FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - Ob die EZB nächste Woche und die US-Notenbank übernächste Woche die Zinsen weiter anheben werden, ist ungewiss. Gewiss sind aber die schon jetzt höheren Zinsen, die Anleihen wieder attraktiv gemacht haben - nicht nur Unternehmens-, sondern auch Staatsanleihen. Beispiele aus dem Mittelstandssegment zeigen aber auch, wie wichtig die richtige Wahl ist.

8. September 2023. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Vor der am kommenden Donnerstag anstehenden EZB-Sitzung hält die Unsicherheit über den weiteren Zinspfad an. "Die wirtschaftlichen Perspektiven in der Eurozone haben sich zuletzt weiter eingetrübt, zudem scheint der Inflationsgipfel überschritten", bemerkt Rentenhändler Tim Oechsner von der Steubing AG. Gleichzeitig halte sich die Inflation hartnäckiger als gedacht. Auch der Helaba zufolge sind datenseitig sowohl Argumente für Zinserhöhungen vorhanden als auch dafür, zumindest eine Pause einzulegen. "Uneinheitlich sind auch die jüngsten Kommentare der Geldpolitiker", ergänzt Analyst Ralf Umlauf. An den Geldmärkten wird aktuell eine Zinserhöhung durch die EZB nächste Woche mit einer Wahrscheinlichkeit von 40 Prozent eingepreist, eine Zinserhöhung bis zum Jahresende mit 70 Prozent.

"Die Märkte sind unschlüssig, daher gab es unter dem Strich nicht viel Bewegung", berichtet Arthur Brunner von der ICF Bank. Zehnjährige Bundesanleihen rentieren am Freitagmorgen mit 2,58 Prozent, vergangenen Freitag waren es 2,47 Prozent. Zehnjährige US-Treasuries werfen 4,21 Prozent ab nach 4,11 Prozent vor einer Woche.

Staatanleihen zurück auf dem Schirm

Unabhängig von der weiteren Zinsentwicklung: Anleihen werden mit ihren höheren Zinsen wieder als echte Alternative zu Aktien gesehen, was die Nachfrage belebt. "Der Unterschied zu den Vorjahren ist schon deutlich", stellt Rainer Petz von Oddo BHF mit Blick auf den Anleihehandel fest. Etwa kämen Staatsanleihen Spaniens, Portugals, Finnlands oder auch Ungarns gut an. "Sie gelten als sicher und bieten eine attraktive Rendite." Als Beispiel nennt er eine neue zehnjährige Ungarn-Anleihe mit 5,375 Prozent-Kupon (XS2680932907). Auch Tim Oechsner sieht klar gestiegenes Interesse an Anleihen - von institutioneller und privater Seite. "Das merken wir an den Börsenumsätzen." Beliebt sind Oechsner zufolge derzeit auch Papiere des European Financial Stability Facility EFSF mit Laufzeit bis 2028 (EU000A2SCAB4). Diese rentieren derzeit mit 3,07 Prozent, mit einer Mindestanlagesumme von 1.000 Euro eignen sie sich auch für private Kundschaft.

Sixt, Conti, LVMH, VW - gute Namen und kurze Laufzeiten punkten

Im Handel mit Unternehmensanleihen heißt es weiter: am liebsten kurze bis mittlere Laufzeiten und bekannte Namen. Gregor Daniel von der Walter Ludwig Wertpapierhandelsbank berichtet von guter Nachfrage nach Papieren des Autovermieters Sixt mit Fälligkeit 2027 und aktueller Rendite von 4,15 Prozent (DE000A351WB9) und den Ende August emittierten, ebenfalls 2027 fälligen Anleihen des Autozulieferers Continental mit aktuell 4,05 Prozent (XS2672452237). "Insgesamt ist die Nachfrage aber breit gefächert."

Oechsner von der Steubing AG registriert gute Umsätze für Anleihen von LVMH (FR001400KJP7) und Continental (XS2630117328) mit Fälligkeit 2029 und 2028 und aktueller Rendite von 3,46 und 3,98 Prozent sowie Hybridanleihen von Volkswagen (XS2675884576).

"Verkäufe des Mittelstandsanleihenfonds befürchtet"

Unter Abgabedruck geraten ist die Mittelstandsanleihe der Homann Holzwerkstoffe (DE000A3H2V19). "Das dürfte mit der Auflösung des Deutschen Mittelstandsanleihenfonds (LU0974225590) zu tun haben, es werden Verkäufe befürchtet", erklärt Brunner. Ebenfalls Kurverluste verzeichnete die Hertha BSC-Anleihe (SE0011337054). "Mit Blick auf den Platz am Tabellenende der zweiten Liga ist das auch kein Wunder."

Etwas gestiegen sind Brunner zufolge Kurse der Anleihe des insolventen Bayreuther Pflegeheimbetreibers SeniVita Social Estate (DE000A13SHL2). "SeniVita hat 3 Prozent der Anleihe getilgt, weitere 3 Prozent sollen folgen." Der Kurs ist von gut 2 Prozent auf in der Spitze 4,75 Prozent gestiegen, aktuell sind es 4,20 Prozent. Leicht erholt hat sich auch der vergangene Woche stark unter Abgabedruck geratenen Bond des niederländischen Solarkonzerns Photon Energy (DE000A3KWKY4). Nach im Tief unter 40 Prozent sind es aktuell 66 zu 69 Prozent. Photon hatte in der ersten Jahreshälfte rote Zahlen geschrieben und die Prognose für das laufende Geschäftsjahr gesenkt.

Neues von Deutsche Rohstoff und Katjes

Neues kommt unter anderem vom Mannheimer Rohstoff- und Bergbauunternehmen Deutschen Rohstoff mit Laufzeit bis 2028 und Kupon von 7,5 Prozent (DE000A3510K1), die Zeichnungsfrist endet am 25. September. Geplant ist ein Volumen von bis zu 100 Millionen Euro, die Mindestanlage beträgt 1.000 Euro. Neben einem öffentlichen Angebot gibt es auch ein Umtauschangebot für die alte Anleihe (DE000A2YN3Q8) sowie eine Privatplatzierung bei Institutionellen. "Die jüngsten Zahlen der Deutschen Rohstoff waren solide, es sieht nach einem Rekordjahr aus", erklärt Brunner.

Noch bis zum 14. September kann darüber hinaus die neue Anleihe des Süßwarenherstellers Katjes International mit Kupon zwischen 6,25 bis 7,50 Prozent und Fälligkeit 2028 (NO0012888769) gezeichnet werden. Geplant sind 110 Millionen Euro. "Das Mindestvolumen von 80 Millionen Euro ist schon überschritten", stellt Brunner fest. Auch hier gibt es ein Umtauschangebot für einen alten Bond (DE000A2TST99). Mehr dazu auf boerse-frankfurt.de

von: Anna-Maria Borse, 8. September 2023 © Deutsche Börse AG

(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)