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BAD HOMBURG (dpa-AFX) - Die Einkaufstour geht weiter: Erst vor wenigen Wochen hat der Medizinkonzern Fresenius mit der 5,76 Milliarden Euro teuren Übernahme des spanischen Krankenhauskette Quirónsalud den größten Zukauf in seiner bisherigen Unternehmensgeschichte abgeschlossen. Nun schlagen die Bad Homburger wieder zu. So übernimmt die Flüssigmedizintochter Kabi für 4,75 Milliarden Dollar inklusive Schulden den US-amerikanischen Generikahersteller Akorn, wie Fresenius am späten Montagabend mitteilte. Außerdem steigt der Dax-Konzern über den Kauf des Biosimilars-Bereichs des Darmstädter Pharma- und Chemiekonzerns Merck KGaA in das Geschäft mit Nachahmermitteln von biopharmazeutisch hergestellten Arzneien ein.

Über den Kauf des Akorn-Konzerns, der fast ausschließlich in den USA ein breites Produktangebot über intravenös zu verabreichende Arzneimitteln, Cremes, Salben bis hin zu Flüssigmedikamenten vertreibt, war bereits seit längerem spekuliert worden. Für Branchenexperten bot die Nachricht daher keine großen Überraschungen. An der Börse zeigte sich die Fresenius-Aktie am späten Dienstagmorgen mit einem moderaten Aufschlag von 0,23 Prozent auf 75,72 Euro recht unauffällig. Das Merck-Papier profitierte hingegen spürbar von dem Verkauf des Biosimilars-Bereichs und verteuerte sich an der Dax-Spitze um mehr als zweieinhalb Prozent auf 107,35 Euro.

EXPERTEN SEHEN AKORN-ÜBERNAHME POSITIV

Analyst Oliver Metzger von der Commerzbank lobte indes die Übernahme von Akorn, mit der die Produktpipeline der Sparte Kabi im Generika-Geschäft umfassend ergänzt und gestärkt werde. Zudem habe Fresenius einen niedrigeren Kaufpreis herausgeschlagen als gedacht. Mehr Bauchschmerzen bereitete den Beobachtern dagegen der Einstieg in das Biosimilars-Geschäft, aus dem sich Fresenius lange herausgehalten hatte und in dem die Konkurrenz entsprechend Vorsprung hat. Es sei fraglich, ob sich die Bad Homburger mit diesem Schritt einen Gefallen täten, sagte ein Händler. Für Merck sei der Verkauf aber in jedem Fall positiv.

Merck hatte das Biosimilars-Geschäft im Jahr 2012 gegründet, dort bislang aber keine Umsätze erwirtschaftet. Der Konzern hatte den Bereich zum Verkauf gestellt, um sich auf seine inzwischen wieder vielversprechende Pipeline mit Eigenmarken zu konzentrieren. Erst vor kurzem war den Darmstädtern mit dem Antikörper Avelumab zur Krebsimmuntherapie mit einem ersten Zulassungserfolg in den USA der entscheidende Durchbruch gelungen.

Fresenius Kabi will nun das Biosimilars-Geschäft in Partnerschaft mit Merck weiter vorantreiben und erwartet erste Umsätze gegen Ende 2019. Dafür zahlt Kabi einen Kaufpreis von bis zu 670 Millionen Euro. Dabei fließen in einem ersten Schritt 170 Millionen Euro direkt nach der für das zweite Halbjahr erwarteten Übernahme. Hinzu kommen mögliche Meilensteinzahlungen von bis zu 500 Millionen Euro. Merck soll zudem umsatzbezogene Zahlungen im einstelligen Prozentbereich erhalten.

AKORN-AKTIONÄRE MÜSSEN NOCH ZUSTIMMEN

Den Abschluss der Übernahme des US-Generikaherstellers Akorn peilt Fresenius Kabi bis Anfang 2018 an. Dafür müssen in den USA allerdings noch Regulierungsbehörden sowie die Akorn-Aktionäre zustimmen, die 34 Dollar je Anteilsschein erhalten sollen. Das Akorn-Papier war beflügelt durch die Spekulationen in den vergangenen zwei Wochen zeitweise bis auf über 35 Dollar geklettert. Am Vorabend lag der Schlusskurs bei 32,85 Dollar. Akorn ist überwiegend in der Hand institutioneller Investoren. Größter Aktionär mit einem Anteil von rund 25 Prozent ist Akorn-Gründer und Verwaltungsratschef John Kapoor, der laut Fresenius einen Verkauf seiner Anteile signalisiert hat.

Die neuen Zukäufe stehen ganz im Einklang mit der Strategie des erst seit dem vergangenen Juli amtierenden Fresenius-Chefs Stephan Sturm. Dieser will das Wachstumstempo für den Konzern in den kommenden Jahren hoch halten und setzt dabei auf gezielte Übernahmen./tav/men/stb