ist es uns gelungen, den Vorjahreswert von 27,9 Mio. Euro deutlich zu übertreffen und im abgelaufenen Geschäftsjahr einen Wert von 70,9 Mio. Euro zu erreichen. Dies unterstreicht sehr anschaulich, wie marktseitige Entwicklungen, wichtige Vertriebserfolge, Kostendisziplin und sorgfältiges Working Capital Management ineinandergreifen und zu einem großartigen finanziellen Ergebnis führen.

Insgesamt war die Unternehmensentwicklung im Jahr 2023 positiver als wir es ursprünglich erwartet hatten. So mussten wir im Juni und im Oktober jeweils unsere Prognose anheben. Die letztendlich erzielten Ergebnisse bei Umsatz und EBIT liegen dennoch am oberen Rand der Korridore, die wir zuletzt in Aussicht gestellt hatten.

Mein Vorstandskollege, Herr Dr. Triska, wird Ihnen gleich das umfassende Zahlenwerk erläutern und einordnen und kann erfreulicherweise auch berichten, dass wir im ersten Quartal 2024 mit einer ebenfalls hervorragenden Leistung nahtlos an die Erfolge aus 2023 anknüpfen konnten. Um den Kreis zu schließen, wird Ihnen Dr. Triska dann auch unsere Erwartungen an den weiteren Verlauf des Geschäftsjahres 2024 vorstellen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, lassen Sie uns nun gemeinsam den Blick weiten und gestatten Sie mir, Ihnen einige Informationen zu unserem Marktumfeld und wichtigen Trends in unserer Industrie zu geben. Experten vom Weltverkehrsforum ITF prognostizieren im Transport Outlook 2023, dass bis zum Jahr 2050 der weltweite Personenverkehr auf etwa 110 Billionen Personenkilometer und der Güterverkehr auf erstaunliche 332 Billionen Tonnenkilometer ansteigen wird. Diese Zahlen bedeuten eine nahezu Verdoppelung im Vergleich zu heute. Gleichzeitig ist der Transportsektor für etwa 23 % der weltweiten

energiebedingten CO2-Emissionen verantwortlich und bietet damit einen wichtigen

Ansatzpunkt für Klimaschutzmaßnahmen.

Die unverzichtbare Dekarbonisierung des Transportsektors ist einerseits eine enorme Herausforderung, da sie ein grundsätzliches Umdenken voraussetzt. Sie bietet aber auch die einzigartige Gelegenheit, Verkehrssysteme grundlegend neu zu gestalten und die generellen Vorteile von sauberer Luft, reduzierter Abhängigkeit von Öl, effizienterer Flächennutzung und lebenswerteren Städten neu zu bewerten. Dabei spielen umweltfreundlichere Verkehrsträger naturgemäß eine zentrale Rolle. Und sobald es um den sicheren und nachhaltigen Transport großer Mengen von Gütern und einer großen Anzahl von Menschen geht, ist die Eisenbahn bekanntermaßen alternativlos.

Ich hatte Ihnen bereits im Rahmen der letztjährigen Hauptversammlung einen umfassenden Überblick gegeben über die milliardenschweren Investitionsprogramme, die in der jüngeren Vergangenheit weltweit zum Ausbau des Schienenverkehrs aufgelegt wurden. Dieser Trend ist unverändert intakt und wir sehen bereits erste positive Effekte auch in unseren Umsatzerlösen. So geht etwa die zuvor erwähnte deutliche Umsatzsteigerung in Deutschland ganz maßgeblich auf eine höhere Nachfrage der Deutschen Bahn zurück. Nach Jahren der Unterinvestition wurden hier die Zeichen der Zeit erkannt und es wird konsequent und zielgerichtet gehandelt. Die Politik stellt die nötigen Mittel zur Verfügung und künftig sollen sogar Einnahmen aus der Lkw-Maut in den Ausbau des Schienennetzes investiert werden.

Finanzielle Mittel für die Erneuerung bestehender Schienennetze oder gar für den Neubau von Strecken alleine werden allerdings nicht ausreichen, um den ohnehin steigenden Transportbedarf und zusätzlich die Verlagerung von Verkehr hin zur Schiene kurz- und mittelfristig zu bewerkstelligen. Begrenzte Planungs- und Baukapazitäten, langwierige Genehmigungsverfahren und typischerweise lange Bauphasen stehen dem entgegen. Daher liegt das Hauptaugenmerk von Netzbetreibern unverändert vor allem auch darauf, die Verfügbarkeit bestehender Schienennetze zu erhöhen. Dafür müssen unter anderem

Instandhaltungsmaßnahmen möglichst effizient geplant und umgesetzt werden. Denn mit höherer Beanspruchung der Infrastruktur steigen gleichzeitig der Verschleiß und damit auch der Instandhaltungsbedarf. Gleichzeitig werden mit der höheren Auslastung der Schiene die Zeitfenster immer kleiner, die für Instandhaltungsmaßnahmen zur Verfügung stehen. Diejenigen unter Ihnen, die uns schon länger begleiten, sind mit diesen Zusammenhängen gut vertraut.

