Der deutsche Leitindex Dax sprang am Freitagvormittag um 0,4 Prozent auf ein Allzeithoch von 16.361,89 Punkten und übertrumpfte damit seine erst am Mittwoch markierte Bestmarke. Auf Wochensicht steuerte der Dax auf einen Gewinn von rund zweieinhalb Prozent zu. "Wenn es weder die US-Notenbank Fed noch die Europäische Zentralbank mit der Aussicht auf weitere Zinserhöhungen schaffen, dem Aktienmarkt einen Dämpfer zu verpassen, stellt sich schon die Frage, was die aktuelle Rally denn dann stoppen kann", sagte Stratege Jürgen Molnar vom Broker RoboMarkets.

Auch an den übrigen europäischen Börsen blieb die Stimmung optimistisch: der EuroStoxx50 lag 0,4 Prozent höher bei 4381 Punkten. "Die Investoren sehen zwar das Risiko, dass die Geldpolitik den Bogen überspannen könnte, finden aber dafür in den aktuellen Konjunkturdaten noch keine Anzeichen", sagte Konstantin Oldenburger, Marktanalyst beim Broker CMC Markets.

Für stärkere Bewegungen könnte vor allem der große Verfall an den Terminmärkten sorgen: im Tagesverlauf verfallen Futures und Optionen auf Indizes sowie Optionen auf einzelne Aktien. Zu diesem Termin schwanken die Aktienkurse üblicherweise stark, weil Investoren die Preise derjenigen Wertpapiere, auf die sie Derivate halten, in eine für sie günstige Richtung bewegen wollen.

ZINSAUSSICHTEN BEFLÜGELN EURO - YEN SCHWÄCHER

Beflügelt von der Aussicht auf weiter steigende Zinsen in der Euro-Zone stieg der Euro um 0,2 Prozent auf ein Fünf-Wochen-Hoch von 1,0962 Dollar. An den Anleihemärkten kletterten die Renditen. Die Verzinsung der zweijährigen Bundesanleihe, die besonders stark von den momentanen Zinserwartungen abhängig ist, zog um zwei Basispunkte auf 3,19 Prozent an. Laut EZB-Präsidentin Christine Lagarde ist eine weitere Zinserhöhung im Juli sehr wahrscheinlich. Bundesbank-Präsident Joachim Nagel sagte am Freitag, dass die EZB im Kampf gegen die Inflation womöglich auch nach der Sommerpause die Zinsen weiter anheben müsse.

Die US-Notenbank hatte hingegen eine Zinspause eingelegt, jedoch weitere Erhöhungen in Aussicht gestellt. Im Gegensatz dazu behielt die Bank of Japan ihre ultralockere Geldpolitik am Freitag bei. Der japanische Yen sackte daraufhin zeitweise zum Euro auf ein neues 15-Jahres-Tief.

AUFTRAGSFLUT TREIBT RHEINMETALL - LENZING BRECHEN EIN

Angelockt von der Aussicht auf lukrative Aufträge legten sich die Anleger Aktien von Rheinmetall ins Depot. Die Papiere kletterten um bis zu 3,8 Prozent auf 257,20 Euro und standen damit so hoch wie seit dreieinhalb Wochen nicht mehr. Rheinmetall-Chef Armin Papperger sagte im Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters, dass in den kommenden sechs Wochen mit der Bundesrepublik ein Rahmenvertrag im Volumen von "einigen Milliarden Euro" abgeschlossen werde. Papiere der Biotech-Firma Morphosys sprangen nach einer Hochstufung durch JP Morgan um mehr als zehn Prozent an.

In London fielen die Aktien von Travis Perkins um 7,4 Prozent auf ein Sieben-Monats-Tief. Der Baumarkt-Betreiber rechnet durch die Herausforderungen auf dem britischen Immobilienmarkt mit Ergebnisbelastungen. Eine Kapitalerhöhung drückte die Aktien von Lenzing an der Wiener Börse um mehr als zehn Prozent nach unten. Zur Stärkung der Bilanz sammelt der Faserhersteller 400 Millionen Euro bei Investoren ein.

(Bericht von Anika Ross, redigiert von Ralf Banser. Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)