Von Herbert Rude

FRANKFURT (Dow Jones)--Die europäischen Aktienmärkte notieren am Freitagmittag überwiegend etwas leichter. Der Euro-Stoxx-50 verliert 0,8 Prozent auf 4.325 Punkte. Der DAX gibt um 0,2 Prozent auf 15.768 Punkte nach. Dass sich der DAX deutlich besser hält, hat auch mit technischen Faktoren zu tun: Denn der Euro-Stoxx leidet aufgrund der unterschiedlichen Berechnungsmethoden unter den zahlreichen Dividendenabschlägen, der DAX nicht. Außerdem notieren die im Euro-Stoxx-50 vergleichsweise hoch gewichteten Banken sehr schwach. Ihr Stoxx-Branchenindex fällt um 1,7 Prozent.

Verunsichert sind die Anleger auch wegen der neuen deutschen Wirtschaftsdaten. Mit der schwarzen Null beim Bruttoinlandsprodukt im ersten Quartal wurde eine technische Rezession zwar zunächst vermieden. Die deutsche Wirtschaft befindet sich für Thomas Gitzel, Chefvolkswirt bei der VP Bank, auf einem Ritt auf der Rasierklinge zwischen Rezession und Stagnation. Im weiteren Jahresverlauf werde es immer deutlicher in Richtung Rezession gehen - insbesondere dann, wenn die Sondereffekte nicht mehr wirkten.

Daneben kommen aus einzelnen Bundesländern Inflationsdaten für den April. "Sie liegen insgesamt mehr oder weniger im Rahmen der Erwartungen", sagt ein Marktteilnehmer. Eine erste Inflationsschätzung für Deutschland wird für den frühen Nachmittag erwartet.

Akzente setzt auch weiter die Berichtssaison, nachdem die großen US-Technologiewerte mehrheitlich mit den Quartalszahlen überzeugt haben. "Sie liefern Überraschungen und übertreffen die Erwartungen", sagt Rob Haworth, Senior Investmentstratege bei U.S. Bank Asset Management, zu den US-Technologiekonzernen. "Während die ausgewiesenen Gewinne die Erwartungen im Durchschnitt um 8 Prozent übertroffen haben, könnten die positiven Überraschungen im weiteren Verlauf des Jahres möglicherweise nicht von Dauer sein", warnt jedoch Liz Young, Leiterin der Anlagestrategie bei SoFi.

Auch in Europa liefert die Berichtssaison zum Wochenschluss einige Impulse. Allerdings steht mit dem Feiertag 1. Mai ein langes Wochenende vor der Tür. Von daher könnten Anleger Richtung Börsenschluss ihr Risiko minimieren und Positionen glattstellen.


   Covestro-Ausblick positiv 

Positiv wird an der Börse der Ausblick von Covestro gewertet, die Aktie steigt um 6,2 Prozent. Der Kunststoffkonzern erwartet das EBITDA zwischen 1,1 und 1,6 Milliarden Euro, der Mittelwert liegt damit rund 7 Prozent oberhalb der Markterwartung. Die Analysten von Jefferies verweisen zudem auf den Ausblick auf das laufende Quartal, hier erwarte das Unternehmen ein EBITDA von 330 bis 430 Millionen Euro, der Konsens liege mit 325 Millionen unterhalb der unteren Marke.

Die Erstquartalszahlen von Eni (+0,5%) sind deutlich über den Erwartungen ausgefallen. Das bereinigte EBIT liegt mit 4,6 Milliarden Euro laut RBC klar über der Konsensschätzung von 3,5 Milliarden. Global Gas und LNG lieferten die Haupttreiber. Der Gewinn von 2,9 Milliarden Euro übertraf die Schätzung von 2,3 Milliarden ebenfalls deutlich. Auch der Cashflow fiel besser aus. Trotzdem fällt der Kurs mit schwächeren Ölwerten um 1,3 Prozent.

Mercedes-Benz geben 0,9 Prozent nach. Positiv nehmen Marktteilnehmer zur Kenntnis, dass der Automobilhersteller nach einem guten Start in das Jahr etwas optimistischer wird. So wird nun die Marge bei Cars am oberen Rand des Korridors von 12 bis 14 Prozent erwartet. Im Lieferwagen-Geschäft (Vans), wo die Schwaben im ersten Quartal die Erwartungen deutlich übertroffen haben, wurde der Margenausblick erhöht. An der Börse wird sich derweil gefragt, ob sich dieser starke Jahresauftakt wiederholen lasse. Von daher könnte das Aufwärtspotenzial begrenzt sein, heißt es.


   Deutsche Börse erholen sich von Abverkauf nach Simcorp-Kauf 

Deutsche Börse erholen sich von dem Abverkauf des Vortages nach der Übernahme von Simcorp und gewinnen 2,4 Prozent. Die Übernahme erscheine strategisch plausibel, aber durchaus auch ambitioniert bewertet, was wohl den Kursrückgang erkläre, so die DZ Bank. Ob diese Bewertung durch Synergien und Wachstum gerechtfertigt sei, könne sich erst mittelfristig erweisen.


