Von Andrea Thomas

BERLIN (Dow Jones)--Bundeskanzler Olaf Scholz hat für ein neues Staatsbürgerschaftsrecht geworben, das niedrigere bürokratische Hürden für die Einbürgerung, kürzere Fristen und eine größere Möglichkeit zur Mehrstaatigkeit bietet. Wer auf Dauer in Deutschland lebe und arbeite, der sollte auch wählen und gewählt werden können, wie Scholz erklärte. Er sollte Teil von Deutschland sein mit allen Rechten und Pflichten, die dazugehörten.

Deutschland benötige ausländische Fachkräfte. Deutschland selbst sei heute für viele ein Land der Hoffnung geworden.

"Das ist ein Ausweis der wirtschaftlichen Stärke, der gesellschaftlichen Liberalität und der politischen Stabilität unseres Landes", sagte Scholz anlässlich der Veranstaltung "Deutschland. Einwanderungsland" in Berlin. Es habe aber nicht nur wirtschaftliche Gründe, warum die Bundesregierung Einwanderung und die Möglichkeiten auf dem Arbeitsmarkt zusammendenke. "Ich bin fest davon überzeugt, dass Integration von Erwachsenen am besten über den Arbeitsmarkt funktioniert. Hürden und Verzögerungen auf dem Weg in den Arbeitsmarkt wegzuräumen ist daher gut für unser Land und gut für diejenigen, die hier leben und arbeiten möchten", so Scholz.


   Nicht jeder kann kommen 

Zuvor hatte das Bundesinnenministerium Pläne zur Reform des Staatsbürgerschaftsrechts finalisiert und will diese nun in die Ressortabstimmung geben. Scholz betonte, dass das Kabinett zudem bereits am Mittwoch Eckpunkte zur Fachkräfteeinwanderung beschließen wolle.

"Natürlich kann nicht jeder, der das möchte, zu uns kommen. Es gibt Grenzen der Aufnahmefähigkeit eines Landes, deren Überschreitung sowohl zu Lasten der Akzeptanz von Zuwanderung als auch des Erfolgs von Integration ginge", so Scholz.

Die Realität sei aber, dass der Anstieg auf die Rekordzahl von derzeit über 45 Millionen Erwerbstätige in Deutschland zu zwei Dritteln auf das Konto von Einwanderern ohne deutschem Pass zurückgehe. Gleichzeitig liege die Zahl der freien Stellen ebenfalls auf einem Höchststand.


   Gerechtigkeitsfrage bei Zweistaatigkeit 

Mit Blick auf den geplanten leichteren Zugang zur Mehrstaatigkeit sagte Scholz, dass bereits heute 60 Prozent der Eingebürgerten ihre bisherige Staatsbürgerschaft beibehielten. Für die anderen 40 Prozent sei schwer zu verstehen, warum dies in ihrem Falle nicht möglich sei. Auf diese Weise entstünden keine Gerechtigkeitsvorstellungen, wie Scholz mit Blick auf das aktuelle Staatsbürgerschaftsrecht sagte.

SPD, Grüne und FDP hatten sich vor knapp einem Jahr in ihrem Koalitionsvertrag darauf verständigt, dass eine Einbürgerung in der Regel nach fünf Jahren möglich sein soll, bei besonderen Integrationsleistungen auch nach drei Jahren. Eine Niederlassungserlaubnis soll nach drei Jahren erworben werden können. In Deutschland geborene Kinder ausländischer Eltern werden mit ihrer Geburt deutsche Staatsbürgerinnen bzw. Staatsbürger, wenn ein Elternteil seit fünf Jahren einen rechtmäßigen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat.

Aus Reihen der Union, aber auch der FDP ist Kritik an den Plänen geäußerte worden.

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November 28, 2022 09:58 ET (14:58 GMT)