13.01.2016Digitale Gesellschaft Christian Lindner will, dass Deutschland nicht den nächsten Quantensprung verpasst

Für die deutsche Wirtschaft sind Forschung, Innovationen und Patente überlebenswichtig. Doch immer mehr Mittelständler senken ihre Innovationsausgaben. Deshalb muss der Staat steuerliche Anreize schaffen, fordert FDP-Chef Christian Lindner in seinem Gastbeitrag für 'FOCUS Online' zum Thema Forschungsförderung und Innovationen. Er mahnt: 'Wir dürfen den nächsten Quantensprung nicht verpassen.'

Unbürokratische und unabhängige Förderung

Der FDP-Chef findet die von der Bundesregierung geplante Ausweitung der Projektförderung durchaus löblich. Er zeigt aber zugleich deren Schwäche auf: 'Es ist gerade die Projektförderung, die für kleine und mittlere Unternehmen aufgrund des bürokratischen Aufwandes viel zu unattraktiv ist.' Lindner fordert daher: 'Wir brauchen also nicht mehr Projektmittel, sondern zusätzlich eine unbürokratische und unabhängige Förderung, von der alle profitieren.'

Ihm ist auch ein Dorn im Auge, dass die Bundesregierung die Förderung an Temen koppeln will: 'Gerade der in Deutschland verschlafene digitale Wandel ist bester Beweis, warum eine Themenbindung bei der Forschungsförderung nicht zukunftsfähig ist.' Er befürchtet, dass Deutschland mit einer Verengung 'den nächsten technologischen Quantensprung zielsicher verpassen wird'.

Bundesregierung setzt den internationalen Alleingang fort

Eines stehe jetzt schon fest: 'Ohne steuerliche Anreize zur Forschungsförderung haben wir in Deutschland einen gravierenden Standortnachteil.' Neben zahlreichen Persönlichkeiten aus Wissenschaft und Wirtschaft empfehle selbst die von der Bundesregierung eingesetzte 'Expertenkommission Forschung' die steuerliche Forschungsförderung. 'Die Bundesregierung scheint den internationalen Alleingang jedoch fortsetzen zu wollen. Damit wird leichtfertig die Zukunftsfähigkeit des innovativen Mittelstandes aufs Spiel gesetzt', so Lindner.

Lesen Sie hier den gesamten Gastbeitrag:

Deutschland ist ein Hochtechnologieland. Es sind unsere Spitzentechnologien und -dienstleistungen, die die Wettbewerbsfähigkeit und damit Arbeitsplätze und Wohlstand sichern. Damit dies so bleibt, müssen wir beständig nach neuen Technologien forschen und in sie investieren. Pionierarbeit leisten dabei unsere 'hidden champions', unser hochinnovativer Mittelstand in Deutschland.

Doch aus aktuellen Studien gehen besorgniserregende Zahlen hervor: Immer mehr Mittelständler ziehen sich aus dem Innovationsgeschehen zurück, allein zwischen 2013 und 2014 ist die Zahl der Unternehmen, die Innovationsausgaben getätigt haben, um 12 Prozent zurückgegangen. Noch deutlicher wird dieser Abwärtstrend in der langfristigen Betrachtung: Vor 15 Jahren entfielen noch 35 Prozent aller Innovationsausgaben auf Unternehmen mit bis zu 500 Beschäftigten, heute sind es nur noch 22 Prozent.

Die steuerliche Förderung ist unbürokratisch

Die Bundesregierung hat diese Problematik nun zwar ebenfalls erkannt, will aber lediglich die Ausgaben für die Projektförderung ausweiten. Doch es ist gerade die Projektförderung, die für kleine und mittlere Unternehmen aufgrund des bürokratischen Aufwandes viel zu unattraktiv ist: Allein die Anzahl der Förderprogramme von EU, Bund und den Ländern erscheint schier unendlich. Hinzu kommen Auflagen, Förderkriterien und Themenbeschränkungen, die die Forschungsbürokratie zu einer eigenen Wissenschaft machen. Ohne zusätzlichen Personaleinsatz sind Unternehmen bei der Beantragung von Fördergeldern oftmals chancenlos, und im Gegensatz zu Großunternehmen kann sich der Mittelstand diese Experten nur schwerlich leisten. Bagatellgrenzen schließen kleine Unternehmen mitunter ganz aus. Wir brauchen also nicht mehr Projektmittel, sondern zusätzlich eine unbürokratische und unabhängige Förderung, von der alle profitieren.

In den letzten Jahren gab es international einen klaren Trend hin zur steuerlichen Förderung von Forschungsausgaben. Mittlerweile ermöglichen 27 von 34 OECD-Ländern die indirekte Förderung über das Steuerrecht, innerhalb der Europäischen Union setzen nur Estland und Deutschland keinerlei steuerlichen Anreize. Dabei sind die methodischen Vorteile offensichtlich: Die steuerliche Förderung ist unbürokratisch, da komplizierte Anträge nicht mehr notwendig sind. Sie wirkt sofort, da lähmende Genehmigungsverfahren entfallen. Sie ist branchenoffen, denn der Anspruch auf eine Förderung gilt unabhängig von Art und Inhalt eines Forschungsprojektes. Und es werden mutige Ideen gefördert, an die Unternehmer glauben - und nicht Ideen, auf die die Bundesregierung setzt.

Zukunftsfähigkeit des innovativen Mittelstandes in Gefahr

Die Bundesregierung will die Projektförderung künftig verstärkt an die Forschung in den Bereichen Medizintechnik, Energietechnik und Digitalisierung koppeln. Doch gerade der in Deutschland verschlafene digitale Wandel ist bester Beweis, warum eine Themenbindung bei der Forschungsförderung nicht zukunftsfähig ist: Vor zehn Jahren hat kein Politiker auf die Digitalisierung gesetzt und sie bei der Förderung so hervorgehoben. Diese Entwicklung konnte auch niemand mit Sicherheit voraussagen. Auch heute wissen wir nicht, welches die nächste große Innovation sein wird. Mit einer Verengung der Forschungsförderung auf Themen wird Deutschland deshalb den nächsten technologischen Quantensprung zielsicher verpassen.

Es gibt verschiedenste Wege, steuerliche Anreize zu setzen und Instrumente zu kombinieren, hier kann Deutschland noch viel von seinen europäischen Nachbarn lernen. Nur eines steht jetzt schon fest: Ohne steuerliche Anreize zur Forschungsförderung haben wir in Deutschland einen gravierenden Standortnachteil. Neben zahlreichen Persönlichkeiten aus Wissenschaft und Wirtschaft empfiehlt selbst die von der Bundesregierung eingesetzte 'Expertenkommission Forschung und Innovation' die steuerliche Forschungsförderung. Die Bundesregierung scheint den internationalen Alleingang jedoch fortsetzen zu wollen. Damit wird leichtfertig die Zukunftsfähigkeit des innovativen Mittelstandes aufs Spiel gesetzt.

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