Das Bundesverfassungsgericht erklärte am Dienstag diese zentralen Säulen der europäischen Bankenunion für verfassungsgemäß und durch die europäischen Verträge gedeckt. Gleichzeitig mahnte der Zweite Senat unter Vorsitz von Gerichtspräsident Andreas Voßkuhle die strikte Einhaltung der Regeln an. "Die Regelungen zur Europäischen Bankenunion schöpfen den vorgegebenen Rechtsrahmen sehr weitgehend aus, überschreiten ihn aber nicht", sagte er in der Urteilsverkündung in Karlsruhe. Mehrere Kläger, darunter der Berliner Jurist Markus Kerber, hatten Verfassungsbeschwerde eingereicht.

Die Bundesregierung äußerte sich positiv. "Das Urteil bestätigt die Rechtsauffassung der Bundesregierung", sagte Finanzstaatssekretär Jörg Kukies (SPD) nach der Urteilsbegründung. Bei der letzten Finanzkrise hätten die deutschen Steuerzahler 60 Milliarden Euro gezahlt, weil es kein einheitliches Abwicklungsregime gegeben habe. Das habe sich mit der Bankenunion geändert. "Durch die einheitliche Beaufsichtigung ist das jetzt wesentlich besser." Auch die Bundesbank begrüßte den Richterspruch. "Wir sehen es positiv, dass der europäische Fortschritt in Form der einheitlichen Bankenaufsicht in Deutschland verfassungsrechtlich abgesichert ist", sagte Bundesbank-Vorstand Joachim Wuermeling dem "Handelsblatt". Wuermeling ist im Bundesbank-Vorstand für die Bankenaufsicht zuständig.

Kritisch äußerte sich dagegen die Klägerseite. Er sehe große Gefahren am Horizont, sagte der Jurist Kerber. "Wenn man diese Rechtssprechung, diese Tendenz fortschreibt, dann heißt das, wir Deutschen müssen unsere Demokratie auf dem Altar Europas opfern", sagte er zu Reuters TV. Dem könne er auf gar keinen Fall zustimmen.

Als Lehre aus der Finanzkrise werden seit Herbst 2014 die großen Banken im Währungsraum von der Europäischen Zentralbank (EZB) kontrolliert. In Deutschland sind es 21 sogenannte systemrelevante Kreditinstitute, darunter die Deutsche Bank und die Commerzbank. Für die rund 1400 kleineren deutschen Institute bleiben die Bafin und die Bundesbank zuständig. Zudem wurde eine in Brüssel angesiedelte Behörde zur Abwicklung von Krisenbanken geschaffen und ein Fonds aufgebaut, der beim Zusammenbruch eines Geldhauses zum Einsatz kommen soll. Der von den Banken gespeiste Fonds hat mittlerweile rund 33 Milliarden Euro eingesammelt und soll bis Ende 2023 rund 60 Milliarden Euro erreichen.

RICHTER: AUFSICHT NICHT VOLLSTÄNDIG AUF EZB ÜBERTRAGEN

Nach Auffassung der Kläger wurden mit der Bankenunion die im EU-Vertrag von Lissabon festgelegten Kompetenzen unzulässig erweitert. Diese Sichtweise wies der Zweiten Senat zurück. Die Aufsicht über die Banken in der Euro-Zone sei nicht vollständig auf die EZB übertragen worden. Umfangreiche Befugnisse verblieben bei den nationalen Aufsichtsbehörden. Eine Dominanz der EZB bei der Wahrnehmung von Aufgaben der Bankenaufsicht sei noch nicht erkennbar.

Bedenken äußerten die Richter zwar gegen den Ausschuss, der für die einheitliche Abwicklung zahlungsunfähiger Banken zuständig ist. Die Unabhängigkeit des Ausschusses stehe im Spannungsverhältnis zum Demokratiegebot. Die Rechenschaftspflicht des Ausschusses und dessen gerichtliche Kontrolle stellten aber eine hinreichende demokratische Steuerbarkeit sicher.

Die Karlsruher Richter hätten klug entschieden, sagte der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher. "Die europäische Bankenunion ist eine wichtige Errungenschaft der Währungsunion, von der auch Deutschland profitiert." Ähnlich äußerte sich der stellvertretende FDP-Fraktionschef Christian Dürr: "Es ist gut, dass Karlsruhe jetzt grünes Licht für die ersten beiden Säulen der Bankenunion gegeben hat." Nie wieder dürften in der sozialen Marktwirtschaft private Banken mit Steuergeld gerettet werden.