BERLIN (dpa-AFX) - Unmittelbar vor den Beratungen über Lockerungen der corona-bedingten Beschränkungen hat die Bundesregierung zu größter Vorsicht gemahnt. Bürger und Staat hätten im Kampf gegen das Virus etwas erreicht, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Mittwoch in Berlin. Um dies nicht zu gefährden, müsse man jetzt "jeden Übermut, jede Nachlässigkeit vermeiden". Kanzlerin Angela Merkel und die Ministerpräsidenten der Länder wollen am Nachmittag über eine schrittweise Rückkehr zur Normalität in der Corona-Krise beraten.

MÖGLICHERWEISE VERLÄNGERUNG DER KONTAKTBESCHRÄNKUNGEN BIS 3. MAI

Im Kampf gegen das Coronavirus will der Bund den Ländern vorschlagen, die Kontaktbeschränkungen für die Bürger noch mindestens bis zum 3. Mai aufrecht zu erhalten. Das erfuhr die Deutsche Presse-Agentur am Mittwoch nach einer Schaltkonferenz von Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) mit den Staatskanzleichefs der Länder am Vortag. Demnach liegt auch der Vorschlag auf dem Tisch, die Schulen in Deutschland erst ab dem 4. Mai schrittweise zu öffnen.

Kanzlerin Angela Merkel und die Ministerpräsidenten der Länder wollen am Nachmittag darüber beraten, wie die in der Corona-Krise erlassenen Beschränkungen wieder gelockert werden können. Regierungssprecher Steffen Seibert sagte unmittelbar zuvor, der zu gehende Pfad sei "ein schmaler zwischen vorsichtiger, schrittweiser Lockerung und Bewahrung unserer Fortschritte im Kampf gegen die Epidemie".

DEUTSCHLAND VERLÄNGERT GRENZKONTROLLEN

Die in der Corona-Krise eingeführten Kontrollen an deutschen Grenzen sollen für weitere 20 Tage bis zum 4. Mai gelten. Das teilte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums am Mittwoch in Berlin mit. Die Kontrollen waren vor einem Monat eingeführt worden. Seither werden die Grenzen zu Österreich, Frankreich, Luxemburg, Dänemark und der Schweiz überwacht. An den Übergängen nach Belgien und in die Niederlande wird hingegen nicht kontrolliert. Menschen, die weder Deutsche noch dauerhaft hier ansässig sind, dürfen seit Mitte März nur noch aus einem "triftigen Reisegrund" nach Deutschland kommen. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen machte in Brüssel deutlich, dass sie nicht mit einem schnellen Ende der Grenzkontrollen in Europa rechnet.

RUND 130 000 INFEKTIONEN UND 3200 TODESFÄLLE IN DEUTSCHLAND

In Deutschland sind bis Mittwochvormittag mehr als 128 500 Infektionen mit dem neuen Coronavirus registriert worden (Vortag: 126 600). Mindestens 3222 (Vortag: 2998) mit dem Erreger Sars-CoV-2 Infizierte starben bislang bundesweit. Das geht aus einer Auswertung der Deutschen Presse-Agentur hervor, die die neuesten Zahlen der Bundesländer berücksichtigt. Nach Schätzungen des Robert Koch-Instituts haben in Deutschland rund 72 600 Menschen die Infektion überstanden. Experten rechnen auch in Deutschland mit einer hohen Dunkelziffer nicht erfasster Fälle. Die höchsten Zahlen registrierter Infektionen weist das Bundesland Bayern auf - mit mehr als 33 900 nachgewiesenen Fällen und mindestens 891 Toten.

MEHR ALS 225 000 DEUTSCHE AUS AUSLAND ZURÜCKGEHOLT

Gut vier Wochen nach Beginn der Rückholaktion der Bundesregierung sind mehr als 225 000 wegen der Corona-Krise im Ausland gestrandete Deutsche wieder zu Hause. Wie die Deutsche Presse-Agentur aus dem Auswärtigen Amt erfuhr, muss jetzt nur noch eine "mittlere vierstellige Zahl" Reisender ausgeflogen werden, die meisten davon aus Südafrika, Argentinien und Peru. Die größte Rückholaktion in der Geschichte der Bundesrepublik dürfte damit in wenigen Tagen abgeschlossen sein. Danach werden sich die Botschaften aber weiter um Einzelfälle kümmern.

