Brüssel/Berlin (Reuters) - Die 27 EU-Staaten bereiten sich auf einen langen Krieg Russlands gegen die Ukraine vor.

Auf dem am Donnerstag in Brüssel begonnenen EU-Gipfel diskutierten sie dabei auch Sicherheitsgarantien für die Ukraine. "Wir müssen uns darauf einstellen, dass das lange dauern kann", sagte Kanzler Olaf Scholz in Brüssel zu dem Krieg. Deshalb müsse die EU vom Gipfel ein Signal senden, dass man die militärische finanzielle, politische und wirtschaftliche Hilfe lange durchhalten könne. Mehrere osteuropäische Regierungschefs erneuerten ihre Forderung, dass die Ukraine nach dem Krieg schnell in die Nato aufgenommen werden sollte.

Die 27 EU-Staats- und Regierungschefs hatten sich zum Auftakt des Gipfels mit Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg getroffen. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj wurde später zugeschaltet. Noch umstritten ist die Frage, ob die EU der Ukraine Sicherheitsgarantien geben wird. Frankreich und Deutschland hatten sich dazu bereit erklärt, ohne Details zu nennen. In dem Entwurf der Gipfel-Erklärung heißt es, die EU und ihre Mitglieder seien bereit, zu künftigen Sicherheitsverpflichtungen gegenüber der Ukraine beizutragen, um "der Ukraine zu helfen, sich langfristig zu verteidigen, Aggressionen abzuwehren und Destabilisierungsversuchen zu widerstehen". Diplomaten zufolge hatte Frankreich den Text vorgeschlagen und erklärt, die Idee sei, auf EU-Initiativen wie einem Fonds zur Finanzierung von Militärhilfe für Kiew und einer Ausbildungsmission für ukrainische Soldaten aufzubauen.

Allerdings gibt es nach Angaben von EU-Diplomaten Widerstand aus zwei Gründen: Ein Teil der EU-Mitgliedstaaten befürwortet Sicherheitsgarantien der Nato und nicht der EU. Der Text löste zudem bei neutralen EU-Mitgliedern Besorgnis aus. "Für uns als neutrale Staaten ist es klar, dass wir solche Sicherheitsgarantien nicht geben können. Österreich, Irland, Malta und Zypern haben deutlich gemacht, dass sie Einwände haben", sagte der österreichische Bundeskanzler Karl Nehammer auf dem Weg zum Gipfel. Die beste Sicherheitsgarantie sei ein Nato-Beitritt der Ukraine nach dem Krieg, sagte der lettische Ministerpräsident Karins.

Vor Beginn des EU-Gipfels hat Scholz scharfe Kritik an den russischen Wagner-Söldnern geübt. "Was Wagner-Söldner im Ukraine-Krieg, was sie in Afrika machen, ist unverantwortlich und unverzeihlich", sagte er in Brüssel. "Da sind viele Verbrechen mit verbunden." Stoltenberg sprach von einer Meuterei in Russland, die "Risse" im Machtsystem von Präsident Wladimir Putin zeige.

Der lettische Ministerpräsident Karins forderte strengere Grenzkontrollen der EU-Staaten zu Russland und Belarus, wo künftig eine unbekannte Anzahl von Wagner-Kämpfern stationiert werden soll. Der litauische Präsident Gitana Nauseda wiederum forderte verstärkte Nato-Unterstützung wegen der Söldner, die er "Serienkiller" nannte. "Niemand weiß, wann sie sich gegen uns wenden", sagte er mit Blick auf die litauisch-belarussische Grenze.

Karins forderte erneut die Beschlagnahmung russischer Vermögenswerte, um den Wiederaufbau der Ukraine zu finanzieren. "Wir müssen eine Rechtsgrundlage finden, um diese Vermögenswerte zu nutzen, damit Russland für den Schaden aufkommen kann, den es in der Ukraine verursacht", sagte er. In der Bundesregierung wird aber gewarnt, dass man Rechtssicherheit für einen solchen Schritt haben müsse. In der EU wurden rund 200 Milliarden Euro der russischen Zentralbank als Reaktion auf die russische Invasion in der Ukraine eingefroren. Außerdem wurden 30 Milliarden Euro an Vermögenswerten russischer Oligarchen beschlagnahmt.

(Bericht von Andreas Rinke, Bart Meijer, Alan Charlish, redigiert von Hans Busemann. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)