Mit unserem umfassenden Produkt- und Serviceportfolio sind wir bestens positioniert, um von diesen Entwicklungen deutlich zu profitieren. Mit der Verknüpfung von Produkten zum System sowie der digitalen Verbindung von System und Service zur Lösung adressieren wir punktgenau die Bedürfnisse unserer Kunden. Vor diesem Hintergrund investieren wir unter anderem zunehmend in unsere digitale Expertise. Aktuell beschäftigen wir konzernweit bereits rund 150 Digitalexperten, wie beispielsweise Datenanalysten, Softwareentwickler, IT- Sicherheitsspezialisten und Experten für künstliche Intelligenz. Dieses hochspezialisierte Team arbeitet an der permanenten Weiterentwicklung unserer digitalbasierten Lösungen, um aus der kontinuierlichen sensorischen Zustandserfassung und der Analyse des Verhaltens des Systems Fahrweg wertvolle Erkenntnisse für die Produktentwicklung sowie für die Instandhaltung des Fahrwegs Schiene abzuleiten. Wir sind also längst nicht mehr nur ein Lieferant hochwertiger Produkte und Dienstleistungen, sondern als Systemhaus für den Fahrweg Schiene ein ganzheitlicher Problemlöser für unsere Kunden. Und schaffen damit die

Voraussetzungen für zukunftsgerichtete Geschäftsmodelle mit enormem Differenzierungspotenzial zum Wettbewerb.

Exakt vor diesem Hintergrund haben wir im September 2023 die innovative kamerabasierte Monitoring-Technologie der in Bonn ansässigen RailWatch GmbH erworben und durch die Übernahme des hoch motivierten Teams unsere Kompetenzen in den Bereichen Sensorik, Computer Vision und Cloud Computing deutlich ausgebaut. Mit Hilfe der RailWatch-Lösung können unter Einsatz künstlicher Intelligenz vorbeifahrende Wagen, Lokomotiven und Triebzüge identifiziert werden; vor allem aber lässt sich der Zustand von Rädern und Bremsen bis hin zur Achslastverteilung präzise ermitteln. Unnötig zu erwähnen, dass der Infrastrukturzustand ganz maßgeblich von den darüber fahrenden Zügen beeinflusst wird. Die Analyse des Rad-Schiene-Kontakts ist für uns daher von herausragender Bedeutung. Mit RailWatch erweitern wir unseren Fokus auf Aspekte oberhalb des Fahrwegs - der nächste logische Schritt zum Ausbau des ganzheitlichen systemischen Fahrwegverständnisses.

Kurz darauf haben wir eine strategische Partnerschaft mit dem schwedischen Unternehmen Predge begründet. Die Digitalisierungsexperten dort haben sich auf Datenanalyse und künstliche Intelligenz spezialisiert. Gemeinsam arbeiten wir an Modellen, um bevorstehende Ausfälle oder Fehlfunktionen von Weichenantrieben zuverlässig zu prognostizieren. Hierdurch ergänzen wir unser bestehendes Fachwissen bei der Konstruktion und dem Bau von Weichen sowie beim Monitoring des Zustands von Weichenantrieben um den entscheidenden Blick nach vorne.

Im Oktober 2023 haben wir nach Abschluss einer jahrelangen Entwicklungsphase unsere cloudbasierte Digital-PlattformVossloh connect erfolgreich an den Markt gebracht. Als "One- Stop-Shop-Plattform" für Kunden aus der gesamten Bahnindustrie bietet Vossloh connect eine Reihe modernster Lösungen, die das Management und die Instandhaltung der Schieneninfrastruktur optimieren und damit zu höherer Sicherheit, niedrigeren Lebenszykluskosten und einer verbesserten Gesamtleistung beitragen. Alle digitalen Lösungen sind in ein benutzerfreundliches System integriert. Die Plattform ermöglicht einen komfortablen, ganzheitlichen Überblick über die Schieneninfrastruktur und den Betrieb. Darüber hinaus umfasst die Plattform fortschrittliche Analyse- und Warnsysteme, die das Risiko von Unfällen, Störungen und kostspieligen Notreparaturen verringern. Der Kunde erhält in Echtzeit Handlungsempfehlungen für seine Strecken.

