(neu: Aussagen aus der Pressekonferenz.)

FRANKFURT (dpa-AFX) - Die deutsche Chemieindustrie hat wegen der Schwäche in den Schwellenländern und dem anhaltenden Preisdruck die Prognosen für das laufende Jahr erneut gekappt. "Der Chemie fehlen positive Impulse - wirtschaftlich wie politisch", sagte der Präsident des Verbandes der Chemischen Industrie (VCI), Marijn Dekkers, am Freitag in Frankfurt. Der Brexit-Entscheid und die großen Schwankungen bei Rohstoffpreisen und Wechselkursen seien "schlechte Rahmenbedingen" für ein solides Wachstum der Branche. Zudem ließen die positiven Wirkungen der niedrigen Ölpreise und des schwachen Euro nach.

Der bevorstehende Austritt Großbritanniens aus der EU werde sicher negative Auswirkungen haben, erklärte Dekkers. Diese ließen sich aber noch nicht abschätzen. Die Unsicherheit sei insgesamt groß. Der ehemalige Bayer-Chef erwartet auch für die zweite Jahreshälfte Gegenwind für die Branche. Der Umsatz in der drittgrößten Industriebranche Deutschlands dürfte im laufenden Jahr um 1,5 Prozent schrumpfen. Im Mai hatte Dekkers die Prognose bereits gesenkt und einen Rückgang um ein Prozent in Aussicht gestellt. Nun kappte er auch die Produktionsprognose.

Der Verband rechnet im laufenden Jahr nur noch mit einem leichten Wachstum der Produktion um 0,5 Prozent. Zuletzt hatte der VCI noch ein doppelt so starkes Wachstum erwartet. Der Umsatz dürfte wegen eines deutlicheren Rückgangs der Chemikalienpreise im laufenden Jahr auf 186 Milliarden Euro schrumpfen. Chemikalien dürften sich dabei wie auch schon zuvor prognostiziert um 2,0 Prozent verbilligen.

Im ersten Halbjahr liefen die Geschäfte der Branche nicht rund. Nach einem guten Jahresauftakt gab es im zweiten Quartal einen Dämpfer. In den ersten sechs Monaten des Jahres stagnierte die Produktion. Auch die Kapazitätsauslastung blieb mit 83,5 Prozent praktisch unverändert. Der Umsatz ging hingegen um 3,5 Prozent auf 90,4 Milliarden Euro zurück. Sowohl das Inlands- als auch das Auslandsgeschäft gaben kräftig nach. Der Preisdruck hielt dabei an: Die Chemikalienpreise sanken um 2,0 Prozent.

Die Unsicherheit und die Investitionsschwäche in Deutschland schlägt sich auch bei der Beschäftigung nieder. Im ersten Quartal war die Zahl der Arbeitsplätze in der Branche erstmals seit 2009 zurückgegangen. Im ersten Halbjahr setzte sich der Trend fort. Die Mitarbeiterzahl schrumpfte um 0,5 Prozent auf 444 000. Die Chemieindustrie ist als Lieferant etwa für die Auto-, Bau- und Konsumgüterindustrie auch ein wichtiger Signalgeber für die Konjunktur./jha/men/enl