Washington/Berlin (Reuters) - Der US-Arbeitsmarkt boomt weit stärker als erwartet und dämpft damit Spekulationen auf eine baldige Zinswende.

Im Januar kamen 353.000 neue Jobs außerhalb der Landwirtschaft hinzu, wie aus dem am Freitag veröffentlichten Arbeitsmarktbericht der Regierung in Washington hervorgeht. Von Reuters befragte Volkswirte hatten lediglich mit 180.000 gerechnet, nach einem bereits beachtlichen Stellenplus von 333.000 im Dezember. Die getrennt ermittelte Arbeitslosenquote verharrte im Januar auf dem Vormonatswert von 3,7 Prozent. Auch hier wurde Experten auf dem falschen Fuß erwischt, da sie einen Anstieg auf 3,8 Prozent erwartet hatten.

"Der robuste Arbeitsmarkt spricht gegen eine rasche Zinssenkung", so die Ansicht von Commerzbank-Experten Christoph Balz und Bernd Weidensteiner. Die US-Notenbank Federal Reserve fährt eine Hochzinspolitik und will damit die Inflation eindämmen und den heiß gelaufenen Jobmotor abkühlen. Sie hatte nach einer Phase teils aggressiver Zinserhöhungen zuletzt vier Mal in Folge stillgehalten. An den Finanzmärkten wird mit einer nahenden Zinswende gerechnet. Doch an den Terminmärkten wurde die Erwartung einer Senkung im Mai nach den überaus robusten Jobdaten heruntergeschraubt: Die Wahrscheinlich wird nun auf 60 Prozent taxiert, nach rund 90 Prozent vor dem Zahlenfeuerwerk vom Arbeitsmarkt.

Der Stellenaufbau zeigt, dass der Jobmotor heiß läuft. Denn einer Faustregel zufolge ist bereits ein Zuwachs von rund 100.000 Jobs pro Monat völlig ausreichend, um die wachsende US-Bevölkerung im arbeitsfähigen Alter mit Stellen zu versorgen.

ZINSWENDE ERST IM JUNI?

Fed-Chef Jerome Powell hatte bereits nach der jüngsten Zinssitzung am Mittwoch die am Markt herrschende Zinssenkungseuphorie gedämpft und eine geldpolitischen Lockerung im März als eher unwahrscheinlich bezeichnet. Er betonte dabei zugleich, dass die Fed zwar einen besser ausbalancierten, aber keinen schwachen Arbeitsmarkt sehen möchte. Mit Blick auf die aktuellen Daten könne davon auch keine Rede sein, meint Helaba-Ökonom Ralf Umlauf: "Eine Schwäche, die eine unmittelbare Reaktion der US-Notenbank erfordern würde, machen wir nicht aus. Die Fed muss weiter auf Zeit spielen, denn aus dem festen Arbeitsmarkt resultieren Risiken für die Preisniveaustabilität."

Die Abkühlung des Arbeitsmarkts gilt der Notenbank als wichtige Voraussetzung, um ihr Zwei-Prozent-Ziel bei der Inflation dauerhaft zu erreichen. Besonderes Augenmerk legen die Währungshüter dabei auf das Lohnwachstum, wobei die aktuellen Zahlen den Währungshütern Sorgen bereiten dürften: "Die Lohndynamik hat den zweiten Monat in Folge zugenommen - auch dies entgegen der überwiegenden Erwartung. Im Vorjahresvergleich war der Anstieg mit 4,5 Prozent so stark wie zuletzt im September 2023", erläutert LBBW-Ökonom Elmar Völker.

Der vorherige Trend zu sukzessive nachlassendem Lohndruck scheine damit vorerst gebrochen, meint der Experte von der Landesbank Baden-Württemberg: "Vor diesem Hintergrund sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass die US-Notenbank bereits auf ihrer nächsten Sitzung im März eine Leitzinswende einläutet, gegen null. Wir erwarten, dass sich die Währungshüter hiermit noch bis zum Juni Zeit lassen."

(Bericht vom Reuters-Büro Washington, geschrieben von Reinhard Becker, Mitarbeit Klaus Lauer; Redigiert von Hans Busemann; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

- von Ann Saphir und Lucia Mutikani