Kommentare, Einschätzungen und Entwicklungen zur Energieversorgung und -sicherheit in Deutschland:


Studie: Starke soziale Verwerfungen wegen Energiepreisen 

Die Explosion der Energiepreise wird die Bundesbürger in diesem Winter stärker belasten als bislang bekannt. Nach einer Studie des Potsdamer Klimaökonomen Ottmar Edenhofer sowie des Berliner Mercator-Forschungsinstituts für Klimafolgenforschung, aus der der Spiegel zitiert, muss ein Singlehaushalt mit Gasheizung zwischen Oktober diesen und April nächsten Jahres knapp 2.200 Euro mehr für Energie ausgeben als im Durchschnitt der Jahre 2017 bis 2021. Bei einer vierköpfigen Familie liegen die Zusatzkosten bei über 3.400 Euro. Zudem ist der Mehraufwand der Untersuchung zufolge sozial höchst ungleich verteilt. Während Niedrigverdiener mit einem Nettoverdienst bis 1.300 Euro im Schnitt bis zu 18 Prozent ihres verfügbaren Einkommens für Energie aufwenden müssten, sind es bei Topverdienern mit Nettoeinkünften über 4.000 Euro lediglich 4 Prozent. "Es drohen soziale Verwerfungen größten Ausmaßes", sagte Edenhofer dem Spiegel. "Viele Haushalte werden ihre Heizungs- und Stromrechnungen kaum noch zahlen können."


Großbritannien erhöht Preisobergrenze für Gas und Strom drastisch 

Die Strom- und Gaspreise in Großbritannien steigen ab Oktober um 80 Prozent: Die Preisobergrenze für Verbraucherinnen und Verbraucher erhöht sich für einen durchschnittlichen Haushalt von derzeit 1.971 Pfund (etwa 2.300 Euro) auf 3.549 Pfund, wie die Regulierungsbehörde Ofgem am Freitag mitteilte. Grund seien die höheren Großhandelspreise für Energie nach dem Einmarsch Russlands in der Ukraine verantwortlich. Wohlfahrtsverbände kritisierten, die annähernde Verdoppelung der Obergrenze werde Millionen von Menschen in die Armut treiben. Sie müssten sich dann entscheiden, ob sie essen oder heizen wollen. Familien stünden vor einem der "düstersten Weihnachtsfeste" seit Jahren. Gas macht einen großen Teil des britischen Energiemixes aus. Millionen Haushalte heizen mit gasbetriebenen Boilern.


Grüne Dröge gegen Laufzeitverlängerung der Akw für 2023 und 2024 

Die Grünen lehnen eine Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke für das Jahr 2023 und 2024 ab, wie es FDP und Union fordern. Stattdessen forderte Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge, noch stärker auf andere Energieträger wie die Kohlekraft zu setzen. "Wir haben mit Blick auf die Energiesicherheit andere Möglichkeiten", sagte sie dem Handelsblatt. Dazu zähle auch, Kohlekraft aus der Reserve zu holen sowie der Aufbau von LNG-Terminals für die Gasversorgung und mehr Energieeffizienz. Es sei definitiv kein leichter Schritt, die Kohlekraftwerke wieder hochzufahren. "Gleichzeitig werden wir als Ampel den Kohleausstieg 2030 umsetzen", sagte sie. Zudem seien die Kohlekraftwerke Teil des europäischen CO2-Zertifikatehandels. Damit sei der CO2-Ausstoß gedeckelt. "Die Klimabilanz wird dies also nicht negativ beeinflussen."


Spahn wirft Regierung beim Strom-Stresstest Hinhaltetaktik vor 

Unionsfraktionsvize Jens Spahn (CDU) hat der Ampel-Koalition mit Blick auf die anstehende Entscheidung über die Atomkraft in Deutschland vorgeworfen, eine Laufzeitverlängerung durch Verzögerungen verhindern zu wollen. "Der Stresstest wird immer mehr zur Hinhaltetaktik", Spahn dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. "Die Ampel verschleppt die Entscheidung aus ideologischen Gründen, bis es zu spät ist." Spahn forderte das zuständige Bundeswirtschaftsministerium von Robert Habeck (Grüne) zur schnellen Veröffentlichung der Berechnungen auf. "Wir erwarten, dass das Ergebnis umgehend vorgelegt wird", betonte Spahn, der in der Unionsfraktion Wirtschaft, Klima und Energie zuständig ist. "Der Wirtschaftsminister sagt, in dieser Krise zähle jeder Beitrag. Das gilt dann auch für den Beitrag der drei Kernkraftwerke, ihr Strom wird im Winter dringend benötigt", so Spahn.


Habeck kündigt Überprüfung der Gasumlage an 

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat eine Überprüfung der umstrittenen Gasumlage angekündigt. Der Kreis der berechtigten Unternehmen solle möglichst verkleinert werden, sagte Habeck laut einem Bericht der Zeitung Welt am Donnerstagabend beim Westfälischen Unternehmertag in Münster. Grundsätzlich bestehe der Anspruch zwar auch für Unternehmen, die nicht in existenzieller Not seien, sagte Habeck demnach. "Trotzdem haben wir natürlich ein politisches Problem, das hat mir die letzten 48 Stunden den Tag ganz schön versauert", räumte der Minister ein. Er werde sich daher "jetzt noch mal genau angucken, ob es nicht doch einen Weg gibt, diesen berechtigten Anspruch abzuwehren".

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August 26, 2022 09:20 ET (13:20 GMT)