Mit unserer selbst entwickelten Lösung SMV, die ebenfalls auf Vossloh connect angeboten wird, können beispielsweise mithilfe von laserbestückten Sensoren Verschiebungen oder Vibrationen während der Zugüberfahrt im Weichenbereich präzise gemessen werden. Diese Daten ermöglichen die Ermittlung eines potenziellen Stopfbedarfs des Schotterbetts unter dem Gleis sowie die Bewertung der Effektivität von Wartungsmaßnahmen. Wir freuen uns schon sehr darauf, unsere vielfältigen Neuentwicklungen, Produktinnovationen und erweiterten Serviceleistungen auf der Ende September 2024 stattfindenden Branchenmesse InnoTrans in Berlin vorzustellen.

Meine Damen und Herren, Sie sehen also, dass wir bei Vossloh die Transformation der Bahnindustrie nicht nur mitgestalten, sondern aktiv vorantreiben. Unser Markt ist in Bewegung geraten und das eröffnet uns als einem der Marktführer ungeahnte Möglichkeiten. Steigender Innovationsdruck, die wachsende Bedeutung der Digitalisierung, die Verschiebung weg von einem Komponenten- hin zu einem System- oder Lösungsgeschäft und nicht zuletzt die enorm steigenden Anforderungen in Sachen Nachhaltigkeit werden zwangsläufig zu einer Bereinigung unseres Wettbewerbsumfeldes führen. Und wir bei Vossloh haben den Anspruch

und die Voraussetzungen, von dieser Entwicklung zu profitieren. Und zwar sowohl in Bezug auf unser Geschäftsvolumen als auch mit Blick auf unsere Profitabilität.

Flankierend werden wir in den kommenden Jahren verstärkt in den Ausbau unserer Produktionskapazitäten investieren. Wir werden uns auf die absehbar steigende Nachfrage und die wachsenden Anforderungen unserer Kunden vorbereiten. Beispielsweise investieren wir derzeit in nennenswertem Umfang in neue Weichenproduktionen in Australien und Schweden. Gleichzeitig sind wir weit fortgeschritten beim Aufbau der ersten Serienfertigung unserer hoch innovativen Verbundstoffschwelle EPS in Polen. Es handelt sich hierbei um eine nachhaltige Alternative zur konventionellen Holzschwelle, die oft in krebserregendem Teeröl haltbar gemacht werden muss. Unsere neue Verbundstoffschwelle besteht zu gut zwei Drittel aus Sand und zu einem Drittel aus Sekundärrohstoffen, hat eine doppelt so lange Lebensdauer wie eine konventionelle Holzschwelle und ist danach zu 100 % recycelbar. Ein, wie ich finde, eindrucksvolles Beispiel dafür, wie wir unser Fachwissen und unsere Erfahrung nutzen können, um grüne Mobilität auch auf Produktebene voranzubringen.

Die treibende Kraft hinter unseren Innovationen und der vermutlich bedeutendste Erfolgsfaktor sind unverändert unsere Mitarbeitenden, die hinter unserem Geschäftsmodell stehen und es mit Leben füllen. Ihrem tagtäglichen und unermüdlichen Einsatz ist es letztlich zu verdanken, dass ich Ihnen heute von einer derart positiven Weiterentwicklung unseres Unternehmens berichten kann. So wie Eduard Vossloh vor 140 Jahren nur erfolgreich sein konnte, weil seine Mitarbeiter ihm vertrauten, an seine Vision glaubten und wie ein Mann hinter ihm standen, so sind unsere heutigen Mitarbeitenden das Rückgrat unseres Erfolges.

Und dafür möchte ich mich auch im Namen meiner Vorstandskollegen an dieser Stelle noch einmal ausdrücklich bedanken. Dieser Dank schließt auch die wertvollen Impulse unserer Mitarbeitenden ein, mit deren Unterstützung wir immer besser und effizienter werden. Ich denke dabei an unser Ideenprogramm 'Fit 4 Future', das wir bereits im Jahr 2021 gestartet haben. Die Begeisterung dafür ist ungebrochen: Allein im Jahr 2023 haben uns über 900 Vorschläge erreicht, wie wir unsere Produkte, Prozesse und Kosten optimieren können. Insgesamt haben wir im Berichtszeitraum 2023 mehr als 400 Ideen umgesetzt.

Gemeinsam mit Leidenschaft an einem Strang zu ziehen und sich gegenseitig mit individuellen Fähigkeiten dabei zu unterstützen, das nächste Ziel zu erreichen. Das macht den Teamgeist aus, der bei Vossloh herrscht und den unsere Mitarbeitenden so schätzen. In einer kürzlich durchgeführten Umfrage gaben 84 % von ihnen an, sich mit Vossloh als Arbeitgeber zu identifizieren - ein überaus beachtlicher Wert.

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Vossloh AG published this content on 15 May 2024 and is solely responsible for the information contained therein. Distributed by Public, unedited and unaltered, on 16 May 2024 07:17:02 UTC.