LEVERKUSEN (dpa-AFX) - Mit Rekordwerten für 2015 und viel Zuversicht hat sich der scheidende Bayer-Konzernchef Marijn Dekkers verabschiedet. "Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht und die Weichen für eine erfolgreiche Zukunft gestellt", sagte Deckers bei seiner letzten Bilanzvorlage für den Gesundheits- und Agrarchemiekonzern am Donnerstag in Leverkusen. Dank gut laufender Gesundheitsgeschäfte und der Euro-Schwäche legten Umsatz und Gewinn 2015 kräftig zu. Auch für das laufende Jahr zeigte sich der nur noch gut zwei Monate amtierende Konzernchef zuversichtlich.

"Wir wollen weiter wachsen, sowohl beim Umsatz als auch bei unserem Geschäftsergebnis. Und das auf Basis eines Rekordjahres", sagte Dekkers. Er hatte zuletzt beim Umbau des Dax-Schwergewichts zum reinen Gesundheits- und Agrarchemiekonzern mit dem Börsengang der Kunststofftochter Covestro Anfang Oktober, einer neuen Organisationsstruktur zum Jahreswechsel sowie dem Chefwechsel im Eiltempo entscheidende Weichen gestellt und Bayer zwischenzeitlich zum wertvollsten Dax-Konzern gemacht.

EXPERTEN: LATTE FÜR NACHFOLGER NICHT BESONDERS HOCH GELEGT

Erst am Mittwoch hatte der Traditionskonzern einen fliegenden Wechsel an der Konzernspitze angekündigt: Der ehemalige Finanz- und derzeitige Strategie-Chef Werner Baumann wird zum 1. Mai Dekkers nachfolgen. Der 53-jährige galt schon längere Zeit als heißer Kandidat. Nun rückt er aber schneller als erwartet auf. Dekkers legte die Latte für das laufende Jahr aus Sicht von Analysten nicht besonders hoch.

Der Umsatz dürfte inklusive der Kunststoff-Tochter Covestro auf über 47 Milliarden Euro klettern, sagte er. Das entspreche einem um Währungseinflüsse und Zu- und Verkäufe bereinigten Wachstum im unteren einstelligen Prozentbereich. Der operative Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) sowie vor Sonderposten dürfte dabei etwas kräftiger zulegen. Die Steigerung dürfte im mittleren einstelligen Prozentbereich liegen. Ohne die voll konsolidierte Tochter wäre das erwartete Umsatzplus etwas höher ausgefallen.

GESUNDHEITSGESCHÄFT UND EURO TREIBEN

Im vergangenen Jahr profitierte Bayer von gut laufenden Gesundheitsgeschäften und der Euro-Schwäche. Der Umsatz legte dank neuerer Medikamente und der positiven Wirkung eines milliardenschweren Zukaufs um gut 12 Prozent auf den Rekordwert von 46,3 Milliarden Euro zu. Bereinigt um Zu- und Verkäufe sowie um Wechselkursschwankungen hätte das Plus aber nur 2,7 Prozent betragen.

Deutlicher waren die Zuwächse bei den Gewinnkennzahlen. Der Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) sowie vor Sonderposten legte 2015 um 18,2 Prozent auf 10,27 Milliarden Euro zu. Unter dem Strich blieben 4,11 Milliarden Euro - ein Fünftel mehr als ein Jahr zuvor. Im Schlussquartal ließ der Schwung aber spürbar nach, im Agrochemiegeschäft belastete zudem der Kursverfall des Real.

BÖRSE NICHT BEGEISTERT

Am Finanzmarkt war die Reaktion negativ: Im frühen Handel standen die Aktien mit einem Abschlag von gut 3 Prozent als schwächster Dax-Wert unter Druck. Die Kennziffern signalisierten, dass Bayer im Schlussquartal etwas geschwächelt habe, sagte ein Händler in einer ersten Reaktion. Vor allem der bereinigte operative Gewinn sei hinter den Erwartungen zurückgeblieben. Auch der Ausblick dürfte niemanden vom Hocker reißen. Ein anderer Marktteilnehmer urteilte knapp: "Die Zahlen sind durchwachsen, der Ausblick in Ordnung." Auch mit der für 2015 geplanten Dividendenerhöhung auf 2,50 (Vorjahr 2,25) Euro je Aktie konnte Bayer am Vortag nicht wirklich punkten.

Besonders stark waren die Umsatzzuwächse im vergangenen Jahr im Gesundheitsgeschäft. Das Agrarchemiegeschäft legte trotz eines schwächeren Marktumfelds mit den Turbulenzen in den Schwellenländern und der Rezession in Brasilien ebenfalls zu. Die Kunststoff-Tochter Covestro steigerte laut Angaben vom Dienstag bei einem leichten Umsatzplus den Gewinn um mehr als ein Viertel. Hier halfen die niedrigeren Rohstoffkosten im Zuge des Ölpreisverfalls.

NEUE MEDIKAMENTE ZAHLEN SICH AUS

Während sich die Tochter vor zwei Tagen in Köln beim Ausblick bedeckt hielt, preschte Bayer nun vor. Bei Covestro dürfte der Umsatz im laufenden Jahr auf dem Vorjahresniveau liegen, während das um Sondereinflüsse bereinigte Ebitda sinken dürfte. Bayer wurde mit dem Börsengang zum reinen Anbieter für die Gesundheits- und Agrarwirtschaft. Derzeit hält Bayer aber noch 69 Prozent an Covestro - entsprechend fließt die Gesellschaft noch voll bei Bayer in die Bilanz ein.

Im Gesundheitsgeschäft punktete Bayer im vergangenen Jahr mit neueren Medikamenten. Für Schwung sorgten der Blutverdünner Xarelto, das Augenmittel Eylea, die Krebsmittel Stivarga und Xofigo sowie das Lungenhochdruckmittel Adempas. Der Umsatz dieser Medikamente schnellte auf 4,23 (Vorjahr: 2,9) Milliarden Euro hoch. Für das laufende Jahr peilt Bayer hier mehr als 5 Milliarden Euro an. Zudem profitiert Bayer auch vom gut zehn Milliarden Euro schweren Zukauf rezeptfreier Medikamente vom US-Konzern Merck & Co . Allerdings steckte Bayer auch mehr Geld in Forschung und Entwicklung sowie in die Vermarktung./jha/fbr