FRANKFURT (awp international) - Eine deutlich zugespitzte geopolitische Lage im Nahen Osten hat den deutschen Aktienmarkt am Freitag weit ins Minus befördert. Der Dax verlor zeitweise bis zu 2 Prozent an Wert und notierte zuletzt 1,30 Prozent tiefer bei 13 212,25 Punkten. Tags zuvor hatte der deutsche Leitindex den höchsten Stand seit Anfang 2018 nur haarscharf verpasst. Für die zu Ende gehende Woche zeichnet sich damit ein Dax-Verlust von rund 1,3 Prozent ab.

Der MDax der mittelgrossen Werte fiel am Freitagnachmittag um 0,73 Prozent auf 28 398,57 Punkte. In Europa verlor der EuroStoxx 50 zuletzt rund 0,7 Prozent.

Der Kommandeur der iranischen Al-Kuds-Brigaden, Ghassem Soleimani, war bei einem US-Raketenangriff nahe dem Flughafen der irakischen Hauptstadt Bagdad ums Leben gekommen. Der Schlag erfolgte nach Aussagen des Pentagons auf Anweisung von US-Präsident Donald Trump, um weitere Angriffe auf US-Kräfte zu verhindern. Der Iran drohte den USA "schwere Rache" an. Der US-Ölpreis erklomm in Reaktion darauf den höchsten Stand seit Mai 2019.

Laut der Strategin Helima Croft vom Analysehaus RBC könnte in diesem Jahr der Konflikt zwischen dem Iran und den USA auf irakischem Boden ausgetragen werden. Thomas Altmann vom Vermögensverwalter QC Partners schrieb: "Die Eskalationsspirale ist in vollem Gang". Die entscheidende Frage sei jetzt, wie weit beide Seiten zu gehen bereits sind. "Dieser Konflikt hat das Potential, politisch und wirtschaftlich extreme Turbulenzen auszulösen", fuhr der Experte fort. Der drastische Anstieg des Ölpreises sei möglicherweise erst ein Vorgeschmack auf noch mehr Ungemach.

"Der erste Schock sitzt tief", ergänzte Marktstratege Andreas Lipkow von der Comdirect Bank. Nun müsse sich zeigen, ob die Situation weiter eskaliert oder ob sich die Lage in den kommenden Handelstagen wieder beruhigt.

Zunächst aber wurden europaweit Airline-Aktien massiv verkauft, die erfahrungsgemäss besonders sensibel auf geopolitische Spannungen reagieren. Dies umso mehr, als die deutlich gestiegenen Ölpreise die Treibstoffkosten der Fluggesellschaften erhöhen. So sackten die Titel der Lufthansa als Schlusslicht im Dax um 7,0 Prozent ab. Zuvor hatten sie den tiefsten Stand seit Oktober 2019 erreicht. Die Anteilsscheine von Air France-KLM büssten 6,5 Prozent ein.

In ihrem Sog verloren die Titel von Fraport mehr als 3 Prozent. Hier belastete die Aussicht auf düstere Zeiten für Deutschlands Flughäfen. Diese müssen sich nach Einschätzung ihres Verbandes auf weniger Passagiere einstellen. "Der Luftverkehr am Standort Deutschland wird im Jahr 2020 den Wachstumspfad der letzten Jahre nicht halten können", sagte Ralph Beisel, Hauptgeschäftsführer des Airport-Verbands ADV, der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung".

Die ebenfalls im MDax enthaltenen Papiere von Grenke fielen um 2,4 Prozent. Der IT-Vermieter und Finanzdienstleister habe beim Anstieg des Neugeschäfts nur das untere Ende der für das abgelaufene Jahr angepeilten Spanne erreicht, schrieb ein Analyst. Nach der jüngsten Kursrally seien die Aktien zudem recht hoch bewertet.

Der Eurokurs notierte zuletzt bei 1,1146 US-Dollar. Die Europäische Zentralbank hatte den Referenzkurs am Vortag auf 1,1193 Dollar festgesetzt. Der Dollar hatte damit 0,8934 Euro gekostet.

Am Rentenmarkt fiel die Umlaufrendite von minus 0,20 Prozent am Vortag auf minus 0,30 Prozent. Der Rentenindex Rex stieg um 0,44 Prozent auf 144,16 Punkte. Der Bund-Future rückte um 0,57 Prozent auf 172,10 Punkte vor./edh/jha/

--- Von Eduard Holetic, dpa-AFX ---