Auftakt nach Maß, Kommentar zum Anleihemarkt von Kai Johannsen
Frankfurt (ots) - Ein Auftakt nach Maß - das war in früheren Jahren eine gern
und häufig genutzte Formulierung von Fußballreportern, wenn bereits in den
ersten Minuten eines Spiels ein Tor fiel. Denn viel besser kann der Beginn des
Spiels für die dann führende Mannschaft ja gar nicht ausfallen, als wenn gleich
in den ersten Minuten klare Akzente in Form eines Tors gesetzt werden.
Zugegeben, heute ist es eine abgedroschene Phrase unter Fußballreportern und
wird wohl in der einen oder anderen Redaktion mit Strafen für das
Phrasendresch-Schwein versehen - aber dann und wann hört man es doch noch mal.

Ein Auftakt nach Maß war es in diesem Jahr auch für den Euro-Bondprimärmarkt,
denn viel besser hätte es auch für ihn nicht laufen können. Bereits am zweiten
Handelstag des neuen Jahres wurde der erste Meilenstein gesetzt. Über alle
Emittenten-, Rating- und Bondkategorien hinweg betrachtet kamen im Euro an einem
einzigen Tag Bonds im Umfang von 36,1 Mrd. Euro (laut Daten von Informa Global
Markets, IGM). So viel gab es noch nie an neuen Schuldpapieren in der
Gemeinschaftswährung an nur einem Tag. Der bisherige Höchstwert wurde am 9. Juni
vorigen Jahres markiert, als Anleihen im Euro für 30,59 Mrd. Euro untergebracht
wurden. Und davor war der Meilenstein am 8. Januar 2020, als laut IGM Papiere
für 29,45 Mrd. Euro platziert wurden. Dieses Jahr fand der Rekord also noch ein
paar Tage früher statt als 2020. Und dieser Rekord kann in Sachen Auftakt nach
Maß also nur getoppt werden, wenn er gleich am ersten Handelstag eines Jahres
stattfindet - das ist nicht unmöglich, aber zumindest eine Herausforderung. Der
Meilenstein ist auch deshalb bemerkenswert, da sich viele Investoren in der
gerade abgelaufenen Woche noch im verlängerten Weihnachts- bzw. Silvesterurlaub
befanden und nun erst mit Beginn der neuen Handelswoche zurückkehren und auch
dann erst aktiv werden.

Das Emissionsgeschehen zum Jahresauftakt hatte es in sich. Am ersten Tag
zeichnete sich bei BMW, die das Primärmarktjahr im Unternehmensbereich
eröffneten, bereits eine gute Investorenresonanz ab. Das ist per se nicht
verwunderlich, denn zum Jahresauftakt haben weite Anlegerkreise wie Versicherer,
Pensi­onskassen und Assetmanager ei­nen hohen Anlagebedarf und greifen daher
begierig bei neuem Bondmaterial zu. Das sichert gute Platzierungen der Anleihen.
Am zweiten Tag ging es dann richtig los: über 105 Mrd. Euro Nachfrage für eine
16-jährige Anleihe aus Italien. Über 40 Mrd. Euro Nachfrage für einen
zehnjährigen Bond von der Grünen Insel. VW Leasing bekam für drei Tranchen
knapp
9 Mrd. Euro an Zeichnungswünschen zusammen. Bei Slowenien war es für zwei Bonds
ein Ordervolumen von fast 13 Mrd. Euro. Aber es gab auch noch andere Hingucker.
Das Land Nordrhein-Westfalen kam mit einem 100-jährigen Bond, nicht der erste
des Landes. 2 Mrd. Euro wurde er schwer, Orders für rund 3,3 Mrd. kamen für das
Jahrhundertteil zusammen. Nach der Halbzeitpause ging es dann weiter. Am
Donnerstag sprang das Emissionsgeschäft auch gleich wieder an - begleitet von
hohen Ordervolumina. Die Europäische Investitionsbank (EIB) aus Luxemburg
generierte für einen zehnjährigen Bond ein Buch von mehr als 33 Mrd. Euro. Bayer
kam für vier Anleihen auf Zeichnungswünsche von mehr als 11 Mrd. Euro.

Das sind alles sehr gute Vorzeichen für die Emittenten in der neuen
Handelswoche. Die gute Stimmung, die hohen Orderbücher, die großen Bondvolumina
wecken sicherlich Begierden. Denn unbemerkt dürfte das rege Treiben am Bondmarkt
bei vielen Adressen, die nun in den ersten Tagen noch nicht am Markt waren, wohl
kaum geblieben sein. Auch sie haben Refinanzierungsbedarf im neuen Jahr und
werden die gute Stimmung sicher auch früh nutzen wollen. Fragt sich, wer als
Nächstes kommt. Gut möglich, dass recht prominente Namen folgen. Es sollte nicht
verwundern, wenn auf die EIB auch die EU mit weiteren Sure-Anleihen folgt, mit
denen die Kurzarbeiterprogramme finanziert werden. Es ist auch sehr
wahrscheinlich, dass Daimler in die Spur von BMW und VW Leasing schwenkt. Auf
Bayer sollte BASF folgen. Es wäre eine große Überraschung, diese Namen im
Januar
nicht am Bondmarkt zu sehen. Vielleicht kommen nicht alle gleich im Euro, obwohl
dies sehr wahrscheinlich ist. Mancher geht vielleicht auch in den Dollar. Aber
eines ist ihnen allen im Euro und auch im Dollar sicher: eine sehr gute
Nachfrage und damit Platzierungssicherheit. Das will bestimmt keiner verpassen.
Neue Meilensteine und damit ein Jahresauftaktmonat nach Maß - schwer
vorstellbar, dass der Schuss vorbeigeht.

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