Börsen-Zeitung: Die zweite Nachkommastelle, Kommentar zu Priips und
Mifid von Jan Schrader
   Frankfurt (ots) - Drei Komma null sechs Prozent Rendite pro Jahr 
im optimistischen Fall, das wäre doch etwas, nicht wahr? Oder vergeht
Ihnen die Lust auf den Kauf des Produkts, weil in einer Krise ein 
Verlust von zwanzig Komma fünf sieben Prozent per annum droht? Diese 
Frage dürfen sich nun die Anleger stellen, wenn sie sich über ein 
Investmentvehikel, in diesem Fall ein Zertifikat der 
sparkasseneigenen DekaBank, im Basisinformationsblatt informieren. 
Diverse Prozentzahlen können sie dabei der Szenarioanalyse entnehmen,
zu der Anbieter seit Montag verpflichtet sind. Irgendwie sollen die 
bis auf die zweite Nachkommastelle genauen Schätzwerte verschiedene 
Produkte miteinander vergleichbar machen. Neben dem Datensalat, der 
sich aus der EU-Verordnung Priips ergibt, stellen die beratenden 
Banken seit Mittwoch im Zuge der EU-Richtlinie Mifid II viele weitere
Angaben bereit. Bon appétit!

   Mehr Daten zu Kosten und Renditechancen sollen Sparern die Auswahl
von Finanzprodukten fortan erleichtern. Schon jetzt aber zeigt sich, 
dass die ausgereichten Informationen nicht nur umfassend und zum Teil
widersprüchlich, sondern auch mit einem Anspruch verbunden sind, der 
sich in der Praxis nur begrenzt einlösen lässt: dem Wunsch nach 
präziser Information. Allzu leicht geht die Flut an Daten, kombiniert
mit formal korrekten Hinweisen, zulasten der Verständlichkeit. Selbst
die sonst zurückhaltend agierende Finanzaufsicht BaFin hatte bereits 
im Mai erkennen lassen, dass sie sich ein schlankeres 
Informationsblatt und eine "verbraucherfreundliche Sprache" wünscht. 
Schön wär's.

   Dabei sind die Prinzipien der Geldanlage eigentlich einfach. 
Aktien bieten höhere Chancen als sichere Zinsanlagen, auf Dauer 
lassen sich so vermutlich viel größere Vermögen aufbauen, doch eine 
Garantie dafür gibt es nicht. Fonds eignen sich, um Geld über viele 
Aktientitel zu verteilen, während andere Instrumente wie einige 
Zertifikate es erlauben, auf eine bestimmte Kursentwicklung 
ausgewählter Titel zu setzen. Aber auf welche Informationen kommt es 
im Detail an? Nicht nur einige Finanzprodukte, auch 
EU-Gesetzgebungsverfahren sind bekanntlich komplex, die Einigung über
jeden Buchstaben und jede Nachkommastelle ist somit kompliziert.

   Nun also muss der Anleger mit unterschiedlichen Dokumenten mit zum
Teil präzise anmutenden, aber schwer interpretierbaren Daten leben. 
Vielleicht gibt es demnächst ein Informationsblatt, das darüber 
aufklärt, wie Informationsblätter zu lesen sind - hoffentlich in 
verbraucherfreundlicher Sprache.

OTS:              Börsen-Zeitung
newsroom:         http://www.presseportal.de/nr/30377
newsroom via RSS: http://www.presseportal.de/rss/pm_30377.rss2

Pressekontakt:
Börsen-Zeitung
Redaktion

Telefon: 069--2732-0
www.boersen-zeitung.de