--Erste Steinkohlekraftwerke gehen noch im Dezember vom Netz

--Erste deutsche Steinkohleauktion war überzeichnet

--Zuschlagssumme lag bei insgesamt 317 Millionen Euro

--RWE alleine mit 216 Millionen Euro dabei

--Altmaier: Es gab echten Wettbewerb unter den Bietern

(Neu: Reaktion, Hintergrund)

Von Andrea Thomas und Hans-Joachim Koch

BERLIN (Dow Jones)--Die Bundesnetzagentur hat bei der ersten deutschen Steinkohleauktion ein hohes Interesse verzeichnet und die ersten Genehmigungen für die Stilllegung von Kraftwerken erteilt. Die Gesamtsumme der Zuschläge betrug rund 317 Millionen Euro, wovon alleine RWE eine Zahlung von 216 Millionen Euro erhalten wird.

Die Runde für die ausgeschriebene Menge von 4 Gigawatt (GW) Steinkohleleistung war laut Bundesnetzagentur deutlich überzeichnet. Elf Gebote mit insgesamt 4.788 Megawatt (MW) haben den Zuschlag erhalten. Das größte bezuschlagte Gebot hat eine Leistung von 875 MW (Uniper Kraftwerk Heyden), das kleinste liegt bei 3,6 MW (Kraftwerk der Südzucker-Zuckerfabrik Brottewitz).

"Der durchschnittliche Zuschlagswert liegt deutlich unter dem gesetzlichen Höchstpreis" (von 165.000 Euro pro MW), sagte Jochen Homann, Präsident der Bundesnetzagentur. Die bezuschlagten Gebote reichten von 6.047 bis 150.000 Euro pro MW, wobei jeder erfolgreiche Bieter einen Zuschlag in Höhe seines individuellen Gebotswerts erhielt. Der mengengewichtete durchschnittliche Zuschlagswert habe bei 66.259 Euro pro MW gelegen.

Auf RWE Generation entfielen mehr als zwei Drittel der Zuschlagssumme. Sie erfolgten für den 800-MW-Block E des Kraftwerks Westfalen in Hamm und den gleich großen Block B des Kraftwerks Ibbenbüren. Weitere größere Anlagen für die Stilllegung sind zwei 800-MW-Heizkraftwerkblöcke von Vattenfall in Hamburg-Moorburg.

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier lobte, dass damit wie geplant noch in diesem Jahr die ersten Kohlekraftwerke mit einer Gesamtkapazität von 4 Gigawatt vom Netz gehen können. Deutschland will bis spätestens 2038 alle Kohlekraftwerke stilllegen. "Es ist erfreulich, dass die erste Ausschreibungsrunde überzeichnet war. Das zeigt, dass es einen echten Wettbewerb unter den Bietern gab", erklärte Altmaier.

Die Menge von 4 GW hatte die Bundesnetzagentur in einer ersten Runde im September zur Reduktion ausgeschrieben. Dabei wetteiferten die Kraftwerksbetreiber um eine Prämie - derjenige mit dem niedrigsten Gebot erhielt nun den Zuschlag für die Stilllegung.


   Ab Januar keine Vermarktung am Strommarkt 

Die Anlagen, die einen Zuschlag erhalten haben, dürfen ab dem 1. Januar 2021 die durch den Einsatz von Kohle erzeugte Leistung nicht mehr am Strommarkt vermarkten, so die Bundesnetzagentur.

Die Übertragungsnetzbetreiber würden nun die Systemrelevanz für die Anlagen prüfen. Gegebenenfalls stellten sie entsprechende Anträge bei der Bundesnetzagentur. Falls diese die sogenannte Systemrelevanzausweisung einer Anlage genehmigt, steht diese als Netzreserve in kritischen Situationen zur Absicherung zur Verfügung. Sie darf damit keinen Strom am Strommarkt mehr verkaufen, erklärte die Bundesnetzagentur.

Der nächste Ausschreibungstermin ist für den 4. Januar 2021 geplant. Insgesamt finden noch bis 2026 Ausschreibungen zur Stilllegung statt. Im Gegenzug zur Stilllegung erhalten Steinkohlekraftwerksbetreiber eine Kompensation. Im Zeitraum 2027 bis 2038 findet die Stilllegung dann rein ordnungsrechtlich, ohne Kompensationen statt.

Für den BDEW Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft hat mit der ersten Ausschreibungsrunde der endgültige Ausstieg aus der Kohleverstromung in Deutschland begonnen. Doch der BDEW ist nicht mit allen Aspekten zufrieden. "Sehr kritisch sehen wir weiterhin, dass es grundsätzlich möglich bleibt, Kraftwerke per Ordnungsrecht entschädigungsfrei stillzulegen", erklärte Kerstin Andreae, Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung.

Auch die Streichung der Ausschreibungsrunde für 2027 als Grundlage für die beihilferechtliche Genehmigung der EU-Kommission sei sehr kritisch zu bewerten.

Zudem müsse die Bundesregierung noch mehr tun, um mit dem Ausbau der Erneuerbaren Energien und dem Bau von Gas-KWK-Ersatzbauten die notwendigen Ersatzkapazitäten für den Kohleausstieg zu schaffen. "Die bisher verabschiedeten Regelungen reichen dafür nicht aus, hier muss dringend nachgesteuert werden", erklärte Andreae.

(Mitarbeit: Petra Sorge)

Kontakt zur Autorin: andrea.thomas@wsj.com

DJG/aat/smh

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December 01, 2020 10:23 ET (15:23 GMT)