--Produktion im Oktober/November um 1,5 Prozent unter Vorquartal

--Umsatz im verarbeitenden Gewerbe sinkt um 1,7 Prozent

--Einzelhandelsumsatz geht um 0,4 Prozent zurück

(NEU: Zusammenfassung mit Kommentaren von Bankvolkswirten und Hintergrund)

Von Hans Bentzien

FRANKFURT (Dow Jones)--Deutschlands Bruttoinlandsprodukt (BIP) ist nach dem Rückgang im dritten Quartal wohl auch im vierten Jahresviertel gesunken. Darauf deuten nach Einschätzung von Bankvolkswirten die bisher veröffentlichten Konjunkturdaten für Oktober und November hin. Das Statistische Bundesamt (Destatis) wird voraussichtlich am nächsten Montag eine informelle Schätzung für die BIP-Entwicklung im Schlussquartal 2023 abgeben.

"Seit einem halben Jahr schrumpft die Produktion Monat für Monat. Im Schlussquartal dürfte damit eine insgesamt rückläufige Wirtschaftsleistung um etwa 0,2 Prozent zu bilanzieren sein", schrieb LBB-Volkswirt Jens-Oliver Niklasch in einem Kommentar zu den November-Produktionszahlen. Die Produktion im produzierenden Sektor war im November um 0,7 Prozent gesunken und lag im Mittel der Monate Oktober und November um 1,5 Prozent unter dem Niveau des dritten Quartals.

Die Umsätze im verarbeitenden Gewerbe sanken sogar um 1,7 Prozent. Schwach zeigten sich sowohl die Industrie im engeren Sinne als auch der Bausektor. Zuwächse gab es alleine in der Energieerzeugung. Die Zahlen zum Auftragseingang machen keine Hoffnungen auf eine Besserung.


   Commerzbank: Konsum hat die Hoffnungen der Optimisten enttäuscht 

"Das deutet ebenso auf ein erneutes Schrumpfen der deutschen Wirtschaft im vierten Quartal hin wie die Einzelhandelsumsätze, die ebenfalls unter dem Niveau des dritten Quartals liegen", kommentierte Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer die Produktionszahlen. Der Konsum habe die Hoffnungen der Konjunktur-Optimisten bisher enttäuscht. Außerdem befänden sich Stimmungsindikatoren wie das Ifo-Geschäftsklima oder die Einkaufsmanagerindizes weiter im Rezessionsbereich.

Die Einzelhandelsumsätze sind im Oktober und November trotz der Erholung der Reallöhne um 0,4 Prozent gesunken, wobei diese Zahlen wegen ihrer Revisionsanfälligkeit noch mit Vorsicht zu genießen sind. Einen gewissen Trost könnte der Außenhandel spenden, traditionell eine Stütze der deutschen Industrie. Tatsächlich entwickelten sich die Exporte im November (plus 3,7 Prozent) besser als erwartet, doch ist diese Zahl noch nicht preisbereinigt.


   ING: Dezember-Daten könnten noch schlechter ausfallen 

So erwartet denn auch Carsten Brzeski, der Europa-Chefvolkswirt von ING, einen "kleinen BIP-Rückgang" für das vierte Quartal, zumal nach seiner Einschätzung die Dezember-Daten eher noch schlechter ausfallen werden. Er nimmt an, dass im letzten Monat des Jahres schon erste Auswirkungen der fiskalischen Probleme zu sehen sein werden. Zudem sei das Weihnachtsgeschäft im Einzelhandel wohl schwach gewesen, und wie bekannt habe es Unterbrechungen bei der Passage des Suez-Kanals gegeben.

Wenn Destatis am Montag nächster Woche mitteilt, wie sich das BIP im vollen Jahr 2023 entwickelt hat, dürften die Statistiker auch eine informelle Schätzung für das vierte Quartal abgeben. Das wiederum wäre mit einer Annahme zum statistischen Unterhang für 2024 verbunden. Das ist die Rate, mit der das BIP im Jahresdurchschnitt 2024 gegenüber 2023 sinken würde, wenn es von Quartal zu Quartal unverändert bliebe. Bisher hatten manche Analysten wahrscheinlich mit einem Überhang gerechnet.

Commerzbank-Chefvolkswirt Krämer geht davon aus, dass in nächster Zeit einige Konjunkturbeobachter ihre BIP-Prognosen für 2024 werden senken müssen.

Kontakt zum Autor: hans.bentzien@dowjones.com

DJG/hab/rio

(END) Dow Jones Newswires

January 09, 2024 05:28 ET (10:28 GMT)