Frankfurt (Reuters) - Europas Aktienanleger sehen den Zinsgipfel in den USA wieder in weitere Ferne rücken und haben zum Wochenschluss Kasse gemacht.

Dax und EuroStoxx50 verloren bis zum Freitagnachmittag je rund 0,6 Prozent auf 15.257 beziehungsweise 4201 Punkte. Die US-Futures traten vorbörslich auf der Stelle. Zinserhöhungen sind für US-Notenbankchef Jerome Powell trotz des nachlassenden Preisdrucks weiter eine Option. Die Währungshüter seien "nicht überzeugt", dass das Zinsniveau zur Bekämpfung der Inflation ausreichend restriktiv sei, hatte der Fed-Chef erklärt. Die auf ein Ende der Zinserhöhungen hoffenden Investoren seien ein Mal mehr aus ihrem Wunschtraum gerissen worden, sagte Kapitalmarktexperte Jürgen Molnar vom Broker Robomarkets. "Nun ist er also wieder da, der gefährliche Mix aus geldpolitischer Unsicherheit, schwächelnden Volkswirtschaften und geopolitischen Risiken."

Die EZB sieht sich mit ihrer Straffungspolitik indes laut ihrer Präsidentin Christine Lagarde auf Kurs in Richtung Inflationsziel. Der Dollar-Index und der Euro lagen kaum verändert bei 105,81 Punkten beziehungsweise 1,0682 Dollar. An den Anleihemärkten gingen die Kurse in die Knie, im Gegenzug stiegen die Renditen. Die richtungsweisende zehnjährige deutsche Anleihe rentierte zeitweise bei 2,742 Prozent nach 2,654 Prozent im Schlussgeschäft am Donnerstag.

NAHOST-KRIEG SORGT FÜR ÖLPREISANSTIEG

Versorgungsängste wegen des Nahost-Krieges trieben die Ölpreise. Der Preis für das Nordseeöl Brent und das US-Öl WTI zogen jeweils um mehr als ein Prozent auf 80,93 beziehungsweise 76,56 Dollar je Fass an. Der Iran warnte am Freitag vor einer Ausweitung des Gaza-Krieges. Die israelische Armee ist in den Norden des Gazastreifens eingerückt und liefert sich dort Gefechte mit der radikal-islamischen Hamas nach deren Angriff auf Israel vor mehr als einem Monat. Zins- und Konjunktursorgen setzten dem Kupferpreis zu. Das Industriemetall verbilligte sich um ein Prozent auf ein Zwei-Wochen-Tief von 8063 Dollar je Tonne.

RICHEMONT TRÜBT STIMMUNG IM LUXUSSEKTOR

Am Aktienmarkt geriet der Luxusgüter-Sektor unter Druck. Richemont tauchten um mehr als sechs Prozent ab. Der Umsatz des Cartier-Herstellers wuchs deutlich langsamer als noch im Vorquartal, da Inflation, konjunkturelle Abkühlung und geopolitische Spannungen die Kauflaune der Kunden trübten. Im Halbjahr verdienten die Schweizer deutlich weniger als von Analysten erwartet. Papiere von LVMH, Kering und Hermes verloren zwischen 1,4 und 3,3 Prozent.

Im Dax legten Allianz trotz eines Gewinnrückgangs 1,7 Prozent zu. Der bereinigte Periodenüberschuss sank im abgelaufenen Quartal um 29,3 Prozent auf 2,1 Milliarden Euro und damit nicht so stark wie befürchtet.

Im MDax gerieten Jungheinrich unter die Räder. Ein abgeschwächtes Wachstum beim Auftragseingang und Umsatz drückte die Aktien des Gabelstapler-Herstellers 6,7 Prozent ins Minus. An der Londoner Börse setzte eine sinkende Nachfrage nach alkoholhaltigen Getränken in Lateinamerika dem Johnnie-Walker-Hersteller Diageo zu. Die Aktien rauschten um rund 14 Prozent in den Keller.

(Bericht von Anika Ross und Daniela Pegna. Redigiert von Ralf Bode. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)