Von Ulrike Dauer

FRANKFURT (Dow Jones)--Die Adidas-Aktie brach am Freitag ein, nachdem der Sportartikelkonzern am Vorabend mit seiner Umsatz- und Gewinnwarnung für das laufende Jahr die Investoren geschockt hatte. Der Konzern rechnet nach Kappung der Geschäftsbeziehungen mit dem Rapper/Designer Ye/Kanye West im negativsten Szenario 2023 mit einem operativen Verlust von 700 Millionen Euro. Grund sind Umsatz- und Gewinneinbußen sowie Kosten im Zusammenhang mit dem Ausstieg aus der Yeezy-Designschuh-Kooperation. Dies signalisiert, dass die Herausforderungen für den neuen CEO Björn Gulden erheblich sind, der den Konzern seit 1. Januar führt.


   Adidas-Aktie verliert in der Spitze knapp 13 Prozent 

Die Adidas-Aktie war am Freitag der schwächste Wert im DAX. In der Spitze verlor sie bis zum Nachmittag 12,6 Prozent. Adidas hat mit dem Ausblick zunächst die Investoren verschreckt, die sich gerade erst von der jüngsten Gewinnwarnung des DAX-Konzerns im November halbwegs erholt hatten. Diese beinhaltete für 2022 die vierte Senkung der Margenprognosen in drei Quartalen, die dritte Senkung der Prognose beim Nachsteuergewinn Gesamtjahr sowie die zweite Senkung bei den Umsatzerwartungen.

Nun kommt 2023 alles noch schlimmer. "Das Ausmaß der Neuausrichtung ist erheblich und eine negative Überraschung", schreiben die Citi-Analysten. Den Analysten von RBC zufolge ist Adidas' Prognose für das bereinigte operative Ergebnis (EBIT) 2023 besorgniserregender als die eingeplanten Einmalkosten. Während der Konzern einen operativen Verlust von 700 Millionen Euro erwartet, wenn er auf Rebranding und Verkauf der restlichen Yeezy-Bestände verzichtet, rechnet er beim bereinigten operativen Ergebnis nur mit dem Erreichen der Gewinnschwelle (Breakeven) sowie währungsbereinigt mit einem prozentual hoch einstelligen Umsatzrückgang. Nach weiterer Bereinigung impliziere dies nach RBC-Berechnungen einen mittleren einstelligen Umsatzrückgang.


   Reihenweise Abstufungen und Kurszielsenkungen für Adidas-Aktie 

Am Freitag gab es im Markt reihenweise Abstufungen und Kurszielsenkungen für das Adidas-Papier. Die Analysten von Citi und DZ-Bank merkten an, dass für das EBIT 2023 der Marktkonsens bei etwa 1,02 Milliarden Euro liegt, beim Umsatz bei einem währungsbereinigten Plus von 4 Prozent. Allerdings spiegelten den DZ-Analysten zufolge die Analystenschätzungen im Schnitt bislang ein Szenario wider, in dem der Konzern einen (substanziellen) Teil der Yeezy-Bestände "umwidmet" und unter der Marke Adidas verkaufen kann. Analysten schätzen, dass Adidas noch auf unverkauften Yeezy-Beständen im Wert von mehreren Milliarden Euro sitzt. Die Yeezy-Partnerschaft machte etwa 8 Prozent des Adidas-Jahresumsatzes aus.

"Darüber hinaus dürften die Ziele für 2023 wegen der Unsicherheiten im gesamtwirtschaftlichen Umfeld (und mit Blick auf die Gewinnwarnungen des Vorjahres) sehr vorsichtig formuliert sein", so die DZ-Analysten.


   Dividendenausfall 2022 und 2023 wahrscheinlich 

Die Analysten von Jefferies rechnen sowohl für 2022 als auch für 2023 mit einem Ausfall der Dividende. Die Analysten hielten es für hilfreich, wenn Adidas den Investoren die Gründe für die - ohne Yeezy - seit längerem schwachen EBIT-Margen erläutern würde. Jefferies zufolge könnten diese in der Kombination von erhöhtem Tempo beim Direktvertrieb (DTC, Direct to Consumer) - und damit verbunden höheren Kosten -, höheren Marketing-Investitionen und einer suboptimalen Umsetzung in der Lieferkette liegen. Zu optimistische Preisvorstellungen beim Verkauf an den Einzelhandel könnten auch eine Rolle gespielt haben. "Dies scheint der Konzern jetzt anzugehen", so die Jefferies-Analysten.


   Viele Problemfelder - Direktvertrieb dürfte zurückgedreht werden 

Hier dürfte Gulden in der Tat das DTC-Rad wieder zurückdrehen und stärker mit Groß- und Einzelhandel zusammenarbeiten, wie er es auch bei Puma gemacht hat. Sportschuhhersteller wie der Schweizer On, die in der Lieferkettenkrise 2021 den Handel nicht hängen ließen, haben Analysen zufolge höhere Gewinne und Umsätze eingefahren als die, die sich primär auf den Direktvertrieb über eigene Geschäfte oder Online-Stores verließen. Möglicherweise auch, weil weniger Marketingkosten pro Umsatz anfielen.

RBC sieht bei Adidas Handlungsbedarf bei Unternehmenskultur, Produkt, niedrigen Abverkaufsraten, überschüssigen Beständen und der Aufarbeitung des Yeezy-Ausstiegs. All dies brauche Zeit. Aber auch das schwache Geschäft in China bereitet dem Konzern trotz aller Versuche gegenzusteuern Sorge.

Gulden selbst sagt: "Die Zahlen sprechen für sich selbst. Wir sind derzeit nicht so leistungsfähig, wie wir sein sollten." 2023 werde ein Übergangsjahr sein, um die Basis zu schaffen, wieder ein wachsendes und profitables Unternehmen zu werden.

Die Analysten von RBC bevorzugen derzeit Puma - Guldens früheren Arbeitgeber - sowie Wettbewerber Nike vor Adidas. Damit sich diese Einschätzung dreht, wird Gulden noch einiges zu tun haben.

Kontakt zur Autorin: ulrike.dauer@wsj.com; @UlrikeDauer_

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February 10, 2023 09:51 ET (14:51 GMT)