Deutschland hat am Donnerstag seine lang erwartete China-Strategie verabschiedet. Vorausgegangen war ein monatelanges Gerangel innerhalb der Dreier-Koalition von Bundeskanzler Olaf Scholz, inwieweit Berlin eine härtere Gangart einlegen soll.

Im Folgenden finden Sie die wichtigsten Punkte des Papiers und die Erklärungen der deutschen Regierungschefs.

DEUTSCHLANDS EINSCHÄTZUNG VON CHINA

* China versucht, wirtschaftliche und technologische Abhängigkeiten zu schaffen, um politische Ziele und Interessen zu erreichen

* China versucht zunehmend selbstbewusst, die regelbasierte internationale Ordnung zu verändern, mit Folgen für die globale Sicherheit

* China ist ein unverzichtbarer Partner für globale Herausforderungen wie Klimawandel und Pandemien

* China hat sich verändert und erfordert eine Änderung des deutschen Umgangs mit China

* Chinas Handeln hat zu wachsender internationaler Rivalität und Konkurrenz geführt

* Deutschland wird sich mit EU-Mitgliedstaaten solidarisch zeigen, die wirtschaftlich oder anderweitig unter Druck stehen.

* Deutschland will den Dialog mit China über Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit wieder aufnehmen

* China stellt seine Interessen über die multilateralen Prinzipien der Vereinten Nationen und versucht, die Politik und die Programme der UN mit eigenen Initiativen zu verändern

TAIWAN

* Deutschland will seine engen Beziehungen zu Taiwan ausbauen und gleichzeitig an der Ein-China-Politik festhalten

* Eine Änderung des Status quo in der Straße von Taiwan kann nur im Konsens und mit friedlichen Mitteln erreicht werden

* Deutschland unterstützt Taiwans Beteiligung an internationalen Organisationen

* Die Situation in der Straße von Taiwan hat Schwachstellen in der Lieferkette aufgezeigt, insbesondere bei Chips

HANDEL UND INVESTITIONEN

* China verfolgt zunehmend politische Ziele mit wirtschaftlichen Mitteln, einschließlich der Schaffung von Abhängigkeiten und der Gewährung oder des Entzugs von wirtschaftlichen Vorteilen

* Chinesische Direktinvestitionen stellen eine besondere Herausforderung dar, da China zivile und militärische Politik verschmilzt

* Deutsche Exportgarantien werden auf Risiken sensibler Technologietransfers, einschließlich sensibler Dual-Use-Technologien, und daraufhin überprüft, ob sie Abhängigkeiten verstärken

* Chinesische Investitionen dürfen kein Risiko für die deutsche Sicherheit darstellen, zum Beispiel durch sensible Technologien

* Deutschland plant eine Änderung des Investitionsprüfungsgesetzes unter Berücksichtigung von Sicherheitsinteressen

* Deutschland wird die Liste der Güter, die der Exportkontrolle unterliegen, im Lichte neuer technologischer Entwicklungen, z.B. im Bereich der Cybersicherheit und Überwachung, weiterentwickeln

* Deutschland setzt sich für eine enge Koordinierung in der EU und eine verstärkte Zusammenarbeit im Bereich der Exportkontrolle zwischen den G7 und anderen Partnern ein

* Deutschland erkennt die mögliche Notwendigkeit neuer Maßnahmen an, um Sicherheitsrisiken bei Investitionen in China zu begegnen.

* Deutschland wird ein Rahmengesetz schaffen, das festlegt, welche Sektoren, Unternehmen und Einrichtungen kritische Infrastrukturen darstellen.

* Deutschland wird dieses Jahr eine Liste kritischer Komponenten veröffentlichen

* Deutschland wird die Wirksamkeit der derzeitigen Vorschriften für kritische Komponenten überprüfen und die entsprechenden Gesetze möglicherweise anpassen

* Deutschland will mit China bei der WTO-Reform zusammenarbeiten, ist aber auch bereit zu reagieren, wenn es weiterhin keine Fortschritte gibt

* Deutschland drängt China, seine Einstufung als Entwicklungsland in der WTO aufzugeben, da es die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt ist

* Deutschland wird konsequent umfassende strukturelle Verbesserungen des Marktumfelds in China fordern.

KLIMAWANDEL UND UMWELT

* Deutschland wird mit China einen intensiven Dialog über den Kohleausstieg führen

* China darf die internationale Zusammenarbeit in Klimafragen nicht als Druckmittel nutzen, um seine Interessen in anderen Bereichen durchzusetzen

* Deutschland sieht die Notwendigkeit, China zu ehrgeizigeren Zielen bei der Reduzierung der Treibhausgasemissionen zu drängen

* Deutschland wird Investitionsgarantien in Abhängigkeit von der Einhaltung von Nachhaltigkeits-, Umwelt-, Arbeits- und Sozialstandards in China streng prüfen

VERTEIDIGUNG UND SICHERHEIT

* Deutschland ergreift auf nationaler und europäischer Ebene Gegenmaßnahmen gegen transnationale Repression, insbesondere in Bezug auf chinesische Polizeistationen in Übersee

* Die Bedrohungen der Cybersicherheit nehmen zu, auch aus China, und diese Bedrohungen wirken sich zunehmend auf europäische Regierungsnetzwerke aus.

* Die deutsche Regierung berät Unternehmen und Forschungsinstitute zu Cyber- und hybriden Sicherheitsrisiken durch chinesische Spionage

* Deutschland fordert China auf, Militärübungen im Voraus anzukündigen und internationale Beobachter einzuladen, um Missverständnisse zu vermeiden

* Deutschland wird die sicherheitspolitische und militärische Zusammenarbeit mit engen Partnern im indopazifischen Raum ausbauen, unter anderem durch Marineeinsätze und multinationale Übungen

* China verstärkt seine Präsenz in der Arktis und Antarktis, einschließlich seiner militärischen Präsenz, aber Deutschland möchte diese Gebiete konfliktfrei halten.

RUSSLAND UND UKRAINE

* Eine engere Zusammenarbeit zwischen China und Russland im Verteidigungsbereich würde sich auf die Beziehungen Deutschlands zu Peking auswirken.

* China ist nicht glaubwürdig in seiner Verteidigung der ukrainischen Souveränität und territorialen Integrität. Deutschland drängt auf eine klarere Position

ERKLÄRUNGEN

DEUTSCHER BUNDESKANZLER OLAF SCHOLZ

"Das Ziel ist nicht die Entkopplung. Aber wir wollen kritische Abhängigkeiten in Zukunft vermeiden."

DEUTSCHE AUSSENMINISTERIN ANNALENA BAERBOCK

"Wir wollen uns diversifizieren, aber wir wollen gleichzeitig die Zusammenarbeit mit China weiter ausbauen und nutzen. Das gilt für unsere wirtschaftlichen Kontakte, denn wir wollen weder die wirtschaftliche Entwicklung Chinas noch unsere eigene behindern."

"Wir werden die europäische Wirtschaft vor unfairem Wettbewerb schützen, indem wir neue und vor allem europäische Instrumente entwickeln und diese dann gemeinsam nutzen - zum Beispiel das Instrument gegen Zwangsmaßnahmen, mit dem wir europäische Unternehmen notfalls auch mit Zoll- oder Handelsbeschränkungen vor Nötigungsversuchen von Drittstaaten schützen können."

"Die Spannungen um Taiwan können uns nicht gleichgültig sein. Eine militärische Eskalation wäre auch eine Gefahr für Millionen von Menschen, weltweit, also auch für uns."