- von David Lawder und Christian Krämer

Washington/Berlin (Reuters) - Der Internationale Währungsfonds hält nächstes Jahr ein etwas stärkeres Wachstum der Weltwirtschaft für möglich.

Der IWF teilte am Dienstag in Washington mit, jetzt mit einem Plus von 3,3 Prozent zu rechnen. Das ist ein Tick mehr als noch im April erwartet. Die Schätzung für dieses Jahr blieb unverändert bei 3,2 Prozent. Treiber seien weiter die Schwellenländer in Asien, sagte IWF-Chefvolkswirt Pierre-Olivier Gourinchas. Das Wachstum in Indien und China erkläre die Hälfte der weltweiten Zuwächse. Für die USA ist der IWF ein bisschen skeptischer, für die Euro-Zone etwas zuversichtlicher.

Die Perspektiven Deutschlands haben sich nicht aufgehellt. Hier sei weiterhin mit 0,2 Prozent in diesem Jahr und 1,3 Prozent im nächsten Jahr zu rechnen. 2023 war die deutsche Wirtschaft noch um 0,2 Prozent geschrumpft. Deutschland dürfte damit 2024 erneut das Schlusslicht unter den großen Industrienationen sein. 2025 wäre dies aber nicht mehr der Fall. Italien und Japan dürften dann weniger wirtschaftliche Dynamik aufweisen.

Hinweise auf positive Auswirkungen durch das geplante Paket der Ampel-Regierung zur Stärkung des Standorts sind in dem neuen IWF-Weltwirtschaftsausblick nicht zu finden. Die internationale Finanzorganisation verwies auf anhaltende Probleme in der Industrie, die die konjunkturelle Erholung verzögerten. Das Kabinett soll am Mittwoch Pläne für eine "Wachstumsinitiative" beschließen. Dazu gehören 49 Maßnahmen - unter anderem bessere Abschreibungsbedingungen für Unternehmen, eine ausgeweitete Forschungszulage, steuerliche Entlastungen für die Mittelschicht sowie Bürokratieabbau. Das Paket wird aus Sicht der Ampel 2025 zu einem zusätzlichen Wachstum von rund einem halben Prozentpunkt führen.

In China rechnet der IWF nun mit Wachstums von 5,0 und 4,5 Prozent in den Jahren 2024 und 2025. Das sind je 0,4 Punkte mehr als im April noch gedacht. Der IWF verwies auf einen stärkeren Konsum sowie die Exporte. Mittelfristig seien die Perspektiven aber ernüchternder, erklärte Gourinchas. 2029 dürften es nur noch 3,3 Prozent werden - Folgen der Alterung der Gesellschaft und einer geringeren Produktivität. Für Indien werden 7,0 und 6,5 Prozent prognostiziert. Das wären dieses Jahr 0,2 Punkte mehr. Impulse kämen durch den Konsum, vor allem in ländlichen Gegenden.

INFLATION SINKT - ABER DIENSTLEISTUNGEN TEURER

Der IWF betonte, dass der Rückgang der hohen Inflation stocke, vor allem wegen hoher Preise bei Dienstleistungen. Die Normalisierung sei noch nicht in Reichweite, auch weil der Trend in den USA zuletzt nicht gestimmt habe. Weltweit wird jetzt mit einer Inflationsrate von 5,9 Prozent in diesem und 4,4 Prozent im nächsten Jahr gerechnet, nach 6,7 Prozent 2023. Positiv sei der Trend, weil es nicht zu einer Rezession gekommen sei, so Chefvolkswirt Gourinchas. Die schlechte Nachricht sei, dass die Teuerung insgesamt trotzdem noch hoch bleibe - obwohl wichtige Teile wie die Preise für Energie und Lebensmittel fast wieder auf dem Niveau von vor der Corona-Pandemie seien. In Schwellen- und Entwicklungsländern sind die Werte deutlich schlechter als in Industrienationen, in denen 2025 mit 2,1 Prozent wieder ein Wert erreicht werden dürfte, den Notenbanken als optimal für die Wirtschaft erachten.

Der globale Handel mit Waren und Dienstleistungen dürfte wieder anziehen. Das Handelsvolumen werde dieses Jahr um 3,1 Prozent und 2025 dann um 3,4 Prozent zulegen. Beide Schätzungen wurden um 0,1 Punkte nach oben gesetzt. Zum Vergleich: 2023 betrug der Zuwachs lediglich 0,8 Prozent. Der IWF warnte, grenzüberschreitende Handelsbarrieren hätten zuletzt zugenommen. Die EU-Kommission hat beispielsweise vorläufig hohe Sonderzölle auf Elektroautos aus China verhängt. Nun werden Gegenmaßnahmen der Volksrepublik erwartet. Auch die USA haben neue Zölle gegen China auf den Weg gebracht. Eine Eskalation der Streitigkeiten gehöre zu den kurzfristigen Risiken für die Weltwirtschaft, so der IWF.

(Redigiert von Ralf Bode. Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)