FRANKFURT (dpa-AFX) - Angesichts einer schwächeren Weltkonjunktur und Handelskonflikten wie dem Brexit erwartet die deutsche Chemie- und Pharmabranche kräftige Rückgänge. Der Umsatz in dem wichtigen Industriesektor werde 2019 wohl um 2,5 Prozent auf knapp 199 Milliarden Euro sinken, teilte der Verband der Chemischen Industrie (VCI) am Dienstag in Frankfurt mit. Die Produktion werde ferner bei leicht steigenden Preisen um 3,5 Prozent schrumpfen. Damit korrigierte die Branche ihre Prognose kräftig nach unten. Es wäre der erste Produktionsrückgang seit 2012.

Während Großbritannien auf einen ungeregelten Brexit zusteuere, gebe es im Handelsstreit zwischen den USA und China keinen Durchbruch und auf dem Heimatmarkt habe sich die Industrieproduktion eingetrübt. "In Deutschland ist der Abschwung da", erklärte VCI-Hauptgeschäftsführer Utz Tillmann. Die Probleme in der Autobranche rund um den Dieselskandal und die Umstellung auf den Abgasstandard WLTP drückten auch in diesem Jahr das Wirtschaftswachstum. Das wirke sich auch auf andere Kundenbranchen wie die Kunststoffindustrie aus.

Bisher hatte der Verband der Chemischen Industrie (VCI) für 2019 einen Umsatzanstieg von 2,5 Prozent und ein Produktionsplus von 1,5 Prozent erwartet. Jedoch verzerre ein Sondereffekt in der zuletzt boomenden Pharmabranche das Bild. So habe ein Konzern zum Jahresende 2018 die Produktion eines Blockbusters hierzulande eingestellt.

Im Oktober war der Patentschutz in Europa für das weltweit umsatzstärkste Medikament Humira vom US-Pharmakonzern Abbvie abgelaufen. Der Entzündungshemmer wird etwa gegen Rheuma verschrieben und wurde vor dem Ende des Markenschutzes im großen Stil hergestellt.

Bereinigt um den Sondereffekt werde die Produktion 2019 stagnieren, erklärte der VCI. Die derzeit hoch ausgelastete Chemiebranche alleine werde die Herstellung von Produkten um 1,5 Prozent drosseln.

Die Chemiebranche reagiert als Lieferant etwa für die Auto-, Bau- und Kosmetikindustrie früh auf Konjunkturschwankungen und hatte schon zum Jahresende vor Rückschlägen gewarnt. Im vierten Quartal wuchs der Umsatz wegen einer schwachen Nachfrage aus dem Ausland binnen Jahresfrist kaum noch, die Produktion brach um 6,3 Prozent ein. Das lag auch am Niedrigwasser im Rhein, der den Transport von Waren für Konzerne wie BASF einschränkte.

Im Gesamtjahr 2018 stieg der Erlös in der Branche mit 462 000 Beschäftigten in Deutschland aber um 4,1 Prozent auf den Rekordwert von 203,5 Milliarden Euro. Dabei musste die Chemieindustrie auch Folgen des Brexits bewältigen. Im Handel mit Pharma- und Chemieprodukten mit Großbritannien gab es im vergangenen Jahr einen Rückgang von fast zehn Prozent. "Der Brexit hat schon jetzt tiefe Narben politisch und wirtschaftlich hinterlassen", sagte Tillmann./als/mne/jha/