- von David Lawder und Christian Krämer

Stresa (Reuters) - Die Weltbank zeigt sich offen, einen groß angelegten Kredit zur langfristigen Finanzierung der Ukraine zu verwalten.

Weltbank-Chef Ajay Banga sagte am Freitag in einem Interview der Nachrichtenagentur Reuters, er sei absolut offen für diese Idee. Es dürfe allerdings keine Auszahlungen für das Militär geben. Es könne ein eigener Topf bei der internationalen Entwicklungsbank geschaffen werden, vergleichbar etwa mit dem für Klimaschäden. Unterdessen diskutierten die Finanzminister der sieben führenden westlichen Industrienationen (G7) bei ihrem Treffen im norditalienischen Stresa über die Voraussetzungen für einen solchen Kredit. Die USA wollen auch die künftigen Erträge aus eingefrorenen russischen Vermögenswerten bereits jetzt nutzen - etwa für einen Kredit, der US-Angaben zufolge ein Volumen von 50 Milliarden Dollar haben könnte. "Ich könnte einen Fonds dieser Art managen", so Banga.

Die meisten Teilnehmer erwarteten beim Finanzminister-Treffen am Lago Maggiore noch keine Verständigung. "Die Bundesregierung prüft fortwährend, ob zusätzliche Unterstützungsmöglichkeiten bestehen", sagte Finanzminister Christian Lindner mit Blick auf die von Russland angegriffene Ukraine. Die eingefrorenen russischen Gelder dürften aus rechtlichen Gründen nicht eingezogen werden. Eine stärkere Nutzung der Erträge werde jetzt aber diskutiert. "Hier sind viele rechtliche und technische Fragen noch ungeklärt." Die Bundesregierung sei bereit zu weiteren Schritten, wenn sie keine Nachteile bedeuteten. G7-Insider sagten, es gehe jetzt um eine faire Verteilung der Risiken zwischen den EU-Staaten und den USA.

Bisher werden nur die Erträge genutzt, die bereits aufgelaufen sind. Der Großteil davon fällt in der EU an. Die Europäische Union rechnet bis 2027 mit Einnahmen von 15 bis 20 Milliarden Euro, die dann an die Ukraine fließen sollen. Sollte es in Stresa keine Einigung auf ein Konzept geben, wird dies bis zum G7-Gipfel der Staats- und Regierungschefs Mitte Juni in Apulien angestrebt. Die stärkere Nutzung der Erträge könnte als Sicherheit für den Kredit dienen oder bei der Tilgung eingesetzt werden.

CHINA NICHT AM TISCH - ABER GESPRÄCHSTHEMA

Nach den USA pochte auch Frankreich auf eine gemeinsame Antwort des Westens gegen die Industriepolitik Chinas. Die G7 müssten ein Zeichen setzen gegen unfaire Handelspraktiken, sagte Frankreichs Finanzminister Bruno Le Maire. Die Gruppe müsse ihre Interessen verteidigen. Gleichzeitig müsse aber jede Form von Handelskrieg vermieden werden. "China ist unser Wirtschaftspartner." Die chinesische Industrie produziere aber mit hohen Subventionen Überkapazitäten. Das sei ein Problem.

Deutschland wäre mit seiner stark exportabhängigen Industrie vermutlich einer der größten Verlierer ein Handelskrieges. Lindner sagte, die Lieferketten müssten unabhängiger von China werden und die eigene Infrastruktur müsse besser geschützt werden. Gleichzeitig sollte der Welthandel aber nicht geschwächt werden. "Denn Handelskriege kennen nur Verlierer. Man kann sie nicht gewinnen."

Die USA hatten zuletzt angekündigt, eine Reihe von chinesischen Produkten mit Sonderzöllen zu belegen. Die erste Runde tritt am 1. August in Kraft. Betroffen sind Waren im Wert von 18 Milliarden Dollar aus der Volksrepublik, unter anderem Stahl, Aluminium, Halbleiter, Elektroautos, Mineralien, Solarzellen und Kräne. US-Angaben zufolge sollten die G7-Partner nicht aufgerufen werden, es den USA gleich zu tun. Es werde aber Unterstützung erwartet.

(Redigiert von Elke Ahlswede. Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)