TRUMP DREHT WELTGESUNDHEITSORGANISATION DEN GELDHAHN ZU

Mitten in der Corona-Pandemie hat US-Präsident Donald Trump einen Stopp der Beitragszahlungen für die Weltgesundheitsorganisation (WHO) veranlasst. Trump machte die WHO am Dienstagabend (Ortszeit) für die Vielzahl an Toten mitverantwortlich. Durch ihr Missmanagement und ihr Vertrauen auf Angaben aus China habe sich die Epidemie dramatisch verschlimmert und rund um die Welt verbreitet. Seine Regierung werde in den kommenden 60 bis 90 Tagen prüfen, welche Rolle die WHO bei der "schlechten Handhabung und Vertuschung der Ausbreitung des Coronavirus" gespielt habe. So lange lägen die Zahlungen auf Eis.

GEBERKONFERENZ FÜR COVID-19-IMPFSTOFF

Um weltweit Geld für die Entwicklung und Herstellung eines Impfstoffs gegen Covid-19 zu sammeln, veranstaltet die EU-Kommission am 4. Mai eine Online-Geberkonferenz. Diese werde helfen, unmittelbare Finanzierungslücken zu schließen, sagte Kommissionschefin Ursula von der Leyen am Mittwoch in Brüssel. Eine solche Konferenz hatte sie zusammen mit EU-Ratschef Charles Michel Ende März bei einer Videokonferenz der G20-Staaten vorgeschlagen. Das Coronavirus könne nur durch internationale Zusammenarbeit besiegt werden, sagte von der Leyen am Mittwoch. Dazu gehöre, die Arbeit an Diagnose, Behandlung und Impfstoffen zu beschleunigen.

BEREITS ACHT MILLIARDEN EURO FÜR KLEINE FIRMEN BEWILLIGT

In der Corona-Krise sind bisher direkte Zuschüsse von insgesamt rund acht Milliarden Euro an kleine Firmen und Soloselbstständige bewilligt worden. Das teilte das Bundeswirtschaftsministerium am Mittwoch in Berlin mit. Die bewilligten Anträge hätten die Marke von einer Million überschritten. Der Bund gibt für die Hilfen insgesamt bis zu 50 Milliarden Euro. Die Gelder werden über die Länder ausgezahlt. Das Paket ist eine maßgebliche Säule der Hilfsmaßnahmen der Politik, um Jobs und Firmen zu erhalten. Daneben startete am Mittwoch ein neues Programm der staatlichen Förderbank KfW, bei dem es um Schnellkredite geht.

WIRTSCHAFTSMINISTERIUM ERWARTET AUCH EINBRUCH DES KONSUMS

Das Bundeswirtschaftsministerium erwartet infolge der Corona-Krise in den kommenden Monaten einen "bisher einmaligen" Absturz der Industriekonjunktur. Auch beim privaten Konsum sei von einem tiefen Einbruch auszugehen, geht aus einem am Mittwoch vorgelegten Bericht des Ministeriums zur wirtschaftlichen Lage in Deutschland im April hervor. Die Corona-Pandemie habe die globale Wirtschaft in eine Rezession geführt. Die deutsche Wirtschaft befinde sich seit März in der Rezession. Diese werde voraussichtlich bis Mitte des Jahres andauern, heißt es.

TIERPARK ERARBEITET PLAN FÜR NOTSCHLACHTUNGEN

Der Tierpark Neumünster in Schleswig-Holstein hat wegen der Corona-Zwangsschließung Notpläne für das Schlachten seiner Tiere erarbeitet. Dort steht auch, wer im Fall des Falles zuletzt auf die Schlachtbank kommt - der 3,60 Meter große Eisbär "Vitus", sagte Zoodirektorin Verena Caspari. Hintergrund ist, dass der Tierpark zurzeit keine Einnahmen durch Besucher hat und ausschließlich durch Spenden am Leben erhalten wird. Noch reiche das Geld, sagte Caspari.

NIEDERLÄNDISCHER "KONINGSDAG" WIRD "WONINGSDAG"

Der traditionelle niederländische Königstag wird in diesem Jahr als Wohnungstag gefeiert - mit einem nationalen Prosit und Ständchen für König Willem-Alexander aus allen Wohnzimmern. Alle Volksfeste und Flohmärkte am 27. April zu Ehren des 53. Geburtstages des Königs wurden wegen der Corona-Krise abgesagt. "Aus Koningsdag wird Woningsdag", teilte der königliche Verband der Oranjevereine am Mittwoch mit. Normalerweise färbt sich das gesamte Land am 27. April königlich Oranje./sk/DP/fba