New York/Frankfurt (Reuters) - Die Reduzierung der bislang höchsten Glyphosat-Strafe gegen Bayer in den USA beflügelt die Aktien des Agrar- und Pharmakonzerns.

Die Anteilsscheine stiegen am Mittwoch im frühen Handel um zwei Prozent auf 28,93 Euro und waren damit größter Gewinner im Leitindex Dax. "Die Aktien sollten positiv reagieren, aber die Schäden für Bayer sind immer noch zu hoch, um sich zu entspannen", urteilte ein Händler. Bei den Prozessen wegen der angeblich krebserregenden Wirkung des Unkrautvernichters Glyphosat hatte Bayer im Januar eine Rekordstrafe von 2,25 Milliarden Dollar kassiert. Doch eine Richterin senkte diese nun auf 400 Millionen Dollar.

Bayer begrüßte die Entscheidung, will aber dennoch Berufung einlegen: "Obwohl das Gericht die verfassungswidrig hohe Schadensersatzsumme reduziert hat, sind wir mit der Entscheidung des Gerichts in der Sache nicht einverstanden und werden Berufung einlegen. Das Verfahren war geprägt von gravierenden Fehlern, die korrigiert werden können und müssen." Die Vorwürfe gegen Glyphosat hat der Leverkusener Konzern stets zurückgewiesen. Behörden weltweit haben das Mittel als nicht krebserregend eingestuft. Allein die Krebsforschungsagentur IARC der Weltgesundheitsorganisation WHO bewertete den Wirkstoff 2015 als "wahrscheinlich krebserregend".

In ihrer Entscheidung vom Dienstag gab Richterin Susan Schulman einigen Einsprüchen von Bayer statt und reduzierte den Schadenersatz auf 50 Millionen Dollar und den Strafschadenersatz auf 350 Millionen Dollar. Das Urteil des Geschworenengerichts in Philadelphia hatte eine Entschädigungszahlung von 250 Millionen Dollar und einen Strafschadensersatz in Höhe von zwei Milliarden Dollar an einen Mann vorgesehen, der seine Krebserkrankung auf den glyphosathaltigen Unkrautvernichter Roundup von Bayer zurückführte. Eine Reduzierung der Strafe war bereits erwartet worden, da der Strafschadenersatz die Vorgaben des Obersten Gerichtshofs der USA überstieg. Auch die Anwälte des Klägers kündigten an, in Berufung gehen zu wollen.

Insgesamt hat Bayer bislang 14 von 20 Verfahren gewonnen. Die Zahl der angemeldeten Glyphosat-Klagen stieg zuletzt um rund 3000 auf insgesamt etwa 170.000, noch stehen für 57.000 Ansprüche Einigungen aus. Offen ist weiterhin, wie Vorstandschef Bill Anderson einen Schlussstrich unter die Klagewelle ziehen will, die Bayer sich mit der Übernahme des Glyphosat-Entwicklers Monsanto vor sechs Jahren ins Haus geholt hatte. Zuletzt hatte Anderson nur bekräftigt, dass Bayer alle Möglichkeiten in Betracht ziehe, um die Rechtsstreitigkeiten zu beenden.

Finanzchef Wolfgang Nickl hatte erklärt, der Konzern sei offen für einen Vergleich, dieser müsse aber wirtschaftlich sinnvoll sein und einen Deckel auf mögliche künftige Fälle setzen. 2020 hatte Bayer einen Großteil der damals anhängigen Roundup-Klagen gegen eine Zahlung von bis zu 9,6 Milliarden Dollar beigelegt, erhielt aber keine gerichtliche Genehmigung für eine Vereinbarung zur Verhinderung künftiger Klagen.

(Bericht von Dietrich Knauth und Patricia Weiß, redigiert von Ralf Banser. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)