München (awp/sda/dpa) - Die Deutsche Bahn will nach langen politischen Verzögerungen ihre Planung für die deutsche Zulaufstrecke zum Brennerbasistunnel in den Alpen bis Jahresende auf die Zielgerade bringen. Nächster Schritt sei die Weiterleitung der von der DB erarbeiteten Trassenvariante an Bundestag und Bundesverkehrsministerium, sagte Klaus-Dieter Josel, der scheidende Konzernbevollmächtigte der DB in Bayern.

"Die Unterlagen bereiten wir bis Ende des Jahres auf. Ziel ist, dass diese im Frühjahr 2025 in den Bundestag eingebracht werden", sagte Josel.

Der 55 Kilometer lange österreichisch-italienische Riesentunnel soll eines Tages sowohl den bisherigen Bummelbahnverkehr von Deutschland nach Italien beschleunigen als auch Abhilfe für die örtliche Bevölkerung schaffen. Insbesondere die geplagten Anwohner der Brennerautobahn in Nord- und Südtirol leiden seit Jahrzehnten unter Abgasen, Lärm, chronischen Staus und Schleichverkehr.

Güter- und Personenverkehr

Die Bedeutung des Brenners reicht weit über die Alpen hinaus: Über den Pass läuft Güter- und Personenverkehr vom Mittelmeer in etliche Länder und umgekehrt: Darunter zählen neben Österreich und Deutschland etwa Tschechien, Polen und die Niederlande.

1998 passierten 1,2 Millionen Lastwagen den Pass. 2023 zählte die österreichische Autobahngesellschaft Asfinag an der Mautstelle Schönberg doppelt so viele: 2,4 Millionen Lastwagen. Insgesamt drängten sich knapp 14,4 Millionen Fahrzeuge auf der Brennerautobahn.

Verbindung zwischen Nord- und Südeuropa

Der Brenner war schon im Mittelalter die bedeutendste transalpine Handelsroute, heute ist der Pass für Speditionen in der Regel die günstigste Alpenquerung. "Der Brenner-Nordzulauf ist Teil der wichtigen europäischen Scan-Med-Achse von Skandinavien zum Mittelmeer", sagte Josel. "Wir brauchen diese Strecke." Personenzüge sind bisher von München nach Verona über fünf Stunden unterwegs, eines Tages sollen es nur noch drei sein.

Der Basistunnel berührt deutsches Territorium nicht, doch um dereinst die volle Kapazität nutzen zu können, muss der "Zulauf" ausgebaut werden. Die bisherige Strecke verläuft auf 160 Jahre alter Trasse aus königlich bayerischen Zeiten von Rosenheim durch das Inntal bis an die Tiroler Grenze.

Kritik der Bevölkerung

Die DB plant eine 54 Kilometer lange neue Trasse abseits der Ortschaften. Gut 30 Kilometer sollen als Tunnel gebaut werden. Das hat die örtlichen Bürgerinitiativen nicht besänftigt. "Bestand modernisieren statt Umwelt zerstören", hiess es bei der Initiative Brennerdialog.

Die Neubau-Gegner betonen, dass sie nicht gegen die Eisenbahn seien: "Wir wollen, dass der Güterverkehr auf die Schiene kommt und Regionalverkehr gestärkt wird", sage Brennerdialog-Vorstand Lothar Thaler. Die Bestandsstrecke hätte längst ertüchtigt werden müssen. "Für die Verzögerungen sind die Zivilbürger nicht verantwortlich."

Italien und Österreich sind weiter

Auch in Österreich und Italien gibt es Widerstand und Verzögerungen, doch haben beide Länder Deutschland vor Jahren überholt. "Die Trassenverläufe des gesamten Südzulaufs sind abgeschlossen", sagt Martin Ausserdorfer von der Beobachtungsstelle Brenner Basistunnel in Südtirol, die im Auftrag von Landesregierung und Gemeinden den Bau begleitet. Auf dem wichtigsten Teilstück haben die Bauarbeiten vor kurzem begonnen.

Und auf deutscher Seite? "Wir führen einen sehr intensiven Planungsdialog durch und haben den Eindruck, dass die Akzeptanz gestiegen ist", sagte Josel. "Baurecht erwarten wir Anfang der 2030er Jahre, den Baubeginn kurz danach. Eine Inbetriebnahme wäre dann Anfang der 2040er Jahre möglich."

Das Zieldatum 2040 setzt voraus, dass es zu keinen weiteren grossen Verzögerungen mehr kommt. Aufmerksam verfolgt wird das Geschehen in Wien. "Spätestens 2040 ist eine durchgehende Viergleisigkeit des Korridors aber erforderlich, um die prognostizierten Mengen in guter Qualität abwickeln zu können", sagte ein Sprecher des österreichischen Verkehrsministeriums.