Von Herbert Rude

FRANKFURT (Dow Jones)--Die Konsolidierung am deutschen Aktienmarkt dürfte sich in der kommenden Woche fortsetzen. Großer Druck ist dabei nicht zu erwarten. Zwar trüben sich die Wirtschaftsdaten ein. Mit dem günstigen Verlauf der Berichtssaison zeigen die Gewinnschätzungen nun aber sogar wieder nach oben. Aus technischer Sicht könnte die Handelsspanne zwischen 15.650 und gut 16.000 Punkten damit weiter Bestand haben, zumindest ein nachhaltiger Ausbruch deutet sich aus derzeitiger Sicht nicht an.

Der DAX ist mit einem KGV von knapp 12 einfach günstig bewertet. Die akkumulierte Konsensgewinnschätzung für den deutschen Leitindex liegt aktuell bei 1.324 Punkten, damit ist sie zuletzt sogar wieder etwas gestiegen. Bei der Commerzbank heißt es mit Blick auf 23 vorliegende Quartalsberichte, zwölf Unternehmen hätten die Erwartungen übertroffen, nur drei hätten sie verfehlt. Im MDAX sei das Bild ähnlich gut: "Somit liegt bei den DAX- und MDAX-Unternehmen bis jetzt der Anteil der positiven Überraschungen klar über dem langfristigen Durchschnitt und dem Durchschnitt für ein erstes Quartal", so Commerzbank-Analyst Markus Wallner.

Besonders positiv ist, dass es bei den DAX-Unternehmen bisher noch keine einzige Gewinnwarnung gab. Damit bleiben die Aussichten auch für das Gesamtjahr günstig. Und ab Juli dürften dann die 2024er-Gewinnschätzungen in den Blick geraten. Für das kommende Jahr liegen erste Gewinnschätzungen für den DAX bei mehr als 1.400 Index-Punkten, das KGV damit bei nur noch gut 11.


   US-Preisdaten im Blick - Bleibt die Inflation beharrlich? 

Die Fed macht ihre Politik nun datenabhängig. Eine gewisse Eintrübung der Wirtschaftsdaten ist damit gewünscht, weil dann die Chancen auf einen Rückgang der Inflation zunehmen. In der kommenden Woche ist die Agenda zumindest in den USA relativ leer, wie meistens in der Woche nach einer Fed-Sitzung. Heraus ragt auf der Konjunkturseite lediglich der Michigan-Index. Im Blick stehen damit vor allem die Preisdaten, am Mittwoch die Verbraucherpreise und am Donnerstag die Erzeugerpreise.

Die Commerzbank prognostiziert einen Anstieg des Verbraucherpreisindex um 0,4 Prozent gegenüber März. Das gleiche Plus erwartet sie bei dem Index ohne Energie und Nahrungsmittel. Die Vorjahresrate würde dann bei 5,0 Prozent verharren und bei der Kernrate leicht auf 5,5 von 5,6 Prozent sinken. Unerwartet hohe Preissteigerungsdaten könnten die Hoffnungen auf Zinssenkungen im zweiten Halbjahr dämpfen und damit die Stimmung an den Märkten belasten.

In Deutschland steht zunächst der Sentix-Konjunkturindex im Blick. Daneben tobt die Berichtssaison weiter. Allein aus dem DAX legen elf Unternehmen erste oder finale Quartalszahlen auf den Tisch: Daimler Truck, Fresenius, Brenntag, Eon, Heidelbergcement, Siemens Healthineers, Merck, RWE, Bayer, Hannover Rück und Allianz.


   Dividendenabschläge führen zu Unsicherheit 

Zuletzt hat auch die anstehende Dividendensaison den DAX gestützt. Sie ist nun in vollem Gang. Marktteilnehmer sollten im Auge behalten, wie sich die Kurse nach den Dividendenabschlägen verhalten. Nach Schwergewichten in der ablaufenden Woche wie Allianz und Mercedes-Benz werden in der kommenden Woche mit VW, BMW und Munich Re weitere Dividendenwerte ihre Aktionäre bedienen. Sollten die Kurse der Dividendenzahler in den Tagen nach den Abschlägen relativ stabil im Markt liegen, wäre das für den DAX ein gutes Zeichen. Würden die Titel dagegen verkauft und in eine längere Phase der Schwäche übergehen, kämen auch auf den DAX holprigere Zeiten zu.

Inwieweit die US-Bankenkrise den Markt noch belasten wird, ist schwer zu sagen. Eine gewisse Konsolidierung oder Marktbereinigung sei wahrscheinlich sogar erwünscht, heißt es. Ähnlich schwierig zu beurteilen ist die Diskussion um die Schuldenobergrenze in den USA. In der Vergangenheit haben sich Rückschläge wegen des Streits um die US-Schuldengrenze aber immer als temporär herausgestellt und damit als Kaufgelegenheiten.

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May 05, 2023 07:29 ET (11:29 GMT)