Zürich (Reuters) - Mit dem Zukauf der italienischen Autogrill will der Dutyfree-Weltmarktführer Dufry das Restaurant-Geschäft kräftig ausbauen.

Die Schweizer Dufry bietet insgesamt rund 1,8 Milliarden Franken in bar und Aktien für die in Europa vor allem für ihre Autobahn-Raststätten bekannte Autogrill. "Wir diversifizieren die Gruppe weiter und erhöhen unsere Widerstandsfähigkeit", erklärte Dufry-Chef Xavier Rossinyol am Montag, der auch das neue Unternehmen leiten soll. Mit der Transaktion entsteht ein führender Reise-Einzelhändler mit einem Umsatz von 13,6 Milliarden Franken und rund 60.000 Mitarbeitern. Der mit einem Anteil von gut 50 Prozent wichtigste Autogrill-Aktionär, die Benetton-Familie, unterstützt den Angaben zufolge den Deal und steigt zum größten Eigner des neuen Unternehmens auf. Der Zusammenschluss, der noch von den Wettbewerbsbehörden genehmigt werden muss, soll im ersten Quartal 2023 vollzogen werden.

Dank einer Reihe von Übernahmen ist Dufry bereits der weltgrößte Betreiber von Flughafen-Ladengeschäften, wo das Unternehmen vor allem Alkohol, Kosmetikartikel, Tabakwaren verkauft. Zudem führt der Konzern auch Shops in Bahnhöfen, Häfen und auf Kreuzfahrtschiffen. Bei Autogrill sind neben Autobahn-Raststätten in Europa vor allem Restaurants und Verpflegungsstände auf US-Flughäfen das Hauptgeschäft. Das neue Unternehmen werde auf über 100 US-Flughäfen präsent sein. Baader-Analyst Volker Bosse begrüßte den Zusammenschluss. Die beiden Firmen würden sich gut ergänzen, erklärte er.

ABSCHLAG FÜR AUTOGRILL - AUFSCHLAG FÜR DUFRY

Ein Auslöser der Übernahme sind unter anderem Verschiebungen in den Reise-Gewohnheiten nach der Pandemie. So haben viele Fluggesellschaften ihr Verpflegungs-Angebot reduziert. Entsprechend geben die Passagiere auf den Flughäfen mehr Geld für Essen aus. Dank Autogrill können sich die Kunden in Zukunft nun teilweise im selben Geschäft verpflegen und einkaufen. Im Zentrum würden die Fluggäste stehen. "Es sind die gleichen Menschen, es ist die gleiche Reise, es sind die gleichen Immobilien, die wir am Flughafen betreiben", sagte Rossinyol. "Und wir konkurrieren um die gleiche Verweildauer."

Der neugeschaffene Konzern wird Rossinyol zufolge zum rößten Unternehmen, der beide Dienstleistungen offeriert. Einer der Rivalen ist die französische Lagardere. "Wir haben bereits die Konvergenz der verschiedenen Angebote für Reisende gesehen und wollen diesen Prozess anführen", sagte er.

Der Zusammenschluss von Dufry und Autogrill ist keine Überraschung. Nach monatelangen Spekulationen hatten die Basler und die Mailänder Ende Juni bestätigt, dass sie über eine mögliche Fusion verhandeln. Die Benetton-Familie erhält Aktien, die im Rahmen einer Kapitalerhöhung ausgegeben werden. In einem zweiten Schritt bietet Dufry den übrigen Autogrill-Aktionären dann einen Aktientausch oder Bargeld für ihre Anteile an. Um auch die Dufry-Aktionäre von der Übernahme zu überzeugen, liegt dem Umtausch-Angebot ein Bewertungs-Abschlag für Autogrill und ein Aufschlag der Dufry-Aktien zu Grunde. Damit werde dem Umstand Rechnung getragen, dass sich der Kurs von Autogrill bereits sehr viel stärker von der Corona-Delle erholt hat als dies bei Dufry der Fall ist. Dufry-Titel notierten zuletzt um rund zwei Drittel unter dem Stand von Anfang 2020, bei Autogrill beläuft sich das Minus auf lediglich 17 Prozent.

Am Montag kletterten Dufry an der Börse 5,6 Prozent, während Autogrill acht Prozent verloren. "Den Übernahmepreis erachten wir als fair", erklärte Reto Lötscher, Analyst der Luzerner Kantonalbank. Im ersten Halbjahr 2022 habe Dufry den Umsatz im Vergleich zum Vorjahr um 145 Prozent gesteigert. Gemessen am Vorkrisen-Jahr 2019 habe aber immer noch ein Minus von einem Viertel zu Buche gestanden. Dufry und Autogrill erhoffen sich vom Zusammenschluss jährliche Kostensynergien in Höhe von rund 85 Millionen Franken. Durch die Kombination solle aber auch der Umsatz Schub erhalten. Mit der Fusion könne Dufry zudem seine Verschuldungsquote verringern.

(Bericht von Oliver Hirt und Katharina Loesche, redigiert von Ralf Banser. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)