"Das plötzliche neue Säbelrasseln hat die Märkte auf dem falschen Fuß erwischt", sagte Anlagestratege Michael Hewson vom Brokerhaus CMC Markets.

Der Dax notierte am Dienstagabend 0,2 Prozent im Plus bei 12.989,29 Punkten. Der EuroStoxx50 verlor dagegen 0,4 Prozent auf 3611,64 Zähler. Am Montag hatten die beiden Indizes wegen der Ankündigung von Strafzöllen auf Aluminium und Stahl aus Argentinien und Brasilien jeweils gut zwei Prozent verloren. Die Börsen in Sao Paolo und Buenos Aires büßten am Dienstag bis zu 1,7 Prozent ein.

Nun nimmt Trump Frankreich ins Visier und will bestimmte Waren wie Champagner oder Käse mit Strafzöllen von bis zu 100 Prozent belegen. "Es war klar, dass die USA mit der französischen Digitalsteuer nicht glücklich sind", sagte Craig Erlam, Marktanalyst des Brokerhauses Oanda. Allerdings habe die Höhe der Zusatzabgaben Investoren überrascht.

FRANZÖSISCHE LUXUSGÜTER-ANBIETER UND AIRBUS UNTER DRUCK

Trumps Drohung schickte französische Luxusgüter-Anbieter auf Talfahrt. Die Aktien der "Louis Vuitton"-Mutter LVMH, des Gucci-Eigners Kering oder der für ihre Seidenschals bekannten Modefirma Hermes fielen um jeweils etwa zwei Prozent. Die Titel des Glasflaschen-Spezialisten Verallia, der unter anderem den Champagner-Hersteller Dom Perignon beliefert, verbilligten sich um 1,6 Prozent.

Parallel dazu denken die USA darüber nach, im Streit mit der EU um Subventionen an die Flugzeugbauer Airbus und Boeing zusätzliche europäische Produkte mit Strafzöllen zu belegen. Airbus-Aktien verloren daraufhin 3,9 Prozent, Boeing büßten an der Wall Street 1,6 Prozent ein.

TRUMP HAT KEINE EILE BEI HANDELSGESPRÄCHEN MIT CHINA

Zusätzliche Kopfschmerzen bereitete Börsianern Trumps Aussage, er könne sich ein Handelsabkommen mit China auch nach der US-Präsidentschaftswahl im November 2020 vorstellen. In den vergangenen Wochen hatten beide Seiten noch signalisiert, eine Einigung stehe kurz bevor. "Zusammen mit der Salve von Zolldrohungen an die EU können diese Kommentare als Zeichen gewertet werden, dass das Weiße Haus keine Bedenken hat, weitere Strafzölle zu verhängen", sagte Neil Wilson, Chef-Analyst des Online-Brokers Markets.com.

Der US-Standardwerteindex Dow Jones büßte als Reaktion auf Trumps Äußerungen 1,4 Prozent ein. Zu den größten Verlierern an der Wall Street zählten Chipfirmen wie AMD oder NVidia, deren Geschäft stark vom Handel mit China abhängt. Ihre Aktien gaben bis zu 2,3 Prozent nach.

GOLD UND ANLEIHEN IM AUFWIND - PFUND EBENFALLS GEFRAGT

"Die Hoffnungen auf eine Weihnachtsrally und einen starken Abschluss des Börsenjahres sind deutlich gesunken", resümierte Marktanalyst Milan Cutkovic vom Brokerhaus AxiTrader. "Denn zum jetzigen Zeitpunkt können die Anleger nicht abschätzen, ob und in welcher Weise Trump neue Fronten im Handelskrieg eröffnen will und wird." Dies trieb Anleger in "sichere Häfen". So verteuerte sich die Gold um 1,1 Prozent auf 1478,82 Dollar je Feinunze (31,1 Gramm). Die Nachfrage nach Bundesanleihen drückte die Rendite der zehnjährigen Titel auf bis zu minus 0,351 von minus 0,278 Prozent.

Am Devisenmarkt kletterte das Pfund Sterling zeitweise auf ein Sechs-Wochen-Hoch von 1,3009 Dollar. Einer neuen Wahlumfrage zufolge haben die Konservativen von Premierminister Boris Johnson einen Vorsprung von zwölf Prozent auf die oppositionelle Labour Party. Experten rechnen damit, dass bei einem Wahlsieg der Tories Johnson seinen Brexit-Deal durchs Unterhaus bringt und Großbritannien die EU zum 31. Januar 2020 verlässt.