   Remy Cointreau stößt sauer auf 

Für die Aktien von Remy Cointreau geht es zum Wochenschluss um 9,8 Prozent nach unten, nachdem der französische Cognac-Hersteller für das kommende Jahr stabile organische Umsätze und eine unveränderte Rentabilität in Aussicht gestellt hat. Dies ist nach Meinung von Analysten deutlich schlechter als erwartet. Ein unveränderter Betriebsgewinn liegt nach Aussage der Citi-Analysten unterhalb der Markterwartung, wodurch der Kurs belastet werde. Für die Analysten von Jefferies steht die Kombination aus Gegenwind von der Währungsseite gepaart mit einem stagnierenden operativen EBIT für einen 2024er-Konsens, der 10 Prozent tiefer liegen müsse.

Für die Aktie von Numis geht es an der Börse in London um 67 Prozent nach oben, beflügelt durch das Gebot der Deutschen Bank (+1,1%). Die Frankfurter wollen das britische Wertpapierhandels- und Beratungshaus für etwa 410 Millionen Pfund übernehmen oder 350 Pence pro Aktie. In strategischer Hinsicht sind die Analysten der RBC überrascht, da mit dem Schritt die Frage aufkomme, ob die Deutsche Bank ihr Aktiengeschäft wieder ausbauen werde.

Trotz guter Geschäftszahlen geben Fuchs Petrolub 3,4 Prozent ab. Der Ausblick wird derweil als konservativ eingestuft. Hier wird ein EBIT im Bereich von 390 Millionen Euro avisiert, die Erwartungen lägen aber teils darüber, heißt es.


   Aktionäre sehen für Prosiebensat1 schwarz 

"Die 2022er-Zahlen sind wie erwartet schwach ausgefallen", so ein Aktienhändler mit einem Blick auf das Ergebnis von Prosiebensat1. Die Aktie bricht aber gleich um 17 Prozent ein. Im Handel wird auf die deutlich zusammengestrichene Dividende verwiesen. Für 2022 sollen es nur noch 5 Cent sein nach 80 ein Jahr zuvor, die Ausschüttungspolitik soll zudem geändert werden. Des Weiteren sorgt zunächst für Verunsicherung, dass sich das Unternehmen von seinem Finanzvorstand Ralf Peter Gierig trennt.

Im SDAX brechen Verbio um weitere 14 Prozent ein. Das Unternehmen hat die Prognose gesenkt. Rückläufige Absatzpreise bei vergleichsweise teuren Pflanzenölbezügen lasten nachhaltig auf der Marge. Und Varta leiden mit einem Minus von 7 Prozent unter einer weiteren Umsatzwarnung.

Dagegen steigen Bilfinger um 8,1 Prozent auf 39,50 Euro. Die LBBW hat das Kursziel auf 45 von 33 Euro erhöht, die UBS auf 40 von 28 Euro.


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Aktienindex              zuletzt        +/- %       absolut      +/- % YTD 
Euro-Stoxx-50           4.324,83        -0,8%        -33,22         +14,0% 
Stoxx-50                4.021,55        -0,2%         -8,41         +10,1% 
DAX                    15.767,79        -0,2%        -32,66         +13,3% 
MDAX                   27.582,34        -0,1%        -25,85          +9,8% 
TecDAX                  3.248,84        -0,1%         -3,21         +11,2% 
SDAX                   13.706,22        +0,2%         29,98         +14,9% 
FTSE                    7.815,48        -0,2%        -16,10          +5,1% 
CAC                     7.436,20        -0,6%        -47,64         +14,9% 
 
Rentenmarkt              zuletzt                    absolut        +/- YTD 
Dt. Zehnjahresrendite       2,38                      -0,07          -0,19 
US-Zehnjahresrendite        3,48                      -0,04          -0,40 
 
DEVISEN                  zuletzt        +/- %  Fr, 8:36 Uhr  Do, 17:15 Uhr   % YTD 
EUR/USD                   1,0999        -0,2%        1,1015         1,1018   +2,8% 
EUR/JPY                   149,52        +1,3%        149,09         147,64   +6,5% 
EUR/CHF                   0,9844        -0,0%        0,9852         0,9870   -0,5% 
EUR/GBP                   0,8815        -0,1%        0,8828         0,8826   -0,4% 
USD/JPY                   135,97        +1,5%        135,35         134,00   +3,7% 
GBP/USD                   1,2476        -0,1%        1,2477         1,2480   +3,2% 
USD/CNH (Offshore)        6,9282        -0,0%        6,9264         6,9376      0% 
Bitcoin 
BTC/USD                29.281,34        -1,3%     29.442,26      29.048,02  +76,4% 
 
ROHÖL                    zuletzt  VT-Settlem.         +/- %        +/- USD   % YTD 
WTI/Nymex                  75,02        74,76         +0,3%          +0,26   -6,5% 
Brent/ICE                  78,96        78,37         +0,8%          +0,59   -6,9% 
 
METALLE                  zuletzt       Vortag         +/- %        +/- USD   % YTD 
Gold (Spot)             1.984,13     1.987,58         -0,2%          -3,45   +8,8% 
Silber (Spot)              24,92        24,98         -0,2%          -0,06   +4,0% 
Platin (Spot)           1.071,18     1.082,00         -1,0%         -10,83   +0,3% 
Kupfer-Future               3,87         3,86         +0,0%          +0,00   +1,3% 
YTD bezogen auf Schlussstand des Vortags 
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Kontakt zum Autor: maerkte.de@dowjones.com

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April 28, 2023 06:31 ET (10:31 GMT)