FRANKFURT (Dow Jones)--Weiter unter Druck zeigen sich Europas Börsen am Montagnachmittag. Die Sorge vor einer Ausweitung der Energiekrise drückt die Börsen. Die Kassamärkte holen damit am Montag den Absturz nach, der die Terminkontrakte schon am Freitagabend mit dem russischen Lieferstop beim Gas ereilt hatte. Dazu ist der Markt in Europa sich selbst überlassen: In den USA findet wegen eines Feiertages kein Handel statt.

Der DAX verliert 2,0 Prozent auf 12.784 Punkte, kann sich damit aber lösen vom Tagestief bei 12.617 Punkten. Auch der Euro-Stoxx-50 lässt kräftig Federn, er kommt um 1,5 Prozent auf 3.490 Punkte zurück.

Der Euro zeigt sich bei 0,9925 Dollar und damit etwas erholt. Er lag am Morgen bei 0,9876 Dollar und damit auf dem niedrigsten Niveau seit fast 20 Jahren. Die Rezessionssorgen führen auch zu Spekulationen, dass die Europäische Zentralbank (EZB) am Donnerstag bei der allgemein erwarteten Zinserhöhung etwas vorsichtiger agieren könnte: Aktuell liegen die Erwartungen bei einer Zinserhöhung um 50 oder 75 Basispunkte.


   Gaspreis wieder auf Rekordjagd 

Die Energiekrise ist Thema Nummer Eins in Europa: Mit dem Gaspreis geht es steil nach oben um 16 Prozent auf 249,01 Euro je Megawattstunde, zu Jahresbeginn waren es noch rund 80 Euro. Am Freitag war er noch um über 12 Prozent gefallen, weil Gazprom verlautbart hatte, die Lieferungen wieder aufzunehmen. Nach Börsenschluss wurde dann das Gegenteil gesagt, wegen eines angeblichen Lecks könne nicht geliefert werden. Die Terminkontrakte der Aktienmärkte brachen darauf ein, der Gashandel kann erst zu Wochenbeginn reagieren.

Ob das geplante Entlastungspaket der Bundesregierung im Volumen von 65 Milliarden Euro zielgenau wirken wird, sei derzeit offen und stütze den DAX daher nicht, heißt es im Handel.


   Opec+ verschärft Energiekrise - Neue Premierministerin in London 

Öl ins Feuer der Energiekrise gießt derweil das Ölkartell der Opec+. Dort ist eine Förderkürzung um 100.000 Barrel pro Tag beschlossen worden. Dies dürfte auch den Ölpreis weiter nach oben treiben. Am besten schlagen sich in Europa daher Indizes mit stärker vertretenen Gas- und Öl-Werten. So gibt der Londoner FTSE-Index dank BP (+2,4%), Shell und anderen nur um 0,1 Prozent nach. Mit 2,4 Prozent Plus ist die Ölbranche Tagesgewinner.

Der Markt in London wird zudem gestützt von der Benennung von Liz Truss als Nachfolgerin von Premierminister Boris Johnson. Sie könnte mehr Ruhe in die Diplomatie des Landes bringen, heißt es im Handel. Beim Pfund ist die Reaktion nicht eindeutig.


   Erneuerbare und Kohleverstromer sind Verlierer des Entlastungspakets 

Auf das deutsche Entlastungspaket reagieren die meisten Stromerzeuger mit Verlusten, vor allem die aus dem Bereich Erneuerbarer Energien wie PNE, Energiekontor oder SMA Solar. Bei Windparkbetreiber Encavis geht es sogar 4,6 Prozent abwärts. Versorger gelten als Verlierer der geplanten Übergewinnsteuer. Vor allem belastet aber die Vorbereitung einer EU-Strukturreform, die die Strom- von den Gaspreisen entkoppeln soll.

Die Uniper-Aktie verliert mit dem teureren Gas fast 11 Prozent. Ihre finnische Mutter Fortum fällt um 8,4 Prozent.


   Banken leiden unter Energiekrise 

Die Energiekrise setzt auch Banken unter Druck, denn sie fungieren oft als Gegenseite der Versorger am Terminmarkt: "Die Angst vor einer Lehman-artigen Krise im europäischen Energiesektor wächst", sagt Jochen Stanzl von CMC Markets. Der Markt mache sich Sorgen, ob die Nachschussforderungen der Terminbörsen auch von allen Marktteilnehmern gedeckt werden können. Der Milliardenbedarf bei Uniper und Wien Energie hatte bereits gezeigt, wie schnell hier die Leistungsfähigkeit überschritten werden könne.

