PARIS/LONDON (awp international) - Die Furcht vor Verwerfungen am Aktienmarkt durch den Aufbau spekulativer Positionen hat am Freitag die Anleger an den europäischen Börsen ergriffen. Angesichts deutlicher Verluste an der Wall Street büssten die wichtigsten Indizes diesseits des Atlantiks jeweils rund zwei Prozent ein.

Der EuroStoxx 50 schloss in einem ohnehin nervösem Marktumfeld 2,13 Prozent tiefer bei 3481,44 Punkten. Damit verzeichnete der Leitindex der Eurozone ein Wochenminus von 3,36 Prozent. Auf Monatssicht ergibt sich ein Minus von 2 Prozent.

In Paris fiel der Leitindex Cac 40 am Freitag um 2,02 Prozent auf 5399,21 Zähler. Der Londoner FTSE 100 büsste 1,82 Prozent auf 6407,46 Punkte ein.

Hintergrund der Sorgen ist das in den USA ablaufende Gerangel zwischen Hedgefonds und privaten Gegenspekulanten, das zuletzt in sehr heftigen Kurskapriolen bei einzelnen Aktien mündete. Laut Analyst Jochen Stanzl vom Handelshaus CMC Markets könnte "das Thema am Ende zu einer ernsthaften Bedrohung für das gesamte Finanzsystem werden", weil eine Schieflage bei Hedgefonds zu drastischen Verwerfungen führen könne. "Da an den modernen Finanzmärkten alles eng ineinander greift, kann das Herausspringen von zu vielen Rädchen dazu führen, dass das Gesamtsystem nicht mehr richtig funktioniert", fürchtet Stanzl.

Zur allgemeinen Verunsicherung der Börsen trug Börsianern zufolge wohl auch der Impfstoff-Streit der Europäischen Union (EU) mit Astrazeneca bei. EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen drängte den britisch-schwedischen Pharmariesen zu klaren Lieferzusagen. "Was ich verlange, ist Transparenz und Planungssicherheit", sagte von der Leyen im Deutschlandfunk.

Derweil empfahl die Europäische Arzneimittel-Agentur mittlerweile wie erwartet die bedingte Marktzulassung für den Corona-Impfstoff von Astrazeneca in der EU. Trotz zuvor von anderen Experten geäusserten Bedenken empfehlen die Experten die Zulassung für Menschen aller Altersstufen ab 18 Jahren. Die Nachricht konnte die Aktien aber nur kurz stützen; am Ende stand ein Minus von rund zwei Prozent zu Buche.

Die Givaudan-Aktien verloren als Schlusslicht im schweizerischen Leitindex SMI 3,5 Prozent. Der Hersteller von Duftstoffen und Aromen hatte zwar im Corona-Jahr 2020 den Umsatz und Gewinn gesteigert. Allerdings litt die stark vom Reiseeinzelhandel abhängige Luxusparfümerie zeitweise deutlich unter den Covid-19-Einschränkungen. Analystin Celine Pannuti von der US-Bank JPMorgan rechnet nun mit einem insgesamt schwierigen Jahresstart.

In Stockholm sackten die Anteilscheine von Hennes & Mauritz (H&M) um rund fünf Prozent ab. Der Moderiese hatte im Geschäftsjahr 2019/20 coronabedingt deutlich weniger verdient.

Dagegen schnellten die Papiere von Ericsson um 7,6 Prozent nach oben. Der Netzwerkausrüster profitiert weiter vom Ausbau des 5G-Mobilfunknetzes. So konnten die Schweden nach einem guten Schlussquartal bei Umsatz und Gewinn im vergangenen Jahr zulegen. Aktionäre sollen eine höhere Dividende erhalten.

Die Aktien von Dr. Martens schliesslich legten am Freitag ein fulminantes Debüt an der Londoner Börse hin. Die Papiere des britischen Schuherstellers schlossen bei 450 Pence und damit fast 22 Prozent über dem Ausgabekurs von 370 Pence. Dr. Martens, das erstmals 1960 seine Kult gewordenen Stiefel auf den Markt brachte, verkauft jedes Jahr mehr als elf Millionen Paar Schuhe in gut 60 Ländern./la/he