Zürich (awp) - Für den CEO des Vermögensverwalters Julius Bär, Boris Collardi, fehlt in der Schweiz eine Institution, die den Finanzplatz im Ausland fördert. "Wenn es eine solche hätte, käme es vielleicht wieder zu neuen Gründungen", sagte Collardi in einem Interview mit der "Neuen Zürcher Zeitung" (NZZ) vom Mittwoch.

Eine kohärente Finanzplatzstrategie müsse von der Politik und den Vertretern des Finanzplatzes gemeinsam verantwortet werde. "Zum Kreis der potenziellen Akteure zählen die Bankiervereinigung, die Aufsichtsbehörde Finma, die SNB und das Staatssekretariat für internationale Finanzfragen (SIF)", so Collardi. Ein erster Schritt sei mit der Einführung der Brunetti-Kommission vor zwei Jahren erfolgt.

"Ich gehe davon aus, dass wir in den nächsten fünf Jahren mit 90% bis 95% aller unserer Gegenparteien die Vergangenheit regularisiert und eine Vereinbarung zum automatischen Informationsaustausch unterschrieben haben werden", so der Bär-CEO weiter. Bis dahin müsse die Schweiz auch den Zugang zu den wichtigsten Exportmärkten realisiert haben.

"Der freie Marktzugang ist absolut unerlässlich, und zwar auch für inländisch ausgerichtete Banken", betonte er. Dabei möge der Zugang zu asiatischen Märkten von der Schweiz aus nicht vordringlich sein. "Aber für europäische Länder ist er unabdingbar, wenn wir die Arbeitsplätze und Steuererträge sowie den grössten Teil der Wertschöpfungskette in der Schweiz halten wollen."

Die Schweiz werde auch nicht herumkommen, gewisse europäische Standards zu übernehmen oder zumindest "in ihrer Wirkung äquivalente Regulierungen" einzuführen. Beispielhaft dafür sei das Fidleg. "Man kann sich heute nicht gegen mehr Transparenz und Konsumentenschutz stellen", sagte Collardi.

Insgesamt ist das Verständnis zwischen der Bankbranche und der Politik nach Ansicht des Bär-CEO wieder gewachsen. Die Millionensaläre in der Bankbranche erachte er dort als stossend, wo sie sich von der ökonomischen Realität eines Unternehmens abkoppelten. "Die Tendenz bei den Salären zeigt denn auch abwärts", gab er sich überzeugt. Sein eigenes Salär - 2015 verdiente Collardi rund 6,2 Mio CHF - lege er nicht selber fest. "Persönlich kann ich nur sagen, dass ich tatsächlich mehr verdiene, als ich zum Leben brauche."

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