Von Matthias Goldschmidt

FRANKFURT (Dow Jones)--Die Versicherungsunternehmen müssen sich auf zunehmende Schäden aus Unwettern einstellen. "Es gab 2023 die Auffälligkeit und den Rekord, dass sogenannte Schwergewitter (Convective Storms) eine neue Rekordschadensumme erreicht haben", sagte Ernst Rauch, Chefklimatologe der Munich Re, anlässlich der Veröffentlichung der Naturkatastrophenbilanz des Rückversicherers im Gespräch mit Dow Jones Newswires. Der Trend zeige nach oben.

Anders als 2022 - als der Hurrikan "Ian" versicherte Schäden von rund 60 Milliarden Dollar verursachte - wurde das vergangene Jahr nicht von einem für die Versicherungsbranche teuren Einzelereignis geprägt, sondern von vielen regionalen Unwettern. Allein in den USA fielen Schäden in Höhe von 50 Milliarden US-Dollar aus Gewitterstürmen an. In Europa waren es 8 Milliarden.

"Das ist zunächst eine Auffälligkeit auf Jahresbasis", sagte Rauch. "Und wenn man das in einen längerfristigen Kontext bringt, dann erkennen wir aus unseren Daten, die wir seit den Siebzigerjahren erheben, gerade bei diesem Gefährdungstyp den eindeutigsten Schadentrend nach oben." Das sei eine zentrale Lehre aus 2023.

"Jetzt ist die Erfahrung - und das ist das Ausrufezeichen 2023 -, dass diese bisher als 'Non-Peak-Perils', d.h. als sekundär betrachteten Ereignisse, erkennbar in der Dimension als Großschadenspotenziale gesehen werden müssen. Daran kommt man nun nicht mehr vorbei", mahnte Rauch. Er bezeichnete es als "sehr wahrscheinlich", dass beim Trend zu immer mehr Schäden "der Klimawandel eine Rolle spielt".


   Anpassung erforderlich 

Erforderlich seien mit Blick auf die höhere Gefährdung und auch ganz aktuell auf das Hochwasser in Norddeutschland Anpassungen. "Die Gesamtgesellschaft muss sich darüber im Klaren sein, dass die Anpassung an immer mehr und immer intensivere Wetterereignisse ein 'To-do' ist, wenn man vermeiden will, dass ökonomische Schäden und damit auch versicherte Schäden immer weiter ansteigen - das ist im gesamtgesellschaftlichen Interesse", sagte Rauch.

Die Wetterkatastrophen 2023 wurden von hohen Temperaturen begünstigt. Eine Rolle dabei spielte dabei neben dem Klimawandel auch das El-Nino-Phänomen, das sich auf Wetterextreme in vielen Regionen der Welt auswirkt. El Nino werde höchstwahrscheinlich bis zur Jahresmitte abklingen, schreibt die Munich Re in ihrem Bericht. Australien könne daher insgesamt auf eine milde Wirbelsturmsaison hoffen, die bis Ende April andauert.

Rauch gibt allerdings zu bedenken, dass das nicht zwangsläufig zu sein muss. "Nun ist es so, dass in Australien ein El-Nino-Jahr typischerweise zu einer besonders trockenen Situation führt", sagte er. "Wir hatten jetzt gerade durch einen tropischen Zyklon aber sehr hohe Niederschläge und entsprechende Überschwemmungen, was eigentlich nicht zu El Nino passen würde."

Das Überschwemmungsrisiko in Australien könnte in der zweiten Jahreshälfte steigen, falls sich El Nino in das Gegenstück La Nina umdreht, so die Munich Re. Darüber hinaus seien die Prognosen für die Entstehung von Wirbelstürmen in der zweiten Jahreshälfte, die oftmals von großer Bedeutung für das Geschäftsjahr der Rückversicherungsbrache sind, unsicher.

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DJG/mgo/kla

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January 09, 2024 02:30 ET (07:30 GMT)