Von Britta Becks

FRANKFURT (Dow Jones)--Wenn der Gesundheitskonzern Fresenius und seine Dialyse-Tochter Fresenius Medical Care (FMC) am Mittwoch ihre Viertquartals- und Gesamtjahreszahlen vorlegen, hoffen Investoren einmal mehr auf wegweisende Neuigkeiten, wie die Gewinnerosion bei den beiden DAX-Konzerne gestoppt und eine nachhaltige Trendwende herbeigeführt werden soll. Nachdem die früheren Konzernchefs der Fresenius SE & Co. KGaA und der Fresenius Medical Care AG & Co. KGaA die Jahresziele mehrfach nach unten korrigieren mussten, dürften die Anleger auch gespannt darauf sein, wie weit sich die neuen Konzernlenker mit Blick auf die Ziele für dieses Jahr aus dem Fenster lehnen.


Themen, die bei Anlegern im Fokus stehen 

TURNAROUND: Für einen ersten Paukenschlag hatte Fresenius bereits vergangene Woche gesorgt, als der Bad Homburger Konzern ankündigte, eine Dekonsolidierung von FMC zu prüfen. Ein möglicher Schritt wäre die Umwandlung der Fresenius Medical Care AG & Co. KGaA in eine Aktiengesellschaft. Denn obwohl die Fresenius SE & Co. KGaA nur rund 32 Prozent der FMC-Aktien hält, muss sie FMC voll konsolidieren, da Fresenius wegen der Rechtsform von FMC als Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA) die volle Kontrolle über FMC hat.

Der seit Anfang Oktober amtierende Fresenius-Chef Michael Sen hat also Ernst gemacht und eine konsequente Neuausrichtung angestoßen. Nach der neuerlichen Gewinnwarnung Ende Oktober hatte der neue Konzernchef seine Entschlossenheit bekräftigt, den Gesundheitskonzern wieder auf Kurs zu bringen und ihn dabei konsequent auf Rentabilität zu trimmen. Das komplette Portfolio sollte im Zuge dessen auf den Prüfstand kommen. "Wir überprüfen jedes Geschäft von Grund auf von oben nach unten", hatte Sen angekündigt und versprochen, dabei ohne Abstriche bei der Sorgfalt aufs Tempo zu drücken.

Zuletzt hatte die am 1. September angetretene neue Finanzchefin Sara Hennicken in einem Zeitungsinterview auf größere Umbauten bei Fresenius eingestimmt - ein Prozess, bei dem nach ihren Worten auch die Kapitalallokation eine entscheidende Rolle spielt. Fresenius stehe dabei vor der Herausforderung, dass die Verschuldung oberhalb des Zielkorridors liege. "Insofern ist der finanzielle Spielraum nicht so groß, wie wir ihn uns für volle strategische Flexibilität wünschen würden", sagte Hennicken Ende Januar der Börsen-Zeitung. "Wir müssen uns entscheiden, wo wir unser Kapital einsetzen, um profitable strategische Wachstumsfelder zu stärken und zu erschließen. Den Return-Fokus gilt es auf der Finanzseite zu unterstützen."

RÜCKBLICK UND AUSBLICK: Nachdem Mutter- und Tochtergesellschaft ihre Ergebnisziele für das vergangene Jahr Ende Oktober einmal mehr nach unten anpassen mussten, rechnet Analyst Falko Friedrichs von Deutsche Bank Research damit, dass beide Bad Homburger Konzerne ihre abgespeckten Ziele erreicht haben, wobei er bei FMC davon ausgeht, dass der Dialysedienstleister am oberen Ende seiner Ergebnisspanne landet. FMC hatte für das Gesamtjahr 2022 zuletzt einen Rückgang des Konzernergebnisses im hohen Zehner- bis mittleren Zwanziger-Prozent-Bereich in Aussicht gestellt. Ursprünglich wollte FMC nach der langen Corona-Durststrecke im vergangenen Jahr eigentlich zu Gewinnwachstum zurückkehren.

Die Muttergesellschaft Fresenius hatte für das vergangene Jahr zuletzt einen Rückgang des währungsbereinigten Konzernergebnisses um die 10 Prozent prognostiziert. Zwar geht Analyst Friedrichs hier wie bei FMC von einem schwachen Schlussquartal aus, doch dürfte das vierte Quartal von Fresenius seiner Einschätzung nach nichtsdestotrotz gut genug für ein Erreichen der Jahresziele gewesen sein.

Mit Blick auf das laufende Jahr ist Analyst Friedrichs pessimistisch und sagt für FMC einen enttäuschenden Ausblick für 2023 und für die Muttergesellschaft einen voraussichtlich enttäuschenden Jahresausblick voraus. FMC, die größte und stark in den USA präsente Tochter des Fresenius-Konzerns, dürfte unverändert unter dem anhaltenden Arbeitskräftemangel in den USA und der hohen Inflation zu leiden haben.

