NEW YORK (dpa-AFX) - Die US-Börsen haben am Donnerstag keine gemeinsame Richtung gefunden. Während die Standardwerte-Indizes von starken Bankentiteln nach dem positiv ausgefallenen jährlichen Stresstest der US-Notenbank Fed profitierten, ging es an der Technologiebörse Nasdaq etwas bergab. Überwiegend gute US-Konjunkturdaten milderten zwar die Angst vor einer Rezession der weltgrößten Volkswirtschaft. Sie schürten im Umkehrschluss aber tendenziell Sorgen wegen weiter steigender Zinsen, sodass die Kauflust nicht überhandnahm.

Der Leitindex Dow Jones Industrial schloss 0,80 Prozent höher bei 34 122,42 Punkten. Für den marktbreiten S&P 500 ging es um 0,45 Prozent auf 4396,44 Punkte hoch. Dagegen sank der Auswahlindex Nasdaq 100 um 0,16 Prozent auf 14 939,95 Punkte.

Die US-Wirtschaft ist im ersten Quartal deutlich stärker gewachsen als bisher bekannt und von Beobachtern erwartet. Gleichzeitig gingen die wöchentlichen Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe überraschend zurück - Analysten hatten mit einer Stagnation gerechnet. Derweil ging die Zahl der noch nicht ganz abgeschlossenen Immobilienverkäufe im Mai stärker als erwartet zurück.

Die 23 größten Geldhäuser in den USA verfügen nach Einschätzung der Fed über eine krisenfeste Kapitalausstattung. Sie bestanden damit alle den Test, der aus der Finanzkrise von 2008 resultiert. Er soll dafür sorgen, dass Banken für Notlagen gerüstet sind und nicht wieder mit Steuergeld gerettet werden müssen. Dafür untersucht die Fed, ob die Kapitalreserven reichen, um extreme Belastungen wie einen rasanten Anstieg der Arbeitslosigkeit oder einen rapiden Einbruch der Immobilienpreise auszuhalten.

Für viele der großen Banken ist die jährliche Prüfung entscheidend, um in Form von Dividenden oder Aktienrückkäufen Geld an Investoren ausschütten zu können. Ab Freitag dürfen sie ihre Kapitalpläne veröffentlichen.

Im Dow belegten Goldman Sachs und JPMorgan am Donnerstag mit Kursgewinnen von 3 und 3,5 Prozent die vorderen Plätze. Auch außerhalb des Leitindex waren Bankenaktien überwiegend gefragt: Wells Fargo, Bank of America und Morgan Stanley legten um 1,5 bis 4,5 Prozent zu. Die Titel von Citigroup hingegen gewannen nur 0,1 Prozent - sie zählt nach Einschätzung der UBS-Analysten zu den Häusern, die vergleichsweise schwach abgeschnitten haben.

Visa zählte mit einem Kursplus von 2,8 Prozent ebenfalls zu den größten Gewinnern im Dow. Der Kreditkartenanbieter will für eine Milliarde US-Dollar das brasilianische Finanzen-Startup Pismo übernehmen.

Bei Blackberry konnten sich die Anteilseigner über einen Kurssprung von sieben Prozent freuen. Der Softwarehersteller und Vermarkter mobiler Kommunikationssysteme übertraf im abgelaufenen Quartal auch dank der Einnahmen aus dem Verkauf eines Patente-Portfolios die Erwartungen.

Alle anderen Kursbewegungen in den Schatten stellten aber Aktien des Biotech-Unternehmens Sigilon Therapeutics: Sie schossen nach einer Übernahmeofferte bis auf 28 Dollar nach oben und schlossen mit 21,15 Dollar, was immer noch mehr als eine Wertverfünffachung gegenüber dem Vortags-Schlusskurs bedeutet. Der Pharmariese Eli Lilly einigte sich mit dem Spezialisten für Immuntherapien gegen chronische Krankheiten auf einen Kaufpreis von 14,92 Dollar je Aktie in bar. Bei der Erreichung bestimmter Entwicklungs- und Zulassungs-Meilensteine kämen 111,64 Dollar pro Aktie in bar hinzu.

Die Aktien von Apple kamen derweil mit plus 0,2 Prozent nur wenig von der Stelle. Die Marktkapitalisierung des Technologiekonzerns hat angesichts der Rekordjagd der Aktien rund drei Billionen Dollar erreicht. Auf diesem hohen Niveau tun sich die Anleger offenbar mit weiteren Käufen schwer.

Auch bei anderen Tech-Werten hielt sich das Interesse in Grenzen. Micron Technology büßten trotz eines erfreulichen Ausblicks des Halbleiterunternehmens auf das laufende Quartal 4,1 Prozent ein. Bei Netflix stand ein Kursrückgang um 0,4 Prozent auf 428,24 Dollar zu Buche, obwohl die Citigroup mit einem weiter gültigen Kaufvotum das Kursziel von 400 auf 500 Dollar angehoben hatte.

Der Euro gab nach den US-Daten weiter nach und kostete zuletzt 1,0866 Dollar. Die Europäische Zentralbank hatte den Referenzkurs auf 1,0938 (Mittwoch: 1,0938) Dollar festgesetzt und der Dollar damit 0,9142 (0,9142) Euro gekostet.

US-Staatsanleihen weiteten ihre anfänglichen Kursverluste aus: Der Terminkontrakt für zehnjährige Anleihen (T-Note-Future) fiel zuletzt um 0,88 Prozent auf 112,25 Punkte. Die Rendite für zehnjährige Treasuries stieg im Gegenzug auf 3,84 Prozent./gl/he

--- Von Gerold Löhle, dpa-AFX ---