HAMBURG (dpa-AFX) - Nach der Regierungserklärung von Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) zum umstrittenen Einstieg der Reederei MSC beim Hamburger Hafenlogistiker HHLA geht es am Mittwoch mit einer Anhörung in die Ausschussberatungen der Hamburgischen Bürgerschaft. Als "Auskunftspersonen" in der gemeinsamen Sitzung des Ausschusses für öffentliche Unternehmen und des Wirtschaftsausschusses (14.00 Uhr) sind der frühere Präsident des Unternehmensverbands Hafen Hamburg Gunther Bonz, die Vorsitzende des DGB Nord, Laura Pooth, sowie Kai Gerullis von der Handelskammer Hamburg geladen.

Ebenfalls ihre Einschätzung abgeben sollen Christoph Kumpan von der Bucerius Law School, Dörte Fouquet von der Anwaltskanzlei Becker Büttner Held, der Geschäftsführer der HSP Hamburg Invest GmbH, Joachim Seeler, sowie der Geschäftsführer des Londoner maritimen Forschungsberatungsunternehmens Drewry, Tim Power.

Linksfraktion unzufrieden mit vorgelegten Dokumenten

Sie alle sollen die Vor- und Nachteile des Deals erläutern und den Abgeordneten eine Entscheidungshilfe sein, wenn das Parlament voraussichtlich Ende Mai abschließend über das Geschäft entscheidet. Noch vor Beginn der Expertenanhörung kritisierte der Hafenexperte der Linksfraktion, Norbert Hackbusch, dass die geladenen Gäste keinen Einblick in die wesentlichen Verträge erhielten, sondern mit der öffentlichen Drucksache vorliebnehmen müssten: "Wie sollen die Expert*innen vertiefte Kenntnisse darstellen, wenn sie die Verträge, die dem MSC-Deal zur Grundlage dienen, nicht einsehen dürfen?"

Hamburgs rot-grüner Senat will die Mediterranean Shipping Company (MSC) mit Sitz in Genf bei der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) mit an Bord holen, um den Containerumschlag zu stabilisieren. Die Stadt und das der italienischen Reederfamilie Aponte gehörende Unternehmen sollen die HHLA künftig als Gemeinschaftsunternehmen führen, bei dem die Stadt eine Mehrheit von 50,1 Prozent hält. Bislang gehören der Stadt rund 70 Prozent der börsennotierten HHLA.

Im Gegenzug will die weltgrößte Reederei MSC ihre Deutschlandzentrale in Hamburg bauen, das Ladungsaufkommen im Hafen von 2025 an erhöhen und bis 2031 auf eine Million Standardcontainer (TEU) pro Jahr steigern. Zudem wollen MSC und die Stadt das Eigenkapital der HHLA um 450 Millionen Euro erhöhen. Zuletzt musste der Hafen Rückschläge hinnehmen. So sank der Umschlag von Seegütern im vergangenen Jahr im Vergleich zu 2022 um 4,7 Prozent auf 114,3 Millionen Tonnen - der niedrigste Wert seit 2009.

Dramatisch die Lage auch beim wichtigen Containerumschlag: Dort verlor der Hamburger Hafen nach Angaben von Hafen Hamburg Marketing innerhalb von zwei Jahren eine Million TEU. So gingen 2023 den Angaben zufolge 7,7 Millionen TEU über die Kaikanten, nach 8,3 Millionen TEU im Jahr zuvor und noch 8,7 Millionen TEU im Jahr 2021. Auch das ist der schlechteste Wert seit 2009, als 7,0 Millionen TEU umgeschlagen wurden. Das bislang beste Jahr erlebte der Hamburger Hafen 2007 mit einem Containerumschlag von 9,9 Millionen TEU.

Tschentscher hatte in seiner Regierungserklärung am vergangenen Mittwoch noch einmal für den Deal geworben und die Abgeordneten um eine Entscheidung gebeten, "die neue Perspektiven für die Hafenwirtschaft eröffnet - neue Perspektiven für den Anschluss unseres Hafens an die Entwicklungen im weltweiten Seeverkehr und für die Stärkung der Hamburgs als internationale Wirtschaftsmetropole". Bislang lehnt die Opposition aus CDU, Linken, AfD und FDP den Plan des Senats zur Stabilisierung des Hafens jedoch geschlossen ab.

Auch bei der Gewerkschaft Verdi und den Hafenarbeitern gibt es erhebliche Widerstände. Bereits zwei Mal sind Beschäftigte aus Protest gegen den Deal auf die Straße gegangen, einmal vor zwei Wochen mit rund 500 Teilnehmern und einmal im September 2023 mit rund 2500 Teilnehmern. Außerdem hatten im November HHLA-Beschäftigte aus Protest in einem wilden Streik einen Tag die Arbeit niedergelegt./klm/DP/zb