Von Carol Ryan

LONDON (Dow Jones)--Ein alter Konstruktionsfehler in der Gewerbeimmobilienbranche meldet sich zurück. Und diesmal türmt er sich größer und breiter angelegt als früher auf.

Nach Angaben der Europäischen Zentralbank (EZB) verfügten Immobilienfonds in der Eurozone Ende 2022 über ein verwaltetes Vermögen von 1,04 Billionen Euro im Vergleich zu 200 Milliarden Euro im Jahr 2007. Etwa 80 Prozent dieser Fonds sind offen, was den Anlegern die Möglichkeit bietet, sich täglich, wöchentlich oder vierteljährlich Geld auszahlen zu lassen.

Die Fonds halfen der Immobilienbranche, ihre Abhängigkeit von Bankkrediten zu verringern, die nach 2008 eine Zeit lang versiegten. Und die niedrigen Zinssätze ließen auch die Immobilienwerte klettern. Sie machten es zugleich für private und institutionelle Anleger attraktiver, ihr Engagement in Immobilien aufzustocken. "Ein wichtiger Grund dafür ist der Vorstoß der Vermögensverwalter in alternative Strategien", erläutert Rich Hill, Leiter der Immobilienstrategie bei Cohen & Steers.

Aber die Fonds sind schlecht für Abschwünge gerüstet, wenn mehr Anleger ihr Geld zurückfordern. Die Verwalter könnten gezwungen sein, die Entnahmen einzuschränken, bis sie sich durch den Verkauf von Immobilien Barmittel beschaffen. Dies ist vor allem in Großbritannien ein Problem, wo mehrere Fonds, darunter auch die von Blackrock und Schroders verwalteten, seit vergangenem Jahr mit einem so genannten "Gating" belegt sind. Es handelt sich um ein wiederkehrendes Muster.

Großbritanniens offene Immobilienfonds haben seit 2008 bereits viermal ihre Rücknahmen eingeschränkt. Die EZB ist besorgt, dass diese Fonds so groß geworden sind, dass sie "systemische Auswirkungen" auf die Gewerbeimmobilienmärkte haben könnten. Sie besitzen inzwischen 40 Prozent der Gewerbeimmobilien in der Eurozone und damit doppelt so viel wie vor zehn Jahren - auch wenn ein Teil dieses Engagements über Schulden oder Aktienbeteiligungen und nicht den direkten Besitz von Gebäuden erfolgt. Erzwungene Verkäufe durch diese wichtigen Akteure würden die Immobilienbewertungen weiter unter Druck setzen, was sich wiederum auf die Robustheit der Gewerbeimmobilienkredite in den Büchern der Banken auswirken würde.


  Aufseher greifen ein 

Bislang ziehen die Anleger ihr Geld noch nicht in großem Umfang ab, aber maue Renditen könnten dies ändern. Börsennotierte Immobilienaktien sind laut dem MSCI-Europe-Real-Estate-Index im vergangenen Jahr im Durchschnitt um 36 Prozent gefallen, aber die Korrektur bei privaten Fonds verläuft langsamer und steht erst am Anfang. Einige Aufsichtsbehörden haben bereits die Vorschriften darüber verschärft, wie schnell Anleger ihr Geld zurückerhalten können, was dazu beitragen dürfte, das Liquiditätsungleichgewicht zu verringern. Jetzt, da die Fonds so stark wuchsen, sind möglicherweise weitere Kontrollen erforderlich, etwa höhere Gebühren für Abhebungen oder die Aufforderung an die Anleger, längere Kündigungsfristen für die Rücknahme einzuhalten. Dies widerspricht teilweise dem Sinn eines Fonds, aus dem man leicht Geld abheben kann. Die Attraktivität dieser Produkte hat in letzter Zeit gelitten, insbesondere seit bekannte Namen - wie der von Blackstone verwaltete Breit in den USA - die Rücknahme von Geldern eingeschränkt haben. Angesichts steigender Zinssätze könnten anderswo bessere Renditen erzielt werden, ohne dass das Risiko besteht, in eine Falle zu geraten. Mehr Druck von Seiten der Aufsichtsbehörden könnte den Anlegern bald einen weiteren Grund geben, sich von diesen Fonds fernzuhalten.

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April 13, 2023 09:53 ET (13:53 GMT)