Frankfurt (Reuters) - Optimistische Töne von Unternehmen zum Start der Berichtssaison haben die Anleger in Europa in Kauflaune versetzt.

Inflationssorgen spielten angesichts der positiven Ausblicke nur noch die zweite Geige. Dax und EuroStoxx50 legten am Donnerstag jeweils rund ein Prozent auf 15.390 Punkte und 4134 Zähler zu. In den USA deuteten die US-Futures auch an der Wall Street auf einen freundlichen Handelsstart hin.

Die Aussicht auf einen anhaltenden Konjunkturaufschwung besänftigte die Gemüter der Anleger. Die Volatilitätsindizes VDax und VStoxx, die die Nervosität der Anleger messen, fielen jeweils um mehr als zehn Prozent. "Die Trendwende in der Geldpolitik ist laut den meisten Marktteilnehmern überwiegend eingepreist", sagte Christian Henke, Analyst vom Brokerhaus IG. "Daher dürfte die nun begonnene Berichtssaison in den Mittelpunkt des allgemeinen Interesses rücken."

US-BANKEN IM FOKUS

Aus den USA seien die ersten sehr starken Ergebnisse von Banken gekommen, sagte Neil Wilson, beim Online-Broker Markets.com. JP Morgan habe am Vortag überzeugt und auch die Zahlen der Rivalen seien stark. "Wirklich gute Anzeichen für eine Verbesserung des Kreditwachstums sind insbesondere für Bank of America positiv." Florierende weltweite Geschäfte mit Fusionen und Übernahmen hatten den Gewinn der größten US-Bank JP Morgan angeschoben. Auch die Bank of America sowie die US-Bank Wells Fargo verbuchten dank gesunkener Risikovorsorge einen Gewinnsprung.

In Europa gehörte die europäische Halbleiter-Industrie zu den größten Gewinnern. Die Aktien von ASML und BE Semiconductor zogen rund drei Prozent an und zählten damit zu den größten Kursgewinnern des Sektors. Für Zuversicht sorgte der taiwanische Chiphersteller TSMC, dem die starke Nachfrage nach Chips für Smartphones und Laptops einen Gewinnsprung bescherte.

Auch bei SAP griffen die Anleger erneut zu und schoben die Aktie um knapp zwei Prozent an. Nach der dritten Prognoseanhebung innerhalb weniger Monate hatte der Walldorfer Softwarekonzern bereits am Mittwoch ein Kursplus von knapp vier Prozent erzielt und die Stimmung an den Börsen aufgehellt.

INFLATION BLEIBT THEMA

"Die Anleger versuchen, das Thema Inflation abzuschütteln", sagte Jochen Stanzl, Analyst vom Handelshaus CMC Markets. In den Fokus der Investoren rücke stattdessen zunehmend die Preis- und Margengestaltung der Unternehmen. "Denn am Ende sind es die Unternehmen, die mit höheren Preisen klarkommen müssen. Wenn ihnen das gelingt, könnte der Aktienmarkt trotz höherer Inflation weiter steigen."

Dennoch blieben die Preissteigerungen Thema bei Börsianern. Die Diskussion über die von den Notenbanken postulierte vorübergehende Natur der Inflation heizten Daten aus China erneut an. Wegen gestiegener Rohstoffkosten, Stromausfällen sowie Lieferengpässen haben die chinesischen Industriebetriebe ihre Preise im September so stark angehoben wie noch nie seit Beginn der Datenerhebung.

An den Rohstoffmärkten trieb ein überraschend großer Rückgang der Benzin-Lagervorräte in den USA den Ölpreis erneut an. Die Nordseesorte Brent verteuerte sich um 1,3 Prozent auf 84,21 Dollar, nachdem sie am Vortag leicht nachgegeben hatte. US-Leichtöl WTI stieg ebenfalls um mehr als ein Prozent auf 81,44 Dollar je Fass und machte damit den Rückgang vom Mittwoch mehr als wett. "Ein unerwartet starker Rückgang der US-amerikanischen Benzin- und Destillatvorräte führte zu neuen Käufen", sagte Kazuhiko Saito, Chefanalyst bei Fujitomi Securities.

Die Internationale Energieagentur (IEA) warnte unterdessen davor, dass eine globale Energiekrise die Inflation weiter anheizen und die weltweite Erholung von der Corona-Pandemie verlangsamen könnte. "Rekordpreise für Kohle und Gas sowie wiederkehrende Ausfälle veranlassen den Stromsektor und energieintensive Industrien, sich dem Öl zuzuwenden, um Lichter brennen zu lassen und den Betrieb am Laufen zu halten", teilte die Agentur mit. Die anziehende Nachfrage mit Beginn der Heizsaison trieb auch die Erdgaspreise in Europa an. Preistreiber sind Analysten zufolge die mit dem kühleren Wetter steigende Nachfrage sowie die anhaltende Unsicherheit über das russische Angebot in den kommenden Monaten.