Zürich (awp) - Der monatelange Streit zwischen Nestlé und europäischen Detailhändlern könnte bald vorbei sein. Unterhändler beider Seiten haben sich laut einem Bericht der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" Ende vergangener Woche in den Verhandlungen um Rabatte und Konditionen auf einen Kompromiss verständigt. Die Aktie des Nahrungsmittelherstellers tendiert nach Bekanntgabe dieser Neuigkeit unauffällig.

Unterschrieben sei eine entsprechende Vereinbarung noch nicht, doch werde mit Hochdruck in den kommenden Tagen über die Details eines neuen Einkaufsvertrages zwischen dem grössten Nahrungsmittelhersteller der Welt und dem europäischen Händlerverbund Agecore verhandelt, hiess es in dem Bericht vom Dienstag weiter. Zu Agecore gehören nebst Edeka aus Deutschland auch Coop aus der Schweiz oder Intermarché aus Frankreich.

Die Detailhändler hatten sich verbündet, um Nestlé zu Zugeständnissen bei Preisen und Konditionen zu zwingen und so ihre Kosten im Einkauf zu senken. Zusammen wickeln die Mitglieder des Einkaufsklubs rund zwei Milliarden Euro Umsatz mit Nestlé ab.

UNTERNEHMEN WOLLEN NICHT KOMMENTIEREN

"Nestlés Manager waren in zentralen Punkten zu Konzessionen bereit", habe ein Teilnehmer den jüngsten Verlauf der zuvor über Monate zäh verlaufenden Gespräche umschrieben, so die FAZ. Gemeint ist der Zeitung zufolge angeblich die Bereitschaft, sich an von Edeka geforderten gemeinsamen Werbeaktionen finanziell stärker als bisher zu beteiligen oder aber für eine besondere Platzierung im Warenregal separat zur Kasse gebeten zu werden.

Sprecher von Edeka und Nestlé wollten den Stand der Verhandlungen gegenüber der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" nicht kommentieren. Auf Anfrage von AWP erklärte auch Coop, man wolle sich zu den laufenden Verhandlungen "derzeit nicht weiter äussern".

ANALYSTEN WARNEN VOR SIGNALWIRKUNG

Aus Sicht der Analysten der Zürcher Kantonalbank ist es grundsätzlich begrüssenswert, wenn tatsächlich bald eine Einigung im Streit gefunden werden sollte. Allerdings könnte der Kompromiss gerade aus Sicht von Nestlé aufgrund der Konzessionen bei Werbung oder Regalpositionierungen teuer erkauft sein.

"Falls dies tatsächlich zutreffen sollte, wäre dies negativ für Nestlé und die gesamte Nahrungsmittelindustrie zu werten", schreibt der zuständige ZKB-Analyst in einem Kommentar. Es würde sich nämlich um einen Beweis dafür handeln, dass Detailhändler trotz der wieder besser laufenden Konjunktur Nahrungsmittelproduzenten erfolgreich unter Druck setzen können.

Diese Signalwirkung würde auch Detailhändler ausserhalb von Agecore dazu ermuntern, Konditionen neu auszuhandeln, so das Fazit. Die Kantonalbank belässt ihr Rating der Nestlé-Aktie denn auch bei "Untergewichten".

Die Nestlé-Aktien gehören am Dienstag in einem insgesamt positiven Markt zu den wenigen leicht rückläufigen Bluechips. Wenige Minuten nach Handelsstart notieren die Titel mit 0,3% im Minus - während der Gesamtmarkt gemessen am SMI um 0,2% zulegt.

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