Frankfurt (Reuters) - Nach nur einem Jahr verlässt Firmenkundenvorstand Roland Boekhout die Commerzbank wieder.

Grund ist ein Streit über die künftige Ausrichtung der Unternehmenskundensparte. Nachfolger des früheren ING-Deutschland-Chefs wird der Mittelstands-Experte Michael Kotzbauer, der seit 30 Jahren für die Commerzbank arbeitet, wie das Institut am Freitag mitteilte. Boekhout verlasse den Konzern zum Jahresende, Kotzbauer übernehme am 1. Januar. Boekhout ist bereits der dritte Top-Manager, der die Bank innerhalb weniger Monate verlässt. Auch auf Bereichsleiterebene gab es zahlreiche Abgänge.

"Roland Boekhout hat sich aufgrund unterschiedlicher Vorstellungen über die künftige strategische Ausrichtung des Firmenkundengeschäfts entschieden, die Commerzbank zu verlassen", erklärte Aufsichtsratschef Hans-Jörg Vetter. Boekhouts Nachfolger Kotzbauer verfüge über viel Expertise in dem für die Commerzbank wichtigen Geschäft mit mittelständischen Kunden. Er ist seit 2017 als Bereichsvorstand für die Region Mitte-Ost der Mittelstandsbank verantwortlich.

Insidern zufolge hatte Boekhout die Firmenkundensparte digitaler gestalten wollen und habe auf weniger Einschnitte im Auslandsgeschäft gedrängt. "Nach intensiver Abwägung habe ich für mich die Entscheidung getroffen, dass ich den künftigen Weg der Commerzbank nicht mitgehen werde", schrieb Boekhout in einem internen Memo an die Mitarbeiter, das Reuters vorlag. "Das fällt mir schwer, aber für eine erfolgreiche Zukunft der Bank ist es unabdingbar, dass sich das Management mit der strategischen Ausrichtung vorbehaltlos identifiziert. Dies war bei mir nicht mehr gegeben."

COMMERZBANK STEHT VOR HARTEN EINSCHNITTEN

Der Niederländer, der von 2010 bis 2017 den Chefposten bei der ING Deutschland inne hatte, galt als potenzieller Nachfolger für Vorstandschef Martin Zielke. Dieser hatte im Juli gemeinsam mit seinem Aufsichtsratschef Stefan Schmittmann im Streit mit Großaktionär Cerberus das Handtuch geworfen. Vetter übernahm den Posten des obersten Kontrolleurs und machte den ehemaligen Deutsche-Bank-Manager Manfred Knof zum neuen Vorstandschef der Bank.

Die Fondsgesellschaft Deka, einer der Großaktionäre der Bank, schließt nicht aus, dass auf die zweitgrößte deutsche Privatbank nun neue Schwierigkeiten zukommen. "Es ist gut möglich, dass der Umbau durch den Weggang schwieriger wird", sagte Fondsmanager Andreas Thomae der "WirtschaftsWoche". "Er hätte eine wichtige Rolle spielen und die Bank voranbringen können." Die Commerzbank hat seit Monaten Pläne für einen Konzernumbau in der Schublade, die Finanzkreisen zufolge den Abbau von 10.000 Arbeitsplätzen sowie weitere Filialschließungen vorsehen. Erst wenn Knof Anfang des kommenden Jahres das Ruder übernimmt, kann die Bank diese umsetzen. Insider gehen davon aus, dass Knof noch stärkere Sparmaßnahmen durchsetzen will.