PARIS/LONDON (awp international) - Europas Börsen haben am Donnerstag leichte Verluste verzeichnet. Angesichts der zahlreichen Risiken verlor der EuroStoxx 50 am späten Vormittag 0,53 Prozent auf 3849,27 Punkte.

Der französische Cac 40 gab um 0,38 Prozent auf 6556,61 Punkte nach, während der britische FTSE 100 dank der Stärke des Öl- und Rohstoffsektors bei 7463,09 Punkten verharrte.

An den Märkten dominierte Zurückhaltung. "Der Inflationsdruck bleibt hoch. Gleichzeitig steigen die Risiken, dass wir Mitte nächsten Jahres eine Rezession erleben werden", warnte Fondsmanager David Ross von der Gesellschaft LFDE. "Nach einem Jahrzehnt ?big bull market? müssen Investoren nun wieder vorsichtiger sein."

Von den konjunkturellen Gefahren zeugten die Einkaufsmanagerindizes für Frankreich und Deutschland. "Die Stimmung im Verarbeitenden Gewerbe hat sich abgekühlt, wofür Unsicherheiten im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg und den Sanktionen gegen Russland sowie die deutlich gestiegenen Energiekosten verantwortlich sind", kommentierten die Volkswirte der Heleba. "Zwar profitieren konsumnahe Dienstleistungen aufgrund des Wegfalls von Corona-Beschränkungen, dennoch haben sich die Wachstumsperspektiven insgesamt eingetrübt, wenngleich die Indizes noch komfortabel im Expansionsbereich liegen und auch nicht enttäuscht haben."

Zudem trübte sich die Stimmung in der französischen Wirtschaft deutlich ein. Das Geschäftsklima fiel im März um sechs Punkte auf 107 Zähler. Analysten hatten im Schnitt mit 110 Punkten gerechnet. Im verarbeitenden Gewerbe, im Dienstleistungssektor und im Einzelhandel verschlechterte sich die Stimmung jeweils merklich.

An der Spitze der Einzelsektoren standen erneut die Ölwerte. "Die Ankündigung der Regierung in Moskau, dass 'unfreundliche Staaten' Erdgas nur noch gegen Bezahlung in russischer Währung, hat die Energiepreis wieder gen Norden geschickt", merkte Marktanalyst Christian Henke vom Broker IG Markets zu dem jüngsten Ölpreisanstieg an.

Doch damit nicht genug. "Es drohen weitere Lieferausfälle, die das ohnehin schon angespannte Ölangebot in Europa nochmals verknappen dürften", ergänzte Rohstoffanalyst Carsten Fritsch von der Commerzbank. "Nach einem schweren Sturm wurde ein wichtiges Exportterminal nahe des russischen Schwarzmeerhafens Noworossijsk beschädigt. Laut dem russischen Vizeenergieminister könnten die Ölexporte deswegen um bis zu eine Millionen Barrel pro Tag fallen."

In dem unsicheren Umfeld verzeichneten auch defensive Sektoren wie Telekommunikation und Nahrungsmittel leichte Gewinne. Unter den Versorgern zogen Enel um 0,8 Prozent an. Das Analysehaus Jefferies hatte den Wert von "Hold" auf "Buy" gestuft. Nach dem zuletzt starken Kursrückgang der Aktie seien die Chancen höher als die Risiken, hiess es.

Banken schnitten weniger gut ab. Hier gaben Credit Suisse um 1,6 Prozent nach. Rückstellungen wegen Geschäften auf den Bermudas belasteten. Der Einzelhandelssektor litt unter dem gesenkten Ausblick der britischen Next. Der Titel fiel um drei Prozent. Eine dornige Angelegenheit waren auch die Zahlen von Zur Rose . Der Online-Medikamentenanbieter enttäuschte, worauf die Aktie um knapp zehn Prozent einbrach. Der operative Verlust und der Nettoverlust seien höher ausgefallen als erwartet, schrieb Analyst Volker Bosse von der Baader Bank. Den Übergang zur Profitabilität beim operativen Ergebnis (Ebitda) prognostiziere Zur Rose nun für 2024 - ein Jahr später als bislang angenommen./mf/eas