Börsen-Zeitung: Potemkin, Kommentar zu RWE von Andreas Heitker

Frankfurt (ots) - Glaubt man RWE, so brechen für das Wind- und

Solargeschäft des Konzerns jetzt ganz neue Zeiten an. Der Verkauf von

Beteiligungen wird gestoppt, eine Expansion in neue Märkte wird

ebenso geprüft wie Zukäufe. Riesige neue Offshore-Projekte stehen auf

der Agenda, wie Vorstandschef Peter Terium jetzt ankündigte. Möglich

machen soll das Ganze die geplante Abspaltung und der anschließende

Börsengang der Zukunftsgeschäfte rund um die Erneuerbaren Energien,

das Netz- und Vertriebsgeschäft. Dieser soll neues Geld für

Investitionen in die Kassen spülen.

Doch Vorsicht! Die Pläne, die Terium hier entwirft, erinnern doch

stark an Potemkinsche Dörfer. Denn die Erneuerbaren sollen für ihr

nun angekündigtes Durchstarten lediglich die Hälfte des IPO-Erlöses

erhalten. Und selbst optimistischen Berechnungen zufolge dürfte so

noch nicht einmal ein mittlerer dreistelliger Millionen-Betrag

zusammenkommen. Und das einmalig. Das ist Geld für eine kleine

Offshore-Beteiligung. Für eine nachhaltige Strategie-Änderung reicht

das aber wohl kaum.

Zudem würden diese zusätzlichen Mittel auch erst im nächsten Jahr

zur Verfügung stehen, da der Börsengang der neuen Konzerngesellschaft

erst Ende 2016 geplant ist. Der aktuelle Investitionsrahmen für die

Renewables-Tochter Innogy wird nicht verändert. Dieser sieht 1 Mrd.

Euro für den Dreijahreszeitraum 2015 bis 2017 vor. Zuvor hatte RWE

die Milliarde jährlich in den Ausbau vor allem von Windparks

gesteckt.

Zugegeben: Der Konzern hat viele Ideen für den Ausbau seines

Portfolios. Die Aussichten für ein starkes Solargeschäft im Nahen und

Mittleren Osten sind hervorragend. Mit Onshore-Parks in den USA

verdient auch Konkurrent Eon schon seit Jahren gutes Geld. Und im

Offshore-Bereich sind viele Großprojekte in der Nordsee noch in der

Entstehungsphase. Doch es fehlt einfach das Geld, um hier überall

aktiv zu werden. Daran ändert auch die Abspaltung von

Geschäftsbereichen nichts.

Etwas Entspannung kommt zwar aus dem operativen Geschäft: Innogy

hat das Betriebsergebnis im vergangenen Jahr auf gut 400 Mill. Euro

mehr als verdoppelt. Dieses liegt aber daran, dass 2015 zwei große

Offshore-Windparks in Großbritannien und Deutschland ans Netz

gegangen sind, für die schon vor Jahren die

Investitionsentscheidungen getroffen wurden. Solche Gewinnsprünge

lassen sich in absehbarer Zeit kaum wiederholen.

Investoren sollen sich von neuen Zeiten, die angeblich anbrechen,

nicht zu viel versprechen.

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