Berlin (Reuters) - Die deutsche Wirtschaft ist Anfang des Jahres dank steigender Exporte und Bauausgaben an einer Rezession vorbeigeschrammt.

Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) stieg von Januar bis März um 0,2 Prozent im Vergleich zum Vorquartal, wie das Statistische Bundesamt am Freitag mitteilte und damit eine erste Schätzung von Ende April bestätigte. Das ist das stärkste Wachstum seit einem Jahr. "Nachdem das BIP zum Jahresende 2023 zurückgegangen war, startete die deutsche Wirtschaft mit einem positiven Vorzeichen ins Jahr 2024", sagte Behörden-Präsidentin Ruth Brand. Im vierten Quartal 2023 war Europas größte Volkswirtschaft noch um 0,5 Prozent geschrumpft. Bei zwei Minus-Quartalen in Folge sprechen Fachleute von einer technischen - also vorübergehenden - Rezession.

Während die Exporte um 1,1 Prozent stiegen und die Bauinvestitionen um 2,7 Prozent zulegten, dämpfte der private Konsum trotz abebbender Inflation zum Jahresstart. Die Ausgaben der Verbraucherinnen und Verbraucher sanken zum Vorquartal um 0,4 Prozent. "Der private Konsum in Deutschland bremst noch eine durchgreifende Konjunkturwende aus, während zunehmend Impulse aus dem Ausland kommen", sagte Sebastian Dullien, wissenschaftlicher Direktor des gewerkschaftsnahen Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK). "Obwohl sich die Entwicklung der Reallöhne stabilisiert hat und für das laufende Jahr spürbare Zuwächse bei der Kaufkraft absehbar sind, halten die Deutschen ihre Portemonnaies verschlossen." Die Sparquote lag zwischen Januar und März bei 14,9 Prozent und so über dem Vorjahreswert von 13,4 Prozent. "Höher war die Sparquote zuletzt im zweiten Quartal 2021 gewesen", erklärte das Statistikamt.

MEHR PRIVATKONSUM ERWARTET - RÜCKSCHLAG AM BAU?

Die Bundesregierung geht in ihrer Frühjahrsprognose davon aus, dass sich die deutsche Wirtschaft im Jahresverlauf 2024 allmählich erholt. "Wesentliche Wachstumsimpulse dürften dabei vom privaten Konsum ausgehen", erklärten die Fachleute des Finanzministeriums in ihrem Monatsbericht. Insgesamt dürfte das Bruttoinlandsprodukt - also die Summe aller produzierten Waren und Dienstleistungen - um 0,3 Prozent steigen und 2025 um weitere 1,0 Prozent zulegen.

In den kommenden Quartalen rechnet IMK-Experte Dullien mit einer langsam anziehenden Konsumnachfrage und weiter wachsenden Exporten. Viel mehr als stagnieren dürfte die gesamte Wirtschaft 2024 aber nicht. "Ob sich der Mini-Boom der Bauinvestitionen aus dem ersten Quartal weiter fortsetzt, ist dagegen fraglich." Das Plus Anfang 2024 dürfte vor allem auf besonders mildes Wetter zurückzuführen sein. "Da insbesondere im Wohnungsbau die Nachfrage schwach ist, könnte im Frühjahrsquartal ein Rückschlag drohen", warnte Dullien.

(Bericht von Klaus Lauer; redigiert von Christian Rüttger - Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)