PERSONELLE KONTINUITÄT: Bei FMC ging es zuletzt personell drunter und drüber: Nach gerade mal zwei Monaten im Amt nahm Carla Kriwet Anfang Dezember schon wieder ihren Hut - "aufgrund von strategischen Differenzen", wie es zur Begründung hieß. An die Konzernspitze rückte die Finanzvorständin und stellvertretende CEO Helen Giza vor. Giza ist seit 2022 bei FMC auch Chief Transformation Officer und leitet das Transformationsprogramm FME25. Sie soll in Personalunion Finanzvorständin bleiben, bis ihre Nachfolge geregelt ist. Kriwet war vom früheren Fresenius-Vorstandsvorsitzenden Stephan Sturm als Nachfolgerin des langjährigen FMC-CEO Rice Powell, der die für den Vorstand geltende Altersgrenze erreicht hatte, an Bord geholt werden. Sturm selbst hatte die FMC-Mutter jedoch Ende September nach einer neuerlichen Gewinnwarnung verlassen und wurde von Kabi-Chef Michael Sen beerbt.

Nachfolgend eine Auswertung der Prognosen von Analysten zum vierten Quartal und für das Gesamtjahr 2022:


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Fresenius SE 
.                                 PROG  PROG PROG 
4. QUARTAL                        4Q22  ggVj Zahl    4Q21 
Umsatz                          10.661   +7%   12   9.966 
EBIT*                            1.053  -10%   12   1.166 
EBIT-Marge*                        9,9    --   --    11,7 
Ergebnis nach Steuern/Dritten*     471  -10%   11     521 
Ergebnis je Aktie*                0,85  -10%   11    0,94 
 
.                                 PROG  PROG PROG 
GESAMTJAHR                        Gj22  ggVj Zahl    Gj21 
Umsatz                          40.858   +9%   12  37.520 
EBIT*                            4.005   -6%   12   4.252 
EBIT-Marge*                        9,8    --   --    11,3 
Ergebnis nach Steuern/Dritten*   1.755   -6%   11   1.867 
Ergebnis je Aktie*                3,14   -6%   11    3,35 
Dividende je Aktie                0,82  -11%   14    0,92 
 
.                                 PROG  PROG 
GESAMTJAHR                        Gj23  Zahl 
Umsatz                          42.351    11 
EBIT*                            3.854    11 
EBIT-Marge*                        9,1 
Ergebnis nach Steuern/Dritten*   1.662    10 
Ergebnis je Aktie*                2,97    10 
Dividende je Aktie                0,84    14 
 
 
Fresenius Medical Care (FMC) 
4. QUARTAL                       4Q22  ggVj  Zahl    4Q21 
Umsatz                          5.070   +9%    15   4.647 
EBIT                              348  -22%    13     449 
EBIT-Marge                        6,9    --    --     9,7 
Ergebnis nach Steuern/Dritten     147  -36%    13     229 
Ergebnis je Stammaktie           0,51  -35%    13    0,78 
 
.                                PROG  PROG  PROG 
GESAMTJAHR                       Gj22  ggVj  Zahl    Gj21 
Umsatz                         19.471  +11%    15  17.619 
EBIT                            1.509  -19%    13   1.852 
EBIT-Marge                        7,7    --    --    10,5 
Ergebnis nach Steuern/Dritten     681  -30%    13     969 
Ergebnis je Stammaktie           2,33  -30%    13    3,31 
Dividende je Aktie               1,07  -21%    11    1,35 
 
.                                PROG  PROG 
GESAMTJAHR                       Gj23  Zahl 
Umsatz                         19.798    15 
EBIT                            1.465    13 
EBIT-Marge                        7,4    -- 
Ergebnis nach Steuern/Dritten     635    12 
Ergebnis je Stammaktie           2,13    13 
Dividende je Aktie               0,95    11 
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ERLÄUTERUNGEN:

* vor Sondereinflüssen

- alle Angaben in den Tabellen in Millionen Euro, Ausnahme Ergebnis und Dividende je Aktie in Euro, Marge in Prozent

- Bilanzierung nach IFRS

- Quellen: Angaben des Unternehmens. Prognosen von Vara Research (Stand: 9. Februar 2023).

- ggVj = Veränderung in Prozent gegenüber dem entsprechenden Vorjahreszeitraum

- das Geschäftsjahr entspricht dem Kalenderjahr

- alle Angaben ohne Gewähr

Kontakt zum Autor: unternehmen.de@dowjones.com

DJG/brb/jhe

(END) Dow Jones Newswires

February 16, 2023 09:00 ET (14:00 GMT)