Von Harriet Torry und Anthony DeBarros

WASHINGTON (Dow Jones)--Ökonomen sind für die US-Wirtschaft optimistischer geworden. Sie glauben nun, dass die Wirtschaft der USA eine Rezession vermeiden wird, dass die Notenbank Federal Reserve ihre Zinserhöhungen abgeschlossen hat und dass die Inflation weiter zurückgehen wird.

In der jüngsten vierteljährlichen Umfrage des Wall Street Journal (WSJ) sahen Ökonomen und Akademiker die Wahrscheinlichkeit einer Rezession innerhalb des nächsten Jahres nur noch bei durchschnittlich 48 Prozent, eine deutlich optimistischere Einschätzung als ihre Prognose von 54 Prozent im Juli. Es ist zudem das erste Mal seit Mitte vergangenen Jahres, dass sie die Wahrscheinlichkeit unter 50 Prozent angesetzt haben.

Die mittlere Wahrscheinlichkeit lag bei 50 Prozent, was einem Münzwurf gleichkommt.

"Die Wahrscheinlichkeit einer Rezession nimmt in den USA weiter ab, da die Turbulenzen im Bankensektor abklingen und der robuste Arbeitsmarkt sowie die steigenden Realeinkommen die Verbrauchernachfrage stützen", sagen die BMO-Ökonomen Doug Porter und Scott Anderson in der Studie.


   Drei Faktoren stützen den Optimismus 

Drei Schlüsselfaktoren stützen den Optimismus: Die Inflation geht weiter zurück, die US-Notenbank ist mit der Anhebung der Zinssätze fertig, und der robuste Arbeitsmarkt sowie das Wirtschaftswachstum haben die Erwartungen übertroffen.

Ökonomen erwarten im Durchschnitt, dass das Bruttoinlandsprodukt (BIP), der Wert aller im Land produzierten Waren und Dienstleistungen, inflationsbereinigt im vierten Quartal 2023 um 2,2 Prozent gegenüber dem Vorjahr steigen wird. Dies ist eine deutliche Aufwärtskorrektur gegenüber der durchschnittlichen Wachstumsprognose von 1 Prozent in der vorherigen Umfrage.

Ihre Prognose für das nächste Jahr senkten die Ökonomen von 1,3 Prozent in der Juli-Umfrage auf 1 Prozent, erwarten aber, dass die Wirtschaft 2024 und 2025 weiter wächst und die Arbeitslosenquote zwar steigen, aber nur knapp über 4 Prozent liegen wird - ein historisch niedriges Niveau.

Das Wirtschaftswachstum und die Schaffung von Arbeitsplätzen werden in der ersten Hälfte des Jahres 2024 voraussichtlich schwach ausfallen. Ökonomen prognostizieren, dass das BIP im ersten Quartal mit einer mageren Jahresrate von 0,35 Prozent und im zweiten Quartal mit 0,6 Prozent wachsen wird. Sie gehen davon aus, dass die Arbeitgeber im ersten Quartal durchschnittlich 42.500 und im zweiten Quartal 16.700 neue Arbeitsplätze pro Monat schaffen werden. Dies ist ein deutlicher Rückgang gegenüber den erwarteten 138.800 Arbeitsplätzen pro Monat im letzten Quartal dieses Jahres, da die Unternehmen die hohen Zinssätze zu spüren bekommen.


   Vertrauen in "Weiche Landung" der Geldpolitik 

Fast 60 Prozent der Ökonomen sind der Meinung, dass die Fed mit der Anhebung der Zinssätze in ihrem derzeitigen Zinserhöhungszyklus fertig ist, nachdem sie die kurzfristigen Kreditkosten im Juli mit 5,25 Prozent bis 5,5 Prozent auf ein 22-Jahres-Hoch angehoben hat. Etwa 23 Prozent erwarten die letzte Zinsanhebung im November, 11 Prozent rechnen damit im Dezember.

Etwa die Hälfte der Ökonomen erwartet, dass die Fed im zweiten Quartal des nächsten Jahres mit Zinssenkungen beginnen wird, wenn sich das Wirtschaftswachstum abkühlt und die Arbeitslosenquote, die im September bei 3,8 Prozent lag, bis Juni auf 4,3 Prozent steigt.

Zusammengenommen lassen die jüngsten Prognosen jedoch darauf schließen, dass die Fed in der Lage sein dürfte, eine so genannte weiche Landung zu erreichen, bei der die Inflation ohne Rezession zurückgeht. Eine überwältigende Mehrheit von 82 Prozent der Ökonomen ist der Meinung, dass das derzeitige Zinszielband der Fed von 5,25 Prozent bis 5,5 Prozent restriktiv genug ist, um die Inflation in den nächsten zwei bis drei Jahren wieder auf das Ziel der Notenbank von 2 Prozent zu bringen.

Ökonomen erwarten, dass die am Verbraucherpreisindex gemessene Inflation, die im September bei 3,7 Prozent lag, bis Ende nächsten Jahres auf 2,4 Prozent und bis Ende 2025 auf 2,2 Prozent sinken wird.

"In den vergangenen Monaten haben sich die Argumente für eine weiche Landung unbestreitbar verstärkt", schreiben die Deutsche-Bank-Ökonomen Brett Ryan und Matthew Luzzetti in der Studie. "Allerdings werden Gegenwinde wie erschöpfte Ersparnisse, verschärfte Kreditbedingungen, verlangsamte Einkommenszuwächse und die Rückzahlung von Studentenschulden im nächsten Jahr deutlicher ins Gewicht fallen", fügten sie hinzu.


   Licht und Schatten 

Die Ökonomen geben dem Fed-Chairman Jerome Powell verhältnismäßig gute Noten für seinen geldpolitischen Kurs. Fast die Hälfte gab ihm ein solides B, während 20 Prozent ihm ein A und 20 Prozent ein C gaben. Ihr Hauptkritikpunkt war Powells Ansicht, dass sich die Inflation im Jahr 2021 als vorübergehend erweisen würde, und der infolgedessen langsame Beginn der Erhöhung der Kreditkosten durch die Fed.

Das wirtschaftliche Bild ist nicht nur rosig. Die Ökonomen warnten in der Umfrage, dass die jüngsten Entwicklungen einen Schatten auf die Aussichten der US-Wirtschaft in den kommenden Monaten werfen könnten, wie etwa die Auswirkungen des Konflikts zwischen Israel und der Hamas auf die Energiepreise.

Rund 81 Prozent der Ökonomen gaben außerdem an, dass der jüngste Anstieg der Anleiherenditen auf den höchsten Stand seit 2007 die Wahrscheinlichkeit einer Rezession erhöht hat. Allerdings nicht so stark, dass andere Faktoren, die einen solchen Abschwung unwahrscheinlicher machen, ausgeglichen würden.

Die Ökonomen gehen auch davon aus, dass die Renditen in den kommenden Monaten sinken werden. Im Durchschnitt gehen sie davon aus, dass die Rendite 10-jähriger Staatsanleihen am Ende dieses Jahres bei 4,47 Prozent liegen und bis zum 30. Juni nächsten Jahres auf 4,16 Prozent fallen wird. Die Rendite 10-jähriger Staatsanleihen schloss am Freitag bei 4,63 Prozent und lag damit unter den 4,783 Prozent der Vorwoche.

Die Umfrage unter 65 Ökonomen wurde vom 6. bis 11. Oktober durchgeführt. Nicht alle Ökonomen beantworteten alle Fragen.

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October 15, 2023 05:20 ET (09:20 GMT)