HANNOVER (dpa-AFX) - Angesichts des schleppenden Ausbaus der Windkraft will Niedersachsens Umweltminister Olaf Lies (SPD) Bürger und betroffene Kommunen stärker an neuen Windparks beteiligen. Seine Ideen zur Stärkung der Akzeptanz weiterer Windkraftanlagen will Lies am Donnerstag beim Windenergie-Gipfel in Berlin vorstellen, zu dem Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) eingeladen hat. Zuvor (09.00 Uhr) erläutert Lies seine Pläne in Hannover. Hintergrund ist der schleppende Ausbau der Windkraft an Land, der im ersten Halbjahr fast zum Erliegen gekommen ist. Hauptgründe sind nach übereinstimmender Analyse von Verbänden und Experten fehlende Flächen und Klagen gegen weitere Windräder.

Zu dem Krisentreffen ab mittags im Berliner Wirtschaftsministerium sind rund 50 Vertreter der Branche, der Länder sowie von Bürgerinitiativen eingeladen. Am Nachmittag wird ein Pressestatement von Altmaier erwartet. Unklar war, ob ein gemeinsames Papier beschlossen wird. Niedersachsen ist vor Brandenburg das Land, in dem die meisten Windkraftanlagen stehen.

Kurz vor dem Windenergie-Gipfel hatten Branchen- und Umweltverbände bereits einen Zehn-Punkte-Plan für einen schnelleren Ausbau der Windenergie an Land vorgelegt. Darin wurde gefordert, Hemmnisse abzubauen und die Verfügbarkeit von Flächen für den weiteren Ausbau zu erhöhen. Es brauche außerdem ein "klares Bekenntnis" der Bundesregierung, des Bundestages und der Bundesländer zum Klimaschutz und damit zum Ausbau der Erneuerbaren Energien. Um die Akzeptanz vor Ort zu stärken, sollte eine bundesweit einheitliche und regelmäßige finanzielle Beteiligung von Standort- und Anrainerkommunen eingeführt werden. Vielerorts gibt es Bürgerinitiativen gegen Windräder.

Wie Lies bereits vor zwei Wochen angeregt hatte, könnten 1 bis 2 Prozent des Umsatzes von Windkraftanlagen künftig direkt an die jeweilige Kommune gehen, wo die Anlagen errichtet werden. Darüber hinaus sollten mehr Windparks entstehen, an denen die Bürger selbst als Betreiber beteiligt sind. Die Idee einer sogenannten Bürgerwindenergie könne die Akzeptanz von Windkraftanlagen steigern. Derzeit werde der Artenschutz oft instrumentalisiert, um den Ausbau der Erneuerbaren zu verhindern, hatte der Minister kritisiert.

Im ersten Halbjahr 2019 wurden laut Umweltministerium nur 14 neue Windkraftanlagen mit einer Gesamtleistung von 47 Megawatt in Niedersachsen gebaut, bundesweit waren es 86 Anlagen und 287 Megawatt. Das entspreche dem Stand von 1998, hatte Lies bemängelt.

Im Zuge der Energiewende sollen Kohle, Gas und Atomkraft durch erneuerbare Energieträger ersetzt werden. Bis 2022 wird das letzte Kernkraftwerk abgeschaltet sein, bis 2038 ist der Kohleausstieg geplant. Der Ökostrom-Anteil soll bis 2030 auf 65 Prozent steigen - im ersten Halbjahr 2019 lag der Beitrag zur Deckung des Stromverbrauchs nach Zahlen des Energieverbandes BDEW bei 44 Prozent./evs/DP/zb