Im DAX fallen Deutsche Bank um 4,9 Prozent, Commerzbank geben um 4,3 Prozent nach. Die derivate-starken Franzosen wie BNP und Societe Generale fallen bis zu 2,8 Prozent.


   Porsche und VW mit Sportwagen-IPO im Blick 

Tagesverlierer in Europa ist die Autobranche mit minus 4,0 Prozent. Mercedes und Zulieferer Continental fallen je über 5 Prozent. Im DAX stehen Porsche Holding (-4,8%) und VW (-2,7%) mit den Plänen zum Börsengang (IPO) der Porsche-Sportwagen-Gruppe im Fokus. Erwartet wird die Ankündigung, ob er Ende September oder Anfang Oktober erfolgen soll. "Das wird wohl das größte IPO seit Jahren, das Umfeld ist aber alles andere als günstig", so ein Marktteilnehmer mit Blick auf die hohe Volatilität im Markt.

In London brechen die Aktien von Aston Martin um 10,1 Prozent ein. Der Sportwagenbauer hat Kapitalmaßnahmen für rund 654 Millionen Pfund angekündigt. Da sich die Verluste vor Steuern im ersten Halbjahr fast verdreifacht hatten, hätte man rückblickend das Übernahmeangebot der chinesischen Geely annehmen sollen, meint Victoria Scholar von Interactive Investor.

Beim Stahlhersteller Arcelormittal geht es 2,6 Prozent abwärts. Der Konzern hatte am Freitagabend die Schließung zweier Werke in Deutschland zum Monatsende angekündigt. Am Tag zuvor hatte das Unternehmen schon die vorübergehende Stilllegung eines Hochofens in Spanien bekanntgegeben. Hohe Gas- und Stromkosten minderten die Wettbewerbsfähigkeit. Im Sog fallen auch andere Stahlhersteller wie Thyssen und energieintensive Unternehmen wie Covestro um bis fast 4 Prozent.


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Aktienindex              zuletzt        +/- %     absolut  +/- % YTD 
Euro-Stoxx-50           3.490,05        -1,5%      -54,33     -18,8% 
Stoxx-50                3.499,47        -0,3%       -9,61      -8,4% 
DAX                    12.783,53        -2,0%     -266,74     -19,5% 
MDAX                   24.645,73        -2,1%     -516,32     -29,8% 
TecDAX                  2.895,32        -1,3%      -39,32     -26,1% 
SDAX                   11.622,16        -2,1%     -253,95     -29,2% 
FTSE                    7.275,27        -0,1%       -5,92      -1,4% 
CAC                     6.094,31        -1,2%      -73,20     -14,8% 
 
Rentenmarkt              zuletzt                  absolut    +/- YTD 
Dt. Zehnjahresrendite       1,56                    +0,04      +1,74 
US-Zehnjahresrendite        3,20                        0      +1,69 
 
DEVISEN                  zuletzt        +/- %    Mo, 8:04   Fr,17:07    % YTD 
EUR/USD                   0,9925        +0,0%      0,9883     1,0022   -12,7% 
EUR/JPY                   139,57        +0,4%      138,76     140,43    +6,6% 
EUR/CHF                   0,9733        -0,1%      0,9713     1,0201    -6,2% 
EUR/GBP                   0,8626        -0,1%      0,8632     0,8659    +2,7% 
USD/JPY                   140,62        +0,3%      140,44     140,12   +22,2% 
GBP/USD                   1,1506        +0,2%      1,1448     1,1574   -15,0% 
USD/CNH (Offshore)        6,9448        +0,3%      6,9487     6,9053    +9,3% 
Bitcoin 
BTC/USD                19.740,90        -1,2%   19.986,15  20.195,00   -57,3% 
 
ROHÖL                    zuletzt  VT-Settlem.       +/- %    +/- USD    % YTD 
WTI/Nymex                  89,87        86,87       +3,5%      +3,00   +26,6% 
Brent/ICE                  96,36        93,02       +3,6%      +3,34   +30,3% 
GAS                               VT-Settlem.                +/- EUR 
Dutch TTF                 249,01       214,67      +16,0%     +34,34  +246,8% 
 
METALLE                  zuletzt       Vortag       +/- %    +/- USD    % YTD 
Gold (Spot)             1.711,20     1.712,40       -0,1%      -1,20    -6,5% 
Silber (Spot)              18,09        18,05       +0,2%      +0,04   -22,4% 
Platin (Spot)             850,58       837,00       +1,6%     +13,58   -12,4% 
Kupfer-Future               3,44         3,42       +0,5%      +0,02   -22,4% 
 
YTD bezogen auf Schlussstand des Vortags 
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Kontakt zum Autor: maerkte.de@dowjones.com

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September 05, 2022 09:59 ET (13:59